Mittwoch, 08. Mai 2024

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Hilferuf der Polizei #NoNotruf
110 - "Der Automat nimmt meine Pfandflaschen nicht!"

Die Berliner Polizei veröffentlichte in dieser Woche unter dem Hashtag #NoNotruf bei Twitter skurrile Nicht-Notrufe, um dafür zu sensibilisieren, dass die 110 nur für echte Notrufe gedacht ist. Monique Pilgrimm von der Berliner Polizei sagte im DLF, wenn man selbst in der Warteschleife hängt, könnte es daran liegen, dass sich jemand einen "Spaß" erlaubt.

Monique Pilgrimm im Gespräch mit Susanne Schrammar | 22.11.2016
    Ein leuchtendes "SOS"-Schild vor schwarzem Hintergrund.
    Bürger melden sich zum Teil mit wirklich sehr skurrilen Anliegen bei der Berliner Polizei. (dpa / Arno Burgi)
    Susanne Schrammar: Eigentlich macht es der Begriff Notruf schon recht deutlich: Nur, wer sich in einer echten Notlage befindet, sollte die 110, den Notruf der Polizei wählen. Doch offenbar definieren manche Menschen den Begriff sehr unterschiedlich. In Berlin sind gut ein Viertel der Anrufe, die bei der Notrufzentrale der Polizei eingehen, alles andere als ernsthafte Notlagen. Bürger melden sich mit teilweise wirklich sehr skurrilen Anliegen, das zeigt eine Aktion der Berliner Polizei in den sozialen Medien. Unter dem Hashtag #NoNotruf veröffentlicht sie bei Twitter eingegangene Nicht-Notrufe. Am Telefon bin ich jetzt verbunden mit Monique Pilgrimm vom Social-Media-Team der Polizei Berlin. Hallo, Frau Pilgrimm!
    Monique Pilgrimm: Hallo!
    Schrammar: Frau Pilgrimm, können Sie uns mal ein paar Beispiele nennen, mit welch ungewöhnlichen Anliegen die Berliner die 110 wählen?
    Pilgrimm: Ja. Wir sind, wie Sie schon gesagt haben, natürlich – auch sind Sachen dabei, über die wir schmunzeln und über die vielleicht auch unsere Kollegen schmunzeln. Da wäre zum Beispiel "Wecken Sie mich morgen früh um sechs, mein Wecker ist zu leise" über "Der Automat nimmt meine Pfandflaschen nicht zurück, der muss das doch machen" bis hin zu solchen Geschichten, "Wie oft muss ich denn meine Kaffeemaschine entkalken beziehungsweise danach mit Wasser spülen, damit dann der Kaffee wieder schmeckt". Da ist also alles Mögliche dabei.
    Skurrile Anliegen
    Schrammar: Das ist ja kaum zu glauben, dass die Leute tatsächlich mit solchen Anliegen den Notruf wählen. Ich kann mir vorstellen, die Notrufzentrale ist ja eigentlich dafür da, für Anliegen, wo es um Leben und Tod geht. So richtig lustig finden Sie das wahrscheinlich nicht. Was war der Anlass für die Aktion?
    Pilgrimm: Genau, wir finden das nicht lustig, und unsere Einsatzleitzentrale findet das auch nicht lustig. Und deswegen sind halt diese Kollegen direkt auf uns zugekommen. Wir haben ja als Polizei Berlin schon mehrere Kampagnen über die sozialen Netzwerke gemacht, und da kamen tatsächlich die Kollegen auf uns zu und haben gesagt, Mensch, wir haben hier wirklich ein Problem mit dem Notruf. Wir wollen für Berlin da sein, aber wir schaffen es nicht, diese Anrufer blockieren unsere Leitungen regelmäßig, habt ihr da nicht eine Idee? Und dann haben wir halt gemeinsam diese Kampagne ausgearbeitet, die jetzt unter dem Hashtag #NoNotruf auf Twitter läuft und die wir natürlich auch auf der Facebook-Seite begleiten.
    Schrammar: Wie ist die Resonanz bislang?
    Pilgrimm: Die Resonanz ist unglaublich gut bisher, sehr positiv. Auf Twitter werden wir natürlich – oft ist dann Verwunderung zu sehen, also was, deswegen ruft tatsächlich jemand den Notruf? Es kommen natürlich auch Fragen: In welchem Fall kann ich denn? Oder, ich habe hier ein Beispiel, wäre das was für den Notruf. Das ist genau das, was wir uns gewünscht haben. Die Stadt spricht über den Notruf, und die Stadt spricht nicht nur mit uns, sondern auch untereinander darüber.
    Bürgertelefon als Alternative
    Schrammar: Es geht ja, glaube ich, auch nicht nur darum, dass man drüber spricht, sondern Sie wollen dafür sensibilisieren, das heißt – was genau wollen Sie, was soll die Aktion bewirken.
    Pilgrimm: Zum einen finden wir es ganz wichtig, dass die Berlinerinnen und Berliner da draußen mal sehen, womit tatsächlich der Notruf verstopft werden kann. Das ist so ein bisschen Für-Verständnis-Sorgen. Wenn ich dort in der Warteschleife hänge, was keiner von uns möchte, könnte es vielleicht daran liegen, weil sich irgendwie jemand einen Spaß erlaubt oder irgendjemandem langweilig geworden ist und er eben diese Nummer wählt. Und natürlich wollen wir auch einfach sensibilisieren dafür, in welchen Fällen rufe ich den Notruf, und hat denn die Polizei möglicherweise auch andere Kanäle, über die ich sie erreichen kann.
    Schrammar: Welche Kanäle sind denn das?
    Pilgrimm: Wir haben zum Beispiel das Bürgertelefon, auch mit einer sehr eingängigen Nummer, 4664-4664. Wir haben unsere sozialen Kanäle, über Twitter kann man uns anschreiben, über Facebook kann man uns anschreiben. Auf unserer Internetseite gibt es die Abschnitte, da kann ich meinen Standort eingeben, und dann sagt er mir, wo ist hier der nächste Polizeiabschnitt, den kann ich auch anrufen. Es gibt unglaublich viele Möglichkeiten außer dem Notruf.
    300.000 Anrufe waren unnötig
    Schrammar: Ich habe es gesagt, ein Viertel aller Anrufe, die bei Ihnen landen, sind eigentlich keine richtigen Notrufe. Welche konkreten Probleme verursacht das bei Ihnen?
    Pilgrimm: Na ja, ich sag mal, wir reden hier allein 2015 von 300.000 Anrufen. Da kann man sich ungefähr vorstellen, wie oft möglicherweise der Notruf verstopft ist, obwohl ich da jetzt persönlich anrufe und einen echten Notfall habe. Und die Kollegen versuchen wirklich alles, auch diese Anrufe kurz zu halten und trotzdem halt freundlich zu bleiben. Aber es ist uns einfach ein Anliegen zu sagen, Leute, das ist der Notrufkanal. Ihr könnt den im Zweifel immer anrufen. Wir sind immer für euch da, und wir helfen euch auch, aber denkt doch einfach noch mal kurz 30 Sekunden nach, ist das jetzt tatsächlich ein Fall für 110 oder kann ich vielleicht einen anderen Kanal nutzen.
    Schrammar: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum die Menschen das vielleicht machen?
    Pilgrimm: Ich glaube, da ist einfach alles Mögliche dabei. Das sind zum Teil vielleicht tatsächlich Menschen, die es lustig finden. Es gibt wahrscheinlich auch Menschen, die einfach in einer Situation sind, wo ihnen tatsächlich keine andere Idee kommt. Dann vielleicht auch so ein bisschen Bequemlichkeit, weil die 110, die habe ich halt immer parat. Alles andere, da müsste ich ja vielleicht irgendwie mir noch was überlegen oder vielleicht noch mal nachschauen. Sicherlich auch, also unsere Kollegen der Notrufzentrale sagen auch, da sind Menschen dabei, die vielleicht auch einsam sind, die abends und nachts einfach öfter mal dort anrufen. Das gibt es eben auch.
    Schrammar: Die Berliner Polizei veröffentlicht in dieser Woche skurrile Nicht-Notrufe, um dafür zu sensibilisieren, dass die 110 nur für echte Notrufe gedacht ist. Monique Pilgrimm von der Berliner Polizei. Vielen Dank für das Gespräch!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.