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Hoffnungsträger mit Startschwierigkeiten

Forschungspolitik. – Die Universitäts-Elite der Welt sitzt vor allem in den USA, nur eine kleine Anzahl europäischer Institute kann auch nur annähernd mithalten. EU-Kommissionspräsident Barroso hat daher bei seinem Amtsantritt die Gründung eines "European Institute of Technology" vorgeschlagen. Die Idee wird jetzt seit zwei Jahren diskutiert und dabei immer mehr gerupft.

Von Michael Lange | 19.02.2007
    Das M.I.T., das Massachusetts Institute of Technology, ist mehr als eine Elite-Universität für etwa 10 000 Studenten. Hier arbeiten genau so viele Wissenschaftler wie Studenten in Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft. Fast wöchentlich werden rund um den Campus neue Startup Firmen gegründet. Die Industrie bettelt geradezu um Einlass und um die Beteiligung an Forschungsprojekten. Es gibt weltweit nichts vergleichbares, schwärmt der aus Deutschland stammende Molekularbiologe Rudolf Jaenisch. Seit vielen Jahren arbeitet er am M.I.T.. Jaenisch:

    "Es konzentriert sich um die Forschung und um die Lehre. Das ist das Zentrum vom MIT. Das ist eine sehr kooperative Universität, wo bürokratische Hemmnisse viel eher überwunden werden können, als in vielen Orten, die ich in Deutschland kenne. Wo wirklich die Verwaltung der Wissenschaft dient und nicht, wie ich manchmal hier den Eindruck habe, die Wissenschaft der Verwaltung dient."

    Als EU-Kommissions-Präsident José Manuel Barroso vorschlug, es den Amerikanern gleich zu tun und ein europäisches M.I.T zu gründen, schien dies zunächst eine gute Idee. Ein Europäisches Institut für Technologie, ein E.I.T.. Schnell wurden Straßburg und Warschau als mögliche Standorte genannt. Ein 2006 ausgearbeiteter Vorschlag von Bildungskommissar Jan Figel fiel allerdings durch, bei Wissenschaftlern und Europa-Abgeordneten gleichermaßen. Jorgo Chatzimarkakis, Abgeordneter im Europäischen Parlament:
    "Dieses Technologie-Institut sollte exakt diese Lücke zwischen den wirklich nicht schlechten Ideen aus Europa, aber katastrophaler Umsetzung in Produkte oder Dienstleistungen. Diese Lücke sollte es füllen. Ich muss da die ansonsten hochgelobte Kommission kritisieren. Da hat sie einen schwachen Vorschlag gemacht. Es kann nicht angehen, dass wir eine weitere Elite-Universität schaffen, sondern wir brauchen ja ein Verbindungselement zwischen Wissen und Produkt."

    Aus Deutschland kam der Vorschlag, kein neues Institut auf die grüne Wiese zu setzen, sondern die besten Technologie-Institute Europas zu einem E.I.T. zusammen zu schließen. Solche Spitzen-Institute gibt es ja bereits: zum Beispiel an der Technischen Universität München oder an der RWTH in Aachen. Auch diese Idee wird nicht einfach umzusetzen sein. Dazu Achim Haag. Er leitet die Abteilung Internationale Kooperation der Deutschen Forschungsgemeinschaft, DFG:

    "Die Hochschulen müssen sich selbst positionieren, und sie werden nicht zulassen, dass man Teile aus ihnen herauslöst und unter einem anderen Etikett, in dem Fall " EIT", dann weltweit vermarktet. Das wird sicherlich nicht gehen. Insofern ist das ein Schritt weiter, als der ursprüngliche Gedanke. Ob sich das tatsächlich so realisieren lässt und die Hochschulen mitspielen, das wagen wir hier bei der DFG zu bezweifeln."

    Käme die Idee vom Europäischen Technologie-Institut nicht von höchster Stelle, wäre sie längst tot, heißt es in Brüssel hinter vorgehaltener Hand. So liegt sie auf Eis, für unbestimmte Zeit. Im siebten Forschungsrahmenprogramm sind keine Mittel für ein E.I.T. welcher Natur auch immer ausgewiesen. Frieder Meyer-Krahmer, Staatsekretär im deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung:

    "Ein solches EIT, wenn es denn kommt, und wenn es wirklich so ambitioniert ist, wird eine ganze Menge Geld kosten. Ich denke über einen mehrjährigen Zeitraum wird man schon eine Milliarde Euro in die Hand nehmen müssen, damit aus diesem Baby wirklich ein robustes Geschöpf wird. Und es gibt bisher noch keinerlei Hinweise, woher dieses Geld kommt."

    Ein europäisches M.I.T. bleibt eine Wunschvorstellung. Vielleicht wagt die EU-Kommission einen neuen Anlauf zum achten Forschungsrahmenprogramm. Das wäre 2014.

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