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Holz ist höher als Stahl

Energie.- In Hannover entsteht zurzeit die bisher weltweit größte hölzerne Windkraftanlage. 100 Meter soll sie einmal hoch werden. Dabei ist problemlos das Doppelte möglich - sagen Ingenieure der "Timbertower GmbH".

Von Michael Engel |
    Es wird gehämmert und geschraubt. An die 200 Tonnen Holz – das meiste in Form von Sperrholzplatten - werden im wahrsten Sinne "hochgezogen". Der "Timbertower" soll eine Höhe von 100 Metern erreichen. Mit dabei ist auch Mareike Bühler, die einzige "Zimmerin" unter den Handwerkern.

    "Wir mussten extra zur Berufsgenossenschaft, um uns testen zu lassen, ob es irgendwelche gesundheitlichen Risiken gibt. Und alle, die jetzt hier arbeiten, waren da und haben bestanden, sozusagen, und sind offiziell höhentauglich. Was die Psyche dann so macht, sehen wir dann, wenn es soweit ist."

    Mareike Bühler arbeitet bei der Firma Cordes aus Rotenburg/Wümme, die sich schon mit dem Bau von "Colossos", der schnellsten Achterbahn aus Holz, einen Namen gemacht hat. Nun entsteht die weltgrößte hölzernen Windkraftanlage. Holzbauingenieur Bernd Schröder bleibt gelassen:

    "Man muss hier die Aufgaben konzentriert abarbeiten. Man muss sich immer vor Augen halten: Jedes Teil muss im Grunde genommen mit dem Kran bewegt werden und nicht wie im Einfamilienhausbau per Hand. Da muss man dann schon ein bisschen umdenken."

    Die "Teile" – von denen der Ingenieur mit so viel Respekt spricht – sind Sperrholzplatten aus Fichte. Jede dieser 54 Platten ist 30 Zentimeter dick. Sie variieren zwischen 6 und 15 Metern Höhe. Die tonnenschweren Sperrholzplatten sind das tragende Element des hölzernen Turmes. Innen ist der Turm hohl. Ein Innengerüst aus Bohlen ist auch nicht mehr nötig, erklärt Gregor Prass von der Timbertower GmbH. Er hat den Turm entworfen.

    "Wir verwenden kreuzweise verleimtes Vollholz. Für die meisten als Brettsperrholz bekannt. Und diese Platten werden für die Montage voll verschraubt. Da haben wir 600 Millimeter lange Schrauben mit 13 Millimeter Durchmesser. Und nachdem der Turm steht und verschraubt ist, wird er anschließend verklebt."

    Türme aus Holz sind 20 Prozent billiger als Stahl und halten doppelt so lange, und außerdem – so Holger Giebel von der "Timbertower GmbH" – kommt man mit dem Holz höher hinaus.

    "Das hängt letztlich mit der Transportierbarkeit von Stahltürmen zusammen. Stahltürme sind limitiert im Turmfuß auf einen Durchmesser von 4,20 Meter. Man kann sie nicht auf der Baustelle fertigen. Sondern sie werden in einem Werk gefertigt als Ganzes und können nur bis zu einem Durchmesser von 4,20 Meter gefertigt werden, weil man kann sie sonst nicht mehr transportieren, man kriegt sie unter Autobahnbrücken einfach nicht mehr durch. Und dann sind wir da mit unserem Holzturm und sagen ganz einfach, die 4,20 Meter interessieren uns nicht, wir bringen den Turm in Einzelbauteilen auf die Baustelle und knacken damit die Höhenbegrenzung des Stahlturms."

    Stahltürme erreichen 100, in Einzelfällen 120 Meter. Mit Holz sind 160, sogar 200 Meter problemlos machbar. Das war auch der Grund für den Saarländer Professor Edwin Kohl, marktführender Arzneimittelimporteur in Europa, in das Projekt zu investieren.

    "Je höher man baut, desto mehr Wind fängt man ein. Das ist wiederum ein deutlicher Vorteil. So dass von den heutigen Erzeugerkosten von sieben bis acht Cent pro Kilowattstunde Windstrom man vielleicht auf unter sechs oder sogar auf unter fünf kommt. Und unter fünf zu kommen, wäre mein persönliches Ziel, deswegen investiere ich in diese innovative Technologie."

    Fünf Cent pro Kilowattstunde – das ist dann fast schon so preiswert wie Atomstrom. Ende Mai soll der Timbertower stehen. Der 1,5 Megawatt Generator und die Rotorblätter sind natürlich nicht aus Holz. Besonders in Süddeutschland, wo die Windenergie bislang eine eher untergeordnete Rolle spielt, könnte Timbertower überzeugen.

    "In Baden-Württemberg sowie auch in Bayern braucht man hohe Türme, weil das vom Windregime einfach nicht so stark windige Gebiete sind wie beispielsweise in Norddeutschland, und deswegen braucht man dort hohe Türme, und deswegen ist der Timbertower auch dort ein gutes Produkt, was genau den Anforderungen dort entgegen kommt, die dort herrschen."

    Timbertower Nr. 2 ist schon in Planung - dann mit 140 Metern Höhe und 2,5 Megawatt in Nienburg bei Hannover schon im nächsten Jahr. Interesse für das High-Tech-Produkt aus Holz haben auch Schwellenländer wie Brasilien und Indien. Holz genug ist dort in jedem Fall vorhanden.