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Hotel-Klassifizierungen
Wenn Sterne lügen

Wer auf Reisen geht, möchte eine Unterkunft, die zu den Urlaubswünschen oder geschäftlichen Bedürfnissen und dem Geldbeutel passt. Die Sterne-Kategorien von Hotels sind dabei eine wichtige Orientierungshilfe. Aber auf die ist weniger Verlass als gedacht, wie nun der Branchenverband Dehoga selber einräumen musste.

Von Daniela Siebert | 11.10.2016
    Symbolbild, die Plakette eines Hotels mit vier Sternen.
    Die Plakette eines Hotels mit vier Sternen. (imago / CHROMORANGE)
    Ein Stern garantiert tägliche Zimmer-Reinigung, drei Sterne auch Föhn und Telefon, fünf Sterne einen ganztägigen Zimmerservice. So und noch viel detailreicher steht es im Kriterienkatalog des Deutschen Hotel- und Gaststätten-Verbandes Dehoga für die Hotelklassifizierung. Allerdings können sich Reisende auf diese Einstufungen nicht verlassen, wie jetzt eine eigene Untersuchung des Verbandes ergab, die 3.000 Internet-Auftritte deutscher Hotels überprüfte. Ergebnis laut der Dehoga-Pressemitteilung:
    "Ein hohes Ausmaß illegitimer Sternewerbung: Auf rund acht Prozent der überprüften Webseiten warben Hotels mit abgelaufenen oder selbst vergebenen Sternen."
    Für Sabine Fischer-Volk, Reiserechtsexpertin bei der Verbraucherzentrale Brandenburg, war das ein erwartbares Ergebnis: "Ach, das hat mich nicht überrascht, wir haben doch ab und zu mal Beschwerden dazu, oder dass sich Verbraucher erkundigen: 'Was muss denn bei einem Vier-Sterne-Hotel für ein Standard verfügbar sein?' oder 'Mein Superior-Zimmer, was bedeutet das eigentlich?', es wird ja ab und zu geschummelt, das ist ja ein harter Wettbewerb auch im Hotelgeschäft und insofern verwundert mich das dann nicht."
    Hohe Dunkelziffer
    Die Dunkelziffer schätzt die Expertin höher ein als von der Dehoga ermittelt. Wenn sich Hotels mit Sternen brüsten, die sie gar nicht mit Leben füllen, dann bringe das auch für die Verbraucher Rechtsansprüche mit sich, betont Sabine Fischer-Volk. Denn die Sterne-Kategorien stellten eine Zusicherung bestimmter Leistungen wie Zimmergröße, Service und Ausstattung dar, deren Nicht-Einlösung sei juristisch gesehen ein Mangel, der am Ende sogar mit Preisminderung sanktioniert werden kann. In der Praxis heißt das für Verbraucher:
    "Also ich würde mich auf jeden Fall an der Rezeption beschweren, würde Nachweise sichern, genau aufschreiben, was ich festgestellt habe, eventuell mit dem Smartphone Fotos mache, prima wäre auch, wenn man jemand anderen, einen Hotelgast anspricht, der eventuell als Zeuge fungieren kann, und dann verlangt man erst mal, dass der Mangel beseitigt wird und geht das nicht, kann man eine Minderung aushandeln."
    Auch für die Hotel-Branche sind die selbst ernannten Sterne-Träger ein Ärgernis. Schließlich unterziehen sich die zu Recht Sterne tragenden Hotels alle paar Jahre einer kostenträchtigen Kontrolle mit 270 Kriterien. Deshalb will auch der Branchenverband die Zügel anziehen und schwarze Schafe künftig schneller finden, kündigte er gestern an.
    "Um die Interessen klassifizierter Betriebe und die Markenrechte der Deutschen Hotelklassifizierung künftig besser zu wahren, wird die DEHOGA Deutsche Hotelklassifizierung GmbH noch im Laufe dieses Jahres eine Software einsetzen, mit deren Hilfe die rund 21.000 Hotel-Homepages in Deutschland regelmäßig und automatisiert auf unberechtigte Sternewerbung gescreent werden."
    Wer sich dann auch nach gezielter Aufforderung nicht gültig klassifizieren lasse, werde an die Wettbewerbszentrale in Bad Homburg gemeldet, droht der Verband. Die hat auch heute schon mit solchen Fällen zu tun, die sie zumeist mit strafbewährten Unterlassungserklärungen löst. Nur in Einzelfällen kommt es durch sie zu Gerichtsprozessen. Im April 2015 untersagte beispielsweise das Landgericht Mannheim einem Hotel, mit einem "Vier-Sterne-Standard" zu werben. Auch Verbraucher können falsche Sterne bei der Wettbewerbszentrale melden.
    Vedrbraucherzentralen können abmahnen
    Ohnehin haben Verbraucher viele Optionen. Sie sollten schon vor der Buchung eines Hotels auf der Internetseite der Dehoga "hotelsterne.de" nachsehen, welche Leistungen ein Zimmer der jeweiligen Sterne-Kategorie bieten muss und welche Sterne-Klassifizierung das gewünschte Hotel aktuell hat, rät Sabine Fischer-Volk. Und wer Diskrepanzen entdeckt: Auch die Verbraucherzentralen seien für Informationen über illegitime Sternen-Träger geeignete Ansprechpartner: "Wir als Verbraucherzentralen, wir können solche Anbieter abmahnen, wenn sie also ungerechtfertigt mit einer Hotelkategorie werben, die sie nicht haben, weil das eine Irreführung der Verbraucher ist."
    Die echten Hotel-Sterne der Dehoga werden übrigens für drei Jahre verliehen. Dann muss erneut geprüft werden. Derzeit sind knapp 9.000 Betriebe klassifiziert, über die Hälfte der deutschen Hotels kommt somit freiwillig ohne Dehoga-Sterne aus.
    Auch im Ausland schmücken ja oft Sterne die Hotels, allerdings werden die von unterschiedlichen Organisationen verliehen, in Frankreich sogar von staatlichen Stellen und die Juroren folgen auch nicht immer denselben Kriterien. 15 europäische Länder haben sich aber zu einer "Hotelstars Union" zusammengeschlossen und ihre Kriterien weitgehend angeglichen.