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Ich habe sie geliebt

Eine alte Geschichte, aber immer neu : Auf der einen Seite, Chloé, hübsch, intelligent, Anfang dreißig und völlig verzweifelt, weil ihr Mann sie wegen einer anderen Frau verlassen hatte. Auf der anderen Seite, Pierre, der Kotzbrocken, Chloés Schwiegervater. Sie befinden sich alle für einige Zeit in Pierres Landhaus. Im Laufe eines langen Gesprächs liefern Pierre und Chloé ihre eigenen Geschichte. Der alte Kotzbrocken versteckt hinter einer rauhen Schale eine Sensibilität, die Chloé nicht ahnte. Und die untröstliche junge Frau kommt wieder auf die Beine. Die junge Schriftstellerin Anna Gavalda, vermischt in ihrem neuen Roman autobiografische Momente und Beobachtungen aus dem Alltag. Wie Chloé lebt sie von ihrem Mann getrennt, hat zwei kleine Kinder. Sie erzählt vom Scheitern einer Ehe und einer großen Liebe. Im Grunde eine banale Geschichte. Doch die Schriftstellerin zeugt von einem psychologischen Feingefühl, das das Ganze neu klingen lässt. Der wahre Held der Geschichte ist nicht, wie erwartet, Chloé sondern Pierre, der auf seine Liebe verzichtete aus Pflichtgefühl gegenüber seiner Frau und Familie.

Marine Meslé |
    Seit langem wollte ich mich in die Lage eines älteren Mannes versetzen. Hier ist er 65 Jahre alt. Ich wollte seine Beichte erzählen und seine vergangene Liebe. Es interessierte mich seine Geschichte mit denen der neuen Generationen zu konfrontieren. Es ist zugleich seine eigene Geschichte und auch ein allgemeineres Buch über die Art und Weise, wie die verschiedenen Generationen das Paar, die Treue begreifen. Am Anfang glaubt man, dass Chloé die Heldin des Buches sein wird, aber bald begreift man, dass sie ihn nur in den Vordergrund schiebt. Sie hört ihm aufmerksam zu und hilft ihm bei der Beichte, seine Geschichte zu erzählen. Ohne sie, hätte er sie nie erzählt. Sehr schnell, in der Mitte des Buches, kippt die Geschichte ganz auf Pierres Seite.

    Der Erfolg Anna Gavalda liegt wahrscheinlich in der ganz gewöhnlichen Sprache, die sie verwendet, an den Situationen, in welche sie ihre Figuren versetzt, Figuren zum Wiedererkennen. Angelsächsischen Autoren sind ihre Vorbilder. John Steinbeck vor allem, den sie bewundert, wegen seines knappen Stils. Heutzutage liest sie eher die großen Klassiker, wie Balzac oder Flaubert. Von deren Einflüssen ist in ihrem Roman jedoch nichts zu spüren. Anna Gavalda hat einen eigenen Ton gefunden und schreibt kein Wort zuviel. Dank ihres lapidaren Stils vermeidet sie alle Kitschfallen. In Frankreich wurde der Roman in ein Theaterstück verwandelt, und Anna Gavalda machte die Bühnenbearbeitung. Der Roman ist wie ein klassisches Theaterstück geschrieben. Nur ein einziger Ort, nur ein Tag, und eine einzige Handlung. Es wäre substanzlos, wenn es der Schriftstellerin dank der schlichten Dialoge nicht gelungen wäre, den Leser zu berühren. Die Protagonisten werden nirgendwo beschrieben, und vieles bleibt in der Schwebe, aber sie kann mit knappsten Worten Figuren und Orte zum Leben erwecken Die Einfachheit vorzutäuschen, sagt sie, verlangt sehr viel Arbeit.

    Also, je einfacher die Sache sind, desto schwieriger ist es, sie zu tun. Wie kochen, meine ich. Ich schreibe schnell die erste Fassung, aber danach korrigiere mich sehr viel. Ich lese mehrmals den Text. Das letze Buch besteht vor allem aus Dialogen. Es scheint sehr einfach zu sein, wenn man das liest und...es verlangte aber sehr viel Arbeit. Ich stelle fest, dass ich auf die Interpunktion und den Rhythmus sehr achte. Für mich ist das sehr wichtig, besonders der Rhythmus. Ziel ist es, den Leser ein bißchen unter Druck zu halten. Dass er Lust hat, die Seite umzublättern. Gerade das treibt, die ganze Sache voran.

    Ich habe sie geliebt : ein unkompliziertes Buch, das von Problemen des Alltags berichtet, ohne etwas Außergewöhnliches zu erzählen. Das Ziel Anna Gavaldas ist zu zeigen, wie alltägliche Probleme leicht dramatische Züge annehmen können. Die Liebe natürlich, die Einsamkeit und die Schwierigkeit, den richtigen Platz in der Gesellschaft zu finden, sind ihre Themen. "Ich habe sie geliebt" ist ein Plädoyer dafür, zu den eigenen Gefühlen zu stehen. Wie vor zwei Jahren in Frankreich der erfolgreiche Film "Die fabelhafte Welt der Amelie". Der Roman verliert sich jedoch in seiner eigenen Harmlosigkeit mit immerhin einer charmanten Nonchalance. Keine große Literatur also, aber ein angenehmes Buch.