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Steinmeier im Bürgerdialog
Zeichen für Vielfalt und gegen Rassismus

Bei einem Bürgerdialog auf Schloss Bellevue nannte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Rassismus und Diskriminierung "beschämend für unser Land". Er sprach sich hingegen für Zusammenhalt und Vielfalt in Deutschland aus. "Wir sind ein Land – wenn es gut läuft, und ein Land – wenn es schlecht läuft."

Von Panajotis Gavrilis | 23.08.2018
    Bundespräsident Steinmeier steht am Rednerpult, im Vordergrund des Bildes ist eine Frau mit Kopftuch von hinten zu sehen.
    Bundespräsident Steinmeier lud zu einem Bürgerdialog auf Schloss Bellevue ein (dpa-Bildfunk / Pool AP / Markus Schreiber)
    Sie soll ein Zeichen sein – die erste Ansprache von Bundespräsident Steinmeier nach der Sommerpause. Ein Zeichen gegen Ausgrenzung und Rassismus in Deutschland, insbesondere nach der Mezut Özil und metwoo-Debatte.
    "Ein permanenter Verdacht gegen Zugewanderte, egal wie lange sie schon in Deutschland leben, ist verletzend nicht nur für den Einzelnen. Er ist beschämend für unser Land. Rassismus und Diskriminierung verletzen die Würde des Menschen und beschädigen unsere Demokratie."
    Heimat im Plural
    Wer Misstrauen, Furcht und Zwietracht säe, der müsse in die Schranken gewiesen werden, so Steinmeier weiter und ergänzt: Es sei ein Irrtum zu glauben, Integration ginge ohne Konflikte. Es komme auf beide Seiten an – also auf Dazugekommene und schon hier Lebende. Und Heimat – gefühlte und gelebte, sagt Steinmeier, die gäbe es auch im Plural.
    "Es gibt keine halben oder ganzen, keine Bio- oder Passdeutschen. Es gibt keine Bürger erster oder zweiter Klasse, keine richtigen oder falschen Nachbarn. Es gibt keine Deutschen auf Bewährung, die sich das Dazugehören immer neu verdienen müssen – und denen es bei angeblichem Fehlverhalten wieder weggenommen wird. Sondern es gibt die eine Bundesrepublik Deutschland – ihre Staatsbürger, mit gleichen Rechten und Pflichten."
    "Klare Regeln" für Einwanderung
    Für Bundespräsident Steinmeier ist klar: Deutschland ist ein Einwanderungsland und deshalb sei es gut, dass "jetzt klare Regeln" geschaffen würden und meint dabei das von der Bundesregierung geplante Einwanderungsgesetz.
    Den türkischen Präsidenten Erdogan, der Ende September zu einem Staatsbesuch nach Berlin kommt, erwähnt Steinmeier indes nicht.
    Genauso wenig wie Mezut Özil. Steinmeier sagt aber einen Satz, den man auf den Fußballer beziehen könnte: Özil hatte bei seinem Rücktritt Ende Juli kritisiert, er werde bei Siegen als Deutscher wahrgenommen, und bei Niederlagen als Migrant.
    "Wir sind ein Land, wenn es gut läuft - und ein Land, wenn es schlecht läuft."
    Aussagen wie diese seien wichtig für viele, die sich ausgegrenzt fühlen, sagt Yunus Güllü. Er ist einer der 13 Gäste, die im Park von Schloss Bellevue bei Butterkuchen und Baklava mit Steinmeier über Zugehörigkeit, Integration und Rassismus sprechen. Die meisten kommen aus der Nachbarschaft und haben wie der 20-jährige Student familiäre Wurzeln in der Türkei.
    "Es wäre nicht authentisch, wenn das ein einmaliges Ereignis wäre. Aber ich glaube, es ist ein Startschuss gewesen und wenn diese Gesprächsreihen fortgesetzt werden, dann ist es hoffentlich auch gewinnbringend und nachhaltig."
    Wunsch nach "umarmenden Debatten"
    Sein Bundespräsident – wie er Steinmeier nennt – müsse sich auch in Zukunft weiter öffentlich für eine vielfältige Gesellschaft stark machen, sagt er.
    "Diesen Appell habe ich an Herrn Steinmeier auch gerichtet und ich hoffe, dass er das auch wahrgenommen hat, dass er das hingenommen und verstanden hat und dass wir in Zukunft einfach von Politikern weniger polarisierende, vor allem im Wahlkampf, weniger polarisierende und mehr inklusive und umarmende Debatten und Aussagen haben werden, auch was die Rhetorik anbelangt."