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JazzFacts
Die Renaissance und der Jazz der Gegenwart

Die Schweiz kann sich über einen Mangel an erstklassigen Jazzpianisten nicht beklagen - und so heißt es schon etwas, wenn die Presse einem 51-Jährigen aus Zürich die Spitzenposition zuerkennt: Christoph Stiefel ist in drei Jahrzehnten zu einem hochkarätigen Individualisten herangereift. Auf dem Konzertflügel ist er ebenso zuhause wie auf elektrischen Instrumenten und Synthesizern.

Von Michael Kuhlmann | 10.04.2014
    Christoph Stiefel steht an einem Spiegel.
    Christoph Stiefel ist ein international tourender Jazz-Keyboarder. (Marco Zanoni )
    Seine von enormen rhythmischen Spannungen geprägten Kompositionen ließen die internationale Szene aufhorchen. Dabei wäre Christoph Stiefel ursprünglich fast Jurist geworden - aber ein Anruf des Harfenisten Andreas Vollenweider brachte seine Lebensplanung 1984 gründlich durcheinander: Aus dem fortgeschrittenen Jurastudenten wurde ein international tourender Jazz- und Funk-Keyboarder. Seit den 90er Jahren konzentrierte sich Stiefel in seinen eigenen Bands immer mehr auf akustische Instrumente - und bald wurde ihm klar, dass er unbewusst denselben Ansatz verfolgt wie die Komponisten der Renaissance: die Idee der "Isorhythmik", in der sich unterschiedliche Rhythmen und Melodien zu komplexen Klanggebilden überlagern.

    Aber Christoph Stiefel und seine Mitmusiker präsentieren keineswegs nur streng auskomponierte Stücke. Im Vordergrund steht die Improvisation - und damit haben sie zu einem unter den vielen Jazz-Klaviertrios einzigartigen Stil gefunden: artifiziell und doch humoresk, überlegt und doch lustvoll. Getreu dem Titel einer frühen Komposition des Pianisten: "Sweet Paradox".