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Jungvögel und ihr Gesang
Zwitscher dir einen

Lange Zeit gingen Forscher davon aus, dass Jungvögel erst lernen müssen, die Lieder ihrer Eltern zu unterscheiden. Doch Schwedische Wissenschaftler haben Anhaltspunkte dafür, dass bestimmte Vogelarten die Fähigkeit, den artspezifischen Gesang zu erkennen und wiederzugeben, vererbt bekommen.

Von Christine Westerhaus |
    Singvogel
    Schwedische Forscher haben herausgefunden: Schon im Ei werden die Grundlagen für den perfekten Vogelgesang angelegt. (picture alliance / dpa / Lindley McKay)
    Der Halsbandschnäpper und der Trauerschnäpper sind selbst für Vogelkundler kaum zu unterscheiden. Beide Arten sind etwa gleich groß und haben ein schwarz-weißes Federkleid. Dass sie oft auch noch denselben Lebensraum besiedeln, macht die Sache nicht einfacher. Am Gesang jedoch können sogar Laien erkennen, dass Halsbandschnäpper ganz anders klingen, als Trauerschnäpper.
    "Der spezifische Gesang ist sehr wichtig, damit Weibchen und Männchen der gleichen Art sich finden und miteinander paaren. Halsbandschnäpper und Trauerschnäpper sind sehr nahe miteinander verwandt und manchmal passiert es, dass sich Weibchen mit einem Männchen aus der anderen Art paaren. Deshalb wollten wir herausfinden, wie die beiden Arten normalerweise verhindern, dass sie sich vermischen und wie sie ihren artspezifischen Gesang beibehalten."
    David Wheatcroft von der Uppsala Universität und seine Kollegin haben sich deshalb ein einfaches, aber raffiniertes Experiment ausgedacht. Sie haben einem brütenden Halsbandschnäpper-Pärchen die Eier des Trauerschnäppers untergejubelt und die Trauerschnäpper wiederum das Gelege von Halsbandschnäppern ausbrüten lassen. Nachdem die Küken geschlüpft waren, spielten die Forscher ihnen den Gesang ihrer leiblichen Eltern vor.
    Gesang ins Nest gelegt
    Auf Videoaufnahmen sahen die Wissenschaftler, dass die Jungvögel jeweils nur auf die artspezifischen Lieder reagierten. Den Gesang ihrer Aufzuchteltern hingegen ignorierten sie. Obwohl sie diesen im Nest häufig gehört haben mussten.
    "Die vertauschten Küken reagierten genauso stark auf den artspezifischen Gesang, wie Jungvögel, die im Nest ihrer leiblichen Eltern aufgewachsen waren. Und das zeigt, dass das Erkennen des artspezifischen Gesangs in den Genen verankert ist, also vererbt wird. Um das endgültig zu beweisen, haben wir dann Mischlinge aus beiden Arten gezüchtet. Diese Mischlings-Küken reagierten nur auf den Gesang des Trauerschnäppers - offenbar wird dieser dominant vererbt. Und das zeigt eindeutig, dass die Fähigkeit, den artspezifischen Gesang zu erkennen, vererbt und nicht erlernt wird."
    Doch wie lernen Jungvögel, selbst wie ihre Eltern zu klingen? Wird das arttypische Repertoire vererbt oder einfach nur nachgeahmt? Diese Frage konnten Wheatcroft und seine Kollegin bisher nicht beantworten, da bislang zu wenig Individuen aus ihrer untersuchten Population den anstrengenden Winterflug nach Afrika überlebt haben. Andere Wissenschaftler haben jedoch beobachtet, dass Trauerschnäpper einen großen Teil des arttypischen Repertoires beherrschen, selbst wenn sie nicht von leiblichen Eltern aufgezogen wurden.
    "In diesem Fall waren Trauerschnäpper entweder von Blaumeisen oder Kohlmeisen aufgezogen worden. Und die aus Afrika zurückgekehrten Individuen sangen zu etwa 40 Prozent typischen Blaumeisen- bzw. Kohlmeisen Gesang.
    Die restlichen 60 Prozent des Repertoires aber war arttypisch. Das heißt, obwohl die Trauerschnäpper-Küken die Lieder nicht von ihren Eltern gelernt haben konnten, beherrschten sie einen Großteil des arttypischen Gesangs."
    Vorsicht bei der Partnerwahl
    Ob auch andere Vögel das typische Repertoire ihrer Art von kleinauf erkennen und selber singen können, ist unklar. David Wheatcroft geht aber davon aus, dass es für Vögel einen enormen Vorteil hat, wenn sie ihren Gesang nicht erst lernen müssen, sondern ihn gewissermaßen schon in den Genen haben.
    "Wenn eine Kohlmeise durch irgendeinen Zufall den Gesang einer Blaumeise lernen, paart sie sich womöglich mit dem falschen Partner. Und das würde (evolutionsbiologisch gesehen) Kosten verursachen. Ist der arteigene Gesang aber genetisch veranlagt, passiert das nicht. Und es hätte außerdem den Vorteil, dass sich neu aufgespaltene Arten besser und schneller voneinander abgrenzen können und sich dann nicht mehr untereinander vermischen."