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Kampf gegen den IS
Schwierige Lage im Nordirak

Im irakischen Kampf gegen den IS stellen der Zentralstaat - regiert aus Bagdad - sowie die Kurden in der Autonomieregion je einen Teil der Bodentruppen. Doch es gibt Anzeichen dafür, dass sich der gemeinsame Feldzug in einen kriegsähnlichen Konflikt gegeneinander wandeln könnte. Der Grund: Streit um Öl und Geld.

Von Marc Thörner | 08.12.2015
    Kurdische Peschmerga kämpfen nahe Kirkuk gegen die Terrormiliz Islamischer Staat.
    "Einfache" Peschmerga-Kämpfer im Irak. Während sie selbst mit wenig auskommen müssen, führen ihre Anführer oft ein Luxusleben mitten im Krieg. (imago/Xinhua)
    Erbil, die Hauptstadt der kurdischen Autonomieregion im Nordirak. In einer Gasse auf dem Basar der Stadt läuft ein etwa achtjähriges arabisches Flüchtlingsmädchen den Passanten hinterher. Das Kind bettelt um Geld. Doch es wird nicht beachtet, gelegentlich auch weggestoßen. Die Kleine versucht es dennoch immer wieder, unermüdlich. Eine Szene wie ein Sinnbild für das Elend, das sich in der kurdischen Autonomieregion tagtäglich weiter ausbreitet.
    Die Flüchtlinge, die aus den Kriegsgebieten nach Erbil strömen, sind aber nur die eine, die ins Auge stechende Erscheinungsform der Armut. In den Cafés der Stadt sitzen die, denen es bislang noch relativ gut ging: Händler, Verwaltungsangestellte, kleine Beamte, Lehrer. Viele der Gespräche hier drehen sich um einen Alltag, in dem die Dinge sich wie auf einer schiefen Ebene unaufhaltsam abwärts zu bewegen scheinen.
    Fuad Zindani, Leiter einer kurdischen Menschenrechtsorganisation, telefoniert mit einem Freund, der gerade als kurdischer Peschmerga gegen den IS im Einsatz ist. Die Stimmung ist schlecht, berichtet der Kämpfer. Schon lange hat niemand in seiner Einheit mehr Sold ausbezahlt bekommen. Zu Hause, bei den Familien, fehlt das Geld für das Nötigste. Für Fuad Zindani ist das nur schwer nachvollziehbar, schließlich kämpfen diese Bodentruppen stellvertretend für die ganze freie Welt gegen den IS-Terror.
    Ein kurdischer Peschmerga-Kämpfer spiegelt sich in einem Rückspiegel.
    Ein kurdischer Peschmerga-Kämpfer (AFP / Safin Hamed)
    "Seit drei Monaten gibt' s Verspätung. Wir haben die keinen Lohn bekommen. Und natürlich, wenn ein Peschmerga pro Monat 300 Miete bezahlt, wie kann er leben?"
    Doch nicht nur die Peschmerga-Kämpfer müssen auf ihren Sold verzichten, auch die Beamten in der kurdischen Autonomieregion erhalten seit Monaten keine Gehälter mehr. Und selbst wer noch Ersparnisse besitzt, kann sich damit nicht helfen, denn die Banken zahlen nur noch einen Teil der Einlagen aus.
    "Wenn du zum Beispiel 10.000 Dollar auf einer Bank hast und Du bist krank, du brauchst eine Operation. Du forderst dein Geld, die sagen: gibt's kein Geld mehr. Ich habe auch vier Monate kein Gehalt gekriegt. Es gibt Sachen, die außerhalb der Regierungsmacht stehen. Aber unsere Bevölkerung hat Verständnis dafür."
    Sadi Ahmed Pire hat in Wien studiert, ging dann in die nordirakischen Berge, um für ein freies Kurdistan zu kämpfen. Heute sitzt der ehemalige Peschmerga-Kämpfer im Politbüro der PUK, der Patriotischen Union Kurdistans. Sie ist eine der zwei großen Parteien, die sich unter Präsident Masud Barzani traditionell die Macht teilen in der kurdischen Autonomieregion im Norden des Irak.
    "Wenn eine Front von 1.050 Kilometern uns aufgezwungen wurde von Daesh, das kostet uns jeden Tag eine Menge von Geld. Wir sind gezwungen, den Gürtel enger zu schnallen."
    Sadi Ahmed Pire selber muss das offenbar nicht tun. Der enge Vertraute von Kurdenführer Talabani bewohnt eine weitläufige Villa mit zahlreichen Angestellten. Mehrere Geländewagen stehen vor der Tür. Seine eigene Privatmiliz sichert die Straße, in der er residiert. Atemberaubende Grundstücksspekulationen, ein Bauboom, eine Skyline, die sich ständig um einen neuen glitzernden Wolkenkratzer erweitert, Shopping Malls, überdimensionierte Prestigeobjekte in schwülstigem Neobarock, Privatschlösser und Parteizentralen, neben denen das Weiße Haus in Washington wie das Landhaus einer Mittelstandsfamilie wirkt; das Luxusleben der Peschmerga-Führer mitten im Krieg – das ist die andere Seite von Erbil.
    Die Barzanis und die Talabanis gehören zu den größten Investoren
    Und ähnlich sieht das Zentrum von Suleymaniah aus, dem Hauptort der Patriotischen Union Kurdistans von Jalal Talabani, der jahrelang das zeremonielle Amt des irakischen Staatspräsidenten bekleidete. Die Innenstädte ihrer zwei Hochburgen beginnen zusehends Züge von Dubai anzunehmen. Und das gilt auch für die Geschäftsstrukturen. Die Barzanis und die Talabanis gehören zu den größten Investoren. Es gibt kaum ein Bauobjekt, das nicht mit einer ihrer Familien oder deren Entourage zusammenhängt.
    Dschalal Talabani, Vorsitzender der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) im Irak
    Dschalal Talabani, Vorsitzender der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) im Irak (picture alliance / dpa / Jason Szenes)
    Wer die Quelle dieses Reichtums sucht, braucht Erbil lediglich auf der Autobahn zu verlassen. Nach etwa einer Dreiviertelstunde gelangt man zu den Ölfeldern der Provinz Kirkuk. Zu beiden Seiten der Straße züngeln aus schlanken Schornsteinen orangefarbene Flammen auf, säumen silbern glitzernde Öltanks die Straßen.Auf dem Standstreifen vor einem Kontrollposten stauen sich Öltanklaster kilometerweit. Einige Lastwagenfahrer stehen schon seit Stunden vor ihren Trucks und warten bis sie an der Reihe sind.
    "Wir sind auf dem Rückweg vom Iran nach Erbil. Dort füllen wir die Tanker in der Raffinerie und bringen das nächste Öl dann wieder in den Iran. 3.000 Tanklastzüge fahren jeden Tag über die Grenze."
    "Und in wessen Auftrag transportieren sie ihre Ladung?"
    "Offiziell arbeiten wir für eine staatliche kurdische Firma. Aber Sie wissen doch: In Kurdistan kann niemand sagen, was sich hinter den Kulissen solcher Firmen verbirgt."
    Ende 2014 erschütterte ein Paukenschlag das Bild von den zuverlässigen Verbündeten gegen den IS. Westliche Geheimdienste hatten über die Geldströme im Gebiet der kurdischen Autonomieregion so viele Informationen gesammelt, dass sich die kurdische Autonomieregierung zum Handeln gezwungen sah. 15 Funktionsträger ließ sie verhaften, unter dem Verdacht, Öl- und andere Geschäfte mit dem IS zu machen. Eine Kommission des kurdischen Parlaments wurde mit der Untersuchung dieser Fälle betraut, sagt Ali Hama Saleh. Der Abgeordnete gehört zur systemkritischen Gorran-Partei und sitzt im Parlamentsausschuss für Öl und Gas.
    "Die Untersuchungskommission hat aber die Namen der 15 beschuldigten Personen bis heute nicht bekannt gegeben. Und selbst, dass es sich um 15 Fälle handeln soll, habe ich nur vom Innenminister persönlich erfahren. Ich weiß nicht, ob irgendjemand von ihnen vor Gericht gestellt wurde. Uns sind keine weiteren Details mitgeteilt worden."
    Ölschmuggel zugunsten des IS, sagt der Abgeordnete Saleh, gebe es über den Nordirak inzwischen nicht mehr. Seit die Terrormiliz Anfang 2015 den Zugriff auf die Ölraffinerie von Beiji verloren hat, verfrachte der IS den Kraftstoff bevorzugt über sein Territorium in Syrien in die Türkei. Weiter geschmuggelt werde im Nordirak hingegen das Öl, das unter Kontrolle der beiden großen Kurdenparteien KDP und PUK auf den Feldern von Kirkuk gefördert wird.
    Ali Hama Saleh:
    "Es stammt aus zwei wichtige Ölquellen, Avana und Bay Hassan. Offiziell gehören sie zwar einer Firma, die wiederum der irakischen Zentralregierung gehört. Tatsächlich befinden sich beide Felder seit Juli 2014 unter Kontrolle einer militärischen Einheit, die der Kurdisch Demokratischen Partei, KDP, von Autonomiepräsident Masud Barzani untersteht. Unter Aufsicht dieser KDP-Miliz werden pro Tag 260.000 Barrel Öl gefördert."
    Masud Barzani, Präsident der Autonomen Region Kurdistan
    Masud Barzani, Präsident der Autonomen Region Kurdistan (picture alliance / dpa / Maurizio Gambarini)
    Sadi Ahmed Pire aus dem Politbüro der Patriotischen Union Kurdistans bestätigt das. Kommandos der Schwesterpartei KDP von Kurdenpräsident Barzani in Erbil hätten direkten Zugriff auf die Ölvorkommen. "Von hier bis Kobri, auf beiden Seiten des Weges, gibt es Privatraffinerien Die gehören den Kommandos. Nicht von hier, nicht von PUK, die sind von Erbil. Erlaubt oder nicht erlaubt. Niemand fragt: Woher beziehen sie dieses Öl?"
    Innerirakischer ökonomischer Konflikt
    Einen groß angelegten Ölschmuggel im Auftrag der Führungsebene seiner Partei PUK hingegen gebe es nicht, sagt Sadi Ahmed Pire. "Aber ich verneine gar nicht, dass irgendein Kommando von PUK sich erlaubt, Rohöl zu transportieren und zu verkaufen, ganz billig."
    Kleine Feldkommandeure bereicherten sich. Die großen Kurdenführer hätten nichts damit zu tun. Auf den kritischen Parlamentsabgeordneten Ali Hama Saleh wirken solche Erklärungen wie Hohn. "Die politischen Führer im Irak, in der nordirakischen Kurdenregion wie anderswo, sind die reichsten Politiker der Welt. 300.000 Barrel Öl fließen pro Tag von den Ölfeldern im kurdischen Kirkuk durch Pipelines in den türkischen Hafen Ceyhan. Der Rest wird mit Lastwagen über die Grenze transportiert. Die kurdische Bevölkerung bekommt von diesen Einnahmen nichts zu sehen. Die Frage ist also: Wer streicht die Ölgewinne ein? Wer versteckt das Geld – und wo?"
    Fest steht: Im Haushalt der kurdischen Autonomieregion landen davon nur Brosamen. Und nach Bagdad überwiesen wird auch nichts.
    "Ich fürchte, dass im kommenden Jahr der Konflikt zwischen der kurdischen Regional- und der irakischen Zentralregierung über das Kirkuk-Öl offen ausbrechen wird. Die kurdische Autonomieregierung ist nicht bereit, die Öleinnahmen an die irakische Zentralregierung weiterzuleiten. Die Regierung in Bagdad könnte deshalb die Haushaltsmittel für die Region Kirkuk auf unabsehbare Zeit blockieren. Das wäre fatal. Denn schon jetzt ist ja die kurdische Autonomieregierung nicht mehr in der Lage, die Gehälter für ihre Beamten zu bezahlen."
    Der ökonomische Konflikt, warnt Ali Hama Saleh, könnte sich rasch zum militärischen auswachsen. Denn im Kampf gegen die Terrormiliz stellen der irakische Zentralstaat und die Kurden in der Autonomieregion bekanntlich je einen Teil der Bodentruppen.
    "Die Regierung in Bagdad unterhält die schiitischen Freiwilligenmilizen, die Hascht al Schaabi. Sie sind schwer bewaffnet, ebenso wie die kurdischen Peschmerga schwer bewaffnet sind. Diese Spannungen zwischen der kurdischen- und der Zentralregierung sind also hochgefährlich."
    Was also, wenn der Streit eskaliert und die noch miteinander verbündeten viel zitierten Bodentruppen des Westens nicht mehr gemeinsam auf den IS, sondern aufeinander losgehen? Erste Anzeichen zeigen sich bereits.
    Fuad Zindani, der Vorsitzende einer kurdischen Menschenrechtsorganisation, ist auf dem Weg nach Dus-Churmatû. Von dort hat er besorgniserregende Meldungen erhalten. In der Gegend südlich von Kirkuk, sagt er, ist es bereits zu Auseinandersetzungen zwischen den Verbündeten gekommen, wurden Peschmerga von Schiitenverbänden gefangen genommen und gefoltert. Die Stadt Dus-Churmâtu, südlich von Kirkuk, liegt genau in der Region, in der beide Gruppen gemeinsam gegen den IS zu Felde ziehen sollen. In den Außenbezirken ist die Handschrift der Schiitenmilizen unverkennbar.
    "Das ist eigentlich eine kurdische Stadt, aber man sieht hier überall unterschiedliche schiitische Fahnen, Bilder von Ali, schwarze Parolen..."
    Ali ist der Stammvater der Schiiten. Volkstümliche Darstellungen schiitischer Märtyrer prangen auf Plätzen und Fassaden als läge Dus-Churmâtu nicht in Kurdistan, sondern im Iran oder im schiitisch dominierten Südirak. Im Stadtzentrum: Bilder der Verwüstung. Selbst an der Hauptstraße stehen viele Häuser leer, die Türen sind herausgebrochen, die Fensterränder rußgeschwärzt. Scherben und Möbelreste liegen auf den Gehwegen davor.
    "Man sieht hier mehrere Läden, zahlreiche Läden sind verbrannt. Die gehörten Kurden."
    Hat der Konflikt zwischen der kurdischen Regierung in Erbil und der irakischen Zentralregierung bereits auf die Zivilbevölkerung übergegriffen? Ein Händler, der auf dem Gemüsemarkt der Stadt Gurken und Tomaten verkauft, gibt Auskunft. Er blickt sich erst nach allen Seiten um, ehe er spricht.
    "In unserer Stadt gibt es Kurden, zudem arabische Minderheiten und turkmenische Schiiten. Die schiitischen Freiwilligenverbände versuchen jetzt, die kurdische Mehrheitsbevölkerung zu vertreiben und ihre Häuser zu übernehmen, also zu enteignen. Meine Verwandten haben sie bereits aus ihren Wohnungen in der Stadt verjagt."
    Die frei gewordenen Immobilien, sagt der Gemüsehändler, erhielten Angehörige der schiitisch-turkmenischen Minderheit. Ein Ladeninhaber aus der turkmenisch-schiitischen Minderheit sieht die alleinige Schuld bei den Kurden. Sie hätten wiederholt eine schiitische Moschee zerstört.
    "Dagegen haben wir demonstriert. Fünf turkmenische Schiiten wurden bei dem Protest getötet. Aber jetzt schützen die schiitischen Milizen, die Hascht al Schaabi, unsere Bürger. Als am 12. November 2015 einige Angehörige dieser Schutzmilizen einen kurdischen Kontrollpunkt passieren wollten, wurden fünf von ihnen durch kurdische Milizionäre erschossen."
    Der turkmenisch-schiitische Händler zeigt die Adresse der Einheit, unter deren Obhut er sich begeben habe. Am Eingang der Straße, die zur Kaserne dieser Schiitenmiliz führt, haben kurdische Soldaten einen Kontrollposten aufgebaut. Sie warnen eindringlich vor der Weiterfahrt.
    Vor einer Kaserne - einem beschlagnahmten Privathaus - stehen junge Männer Anfang 20 in selbst zusammengestückelten Tarnuniformen. Sie wirken angespannt, wollen sich nicht äußern. An den Uniformen einiger fällt dem kurdischen Menschenrechtler Fuad etwas auf. Offenbar gehören sie zu den iranischen Revolutionsgarden, den Pasdaran.
    "Auf dem rechten Arm, auf den Klamotten, gibt es ein Zeichen für iranische offizielle Pasdar."
    Fuad rät zur Vorsicht. Besser, solchen Leuten aus dem Weg zu gehen, warnt er.
    "Ich habe gemerkt, da sind Iraner drinnen. Wenn sie uns entführen, als Kidnapper, was sollen wir machen? Es gab hier mehrere Entführungen, Ermordung. Weil natürlich, die Iraner, sie wollen die Europäer haben."
    Pasdaran-Revolutionswächter im Nordirak? Versucht Teheran inzwischen, den Machtkampf zwischen Erbil und der Iran-freundlichen Zentralregierung in Bagdad für sich auszunutzen? Schürt Teheran gar selber den Konflikt?
    "Iran hat kein Interesse, so was zu tun. Eher die Türkei", sagt Sadi Ahmed Pire von der Patriotischen Union Kurdistans. Wenn es Ausschreitungen der Schiitenmilizen gegen Kurden gibt, dann sieht er die Türkei am Werk – in Gestalt ihrer örtlichen Stellvertreter, der Turkmenen.
    "Wir haben eigentlich eine gute Beziehung zu den Schiiten. In der Kirkuk-Gegend haben wir Hascht al Schaabi aus Turkmenen, die Schiiten sind. Und es gibt Elemente innerhalb dieser Turkmenen, die Schiiten sind, die versuchen, diese Beziehung kaputt zu machen."
    Eine Schuldzuweisung, die wiederum bei der Schwesterpartei, der KDP von Autonomiepräsident Barzani, zurückgewiesen wird. Offiziell möchte man sich bei der Regierungspartei zu den Vorgängen in Dus-Churmâto nicht äußern. Inoffiziell lässt man bei der Kurdisch Demokratischen Partei jedoch durchblicken, dass man in der Türkei einen verlässlichen Partner sieht. Den Risikofaktor hingegen sieht man eher im Iran. Nicht überraschend. Denn während Kurdenführer Talabani und seine PUK sich traditionell nach Teheran ausrichten, orientiert Barzani sich in Richtung Türkei. Dort hält man ihn sozusagen für den"guten" Kurden, einen starken Mann, mit dem man gegen die kurdische Arbeiterpartei, die PKK, zusammenarbeiten kann. Und wie der Talabani-Clan mit iranischen Partnern, ist der Barzani-Clan mit türkischen Unternehmen gut im Geschäft. So gut, dass es vielen in den Cafés von Erbil längst zu weit geht. Ein junger Mann beklagt sich erbittert über die Geschäftemacherei.
    "Ich betrachte Barzani nicht als meinen Präsidenten. Er sorgt sich nicht um die Gesellschaft und unsere Menschen, sondern um seinen eigenen Profit. Es geht ihm und seiner Familie um gute Beziehungen zur Türkei. Wohin fließt schließlich unser ganzes Öl? Alle Artikel auf unseren Märkten stammen aus der Türkei. Barzani hat die kurdische Autonomieregion der Türkei als eine Art von Kolonie geschenkt."
    Reguläre Streitkräfte unüberlegt in die komplexe Gemengelage instabiler islamischer Staaten zu senden – unter westlichen Außen- und Verteidigungspolitikern gilt das heute als der entscheidende Kardinalfehler, als die Ursache, weshalb der Antiterrorkrieg in Afghanistan und anderswo gescheitert ist. Doch scheiterten die Antiterroroperationen wirklich nur daran? Gingen sie nicht auch deshalb schief, weil westliche Regierungen sich die falschen einheimischen Partner suchten: Warlords, Stammesfürsten und geschäftemachende Feudalherren? Partner wie diese präsentieren sich selbst zwar gerne als Garanten für den Sieg. Tatsächlich könnten sie eher etwas anderes sein: Vorboten der Niederlage.