Montag, 13. Mai 2024

Archiv


Klappern für mehr Geld

Laut DAAD-Präsident Stefan Hormuth will der Auslandsdienst mit einem neuen Aktionsprogramm die Internationalität deutscher Hochschulen steigern. Das gelte sowohl für die Studierenden, denen ein Auslandsaufenthalt trotz verkürzter Studienzeit dank Bachelor und Master ermöglicht werden soll, als auch für die Lehrenden. Nach Ansicht Hormuths müsse dazu der Etat des DAAD um ein Drittel angehoben werden.

Moderation: Kate Maleike | 24.06.2008
    Kate Maleike: Qualität durch Internationalität - das hat sich der Deutsche Akademische Austauschdienst als Leitmotto sozusagen für seine Arbeit in den kommenden vier Jahren auf die Fahnen geschrieben. Ein neues Aktionsprogramm wurde heute in Berlin verabschiedet auf der Mitgliederversammlung. Stefan Hormuth ist am Telefon, der Präsident des DAAD. Guten Tag, Herr Hormuth.

    Stefan Hormuth: Guten Tag.

    Maleike: Welche Ziele hat denn das Aktionsprogramm?

    Hormuth: Das Aktionsprogramm hat auf der einen Seite quantitative Steigerungen. Das heißt, dass wir wollen, dass mehr ausländische Studierende nach Deutschland kommen, dass deutsche Studierende noch mehr ins Ausland gehen, aber ein ganz wichtiger Teil ist vor allen Dingen auch, dass wir die Qualität unserer Studienangebote steigern. Wir wissen, dass ausländische Studierende natürlich ganz bestimmte Probleme im Studium haben, auf die müssen wir mehr eingehen können.

    Maleike: Ausländische Studierende brechen nämlich fast zur Hälfte hier in Deutschland das Studium ab, das ist eine sehr hohe Abbrecherquote. Und wie Sie selber ja auch in einer Studie mit dem HIS zusammen herausgefunden haben, liegt das hauptsächlich am komplizierten Studiensystem in Deutschland und an der nicht gelungenen Integration, denn die ausländischen Studierenden fühlen sich hier in Deutschland nicht wirklich angenommen. Was können Sie als DAAD zur Verbesserung anbieten?

    Hormuth: Das Erste ist die Frage, fühlen sie sich angenommen. Wir tun vom DAAD aus eine ganze Reihe von Dingen, um die Funktion der Hochschulen als Gastgeber zu stärken, Betreuungsprogramme, Tutorien und vieles andere. Dann müssen wir vor allen Dingen aber auch versuchen frühzeitig festzustellen, welche Studienvoraussetzungen und welche Sprachvoraussetzungen die ausländischen Studierenden mitbringen, um sie gezielt unterstützen zu können. Dazu haben wir verschiedene Tests auch zu Studienfähigkeit, zu den Studienvoraussetzungen und zu den Sprachvoraussetzungen, die gar nicht mal so sehr als Schwelle, sondern wirklich als Instrumente, mit denen man gezielt unterstützen kann, gedacht sind. Und dann haben wir aber auch festgestellt, dass die Art der Lehre, die viel auf die aktive Teilnahme in den Seminaren setzt, das ist natürlich vor allen Dingen für Studierende, die aus Ländern kommen, in denen vor allen Dingen auch an den Hochschulen noch Frontalunterricht ist, eine Schwelle, die nicht nur eine sprachliche Schwelle ist. Und auch da müssen wir ihnen helfen.

    Maleike: Jetzt nehmen wir die andere Seite, also die deutschen Studierenden, die ins Ausland gehen. Die Zahl liegt, damit wir auch mal eine Größenordnung haben, bei ungefähr 70.000. Ist das richtig?

    Hormuth: Das ist richtig, ja.

    Maleike: Da haben wir ja eine große Mobilität. Also die deutschen Studierenden sind mobil wie kaum eine andere Nation, aber durch die Umstellung auf Bachelor und Master gibt es viele Studierende, die das Auslandssemester nicht mehr einbauen können, sich den Gang ins Ausland nicht mehr gönnen - in Anführungszeichen - weil es einfach nicht mehr in ihren Studienablauf passt. Was wollen Sie dahingehend in die Qualität stecken?

    Hormuth: Das ist richtig, früher gab es mehr Spielräume im Studium und da konnte man auch mal individuell entscheiden, wann man gehen will. Wir wissen heutzutage, gerade bei den recht durchorganisierten Studiengängen des Bachelors und des Masters müssen wir die Hochschulen dabei unterstützen, dass sogenannte Mobilitätsfenster eingebaut werden. Dafür gibt es ganz viele Möglichkeiten. Die eine Möglichkeit ist, dass in einem Studiengang Auslandsaufenthalte oder ganze Auslandssemester vorgeschrieben werden. Hochschulen können gemeinsame Studienabschlüsse mit ausländischen Hochschulen entwickeln und anbieten, Praktika im Ausland können Elemente sein und vieles andere. Das heißt aber, Studiengänge müssen internationalisiert werden und von vornherein internationale Aufenthalte vorsehen.

    Maleike: Jetzt noch mal zurück auf Ihr Aktionsprogramm. Was wollen Sie in dieser Hinsicht bestärken? Was soll passieren, damit deutsche Studierende besser ihren Auslandsaufenthalt organisieren können?

    Hormuth: Erstens mal, der DAAD ist ja auch für die Erasmus-Studierenden zuständig. Hier haben die Zahlen in letzter Zeit nicht mehr angezogen. Das heißt, wir müssen dringend sehen, und das ist nicht nur eine deutsche, sondern eine europäische Frage, inwieweit das Erasmus-Programm attraktiver gemacht werden muss. Wir werden zunehmend auch mehr Semesterstipendien vergeben innerhalb Europas, weil wir sehen, dass das klassische Jahresstipendium eigentlich im Rahmen der neuen Studiengänge zu lang ist. Das heißt also, wir stellen uns darauf ein mit der Umstellung unserer Förderpraxis auch. Und was wir auch versuchen wollen - und ich denke, das ist ganz wichtig - dass die Hochschulen auch, die ja häufig in europäischen Netzwerken eingebunden sind, diese Möglichkeiten mehr nutzen und dazu ermuntert werden.

    Maleike: Jetzt haben wir viel über die Mobilität von Studierenden gesprochen. Natürlich gehört für eine internationale Hochschule auch die Mobilität der Professoren dazu, der wissenschaftlichen Mitarbeiter. Was wollen Sie da verändern oder sagen wir mal betonen?

    Hormuth: Wir wollen vor allen Dingen, dass mehr internationale Dozenten und Professoren und Professorinnen an deutsche Hochschulen kommen. Sowohl in der Förderung von Kurzaufenthalten, aber auch in der Förderung von Berufungen insgesamt. Und hier gibt es Probleme, die nicht der DAAD allein bewältigen kann. Da ist zum Beispiel auch die Hochschulrektorenkonferenz dran. Wir sind in Gesprächen mit der Bundesregierung, weil ganz grundlegende Probleme bewältigt werden müssen, wie zum Beispiel die Übertragbarkeit von Pensionsansprüchen zwischen verschiedenen Ländern und ähnliches. Aber eine Internationalisierung des Lehrkörpers und der Forscher an deutschen Universitäten, das ist ein ganz, ganz wichtiges Ziel, in dem wir in Deutschland gerade im Vergleich zu manchen kleineren Nachbarländern wie zum Beispiel Niederlande und Schweiz weit zurück sind.

    Maleike: Für all diese Arbeiten, die Sie gerade genannt haben, für die neue Qualität durch Internationalität, für das Aktionsprogramm benötigt auch der DAAD mehr Geld, zumindest fordern Sie das. Was fordern Sie denn?

    Hormuth: Was ich für angemessen halte, ist dass der DAAD eine Steigerung seines Etats innerhalb der nächsten vier Jahre um etwa ein Drittel haben müsste, um diese Aufgaben zu erfüllen.

    Maleike: Was heißt das in Zahlen?

    Hormuth: Mit anderen Worten, wir haben im Moment aus Mitteln, die sowohl von der deutschen Bundesregierung, von der EU, von Partnerländern sind, einen Etat von 300 Millionen Euro. Das heißt, eine Steigerung auf 400 Millionen Euro in den nächsten Jahren würde uns helfen, einige von diesen Aufgaben in Angriff zu nehmen.

    Maleike: Das sind vorwiegend Bundesmittel, das haben Sie angesprochen. Was macht Sie hoffnungsfroh, dass das tatsächlich kommen wird, diese Erhöhung, denn wir wissen ja, dass der Haushalt, was Bildung angeht, zurückgeht.

    Hormuth: Ja, also das ist ein alarmierendes Zeichen, dass die Bildungsausgaben zurückgehen. Aus unserer Sicht ist Bildung eine der wichtigsten Investitionen. Zuversichtlich auf der anderen Seite macht mich, dass die Bundesregierung ein Internationalisierungsprogramm für die Wissenschaft verabschiedet hat, dass das Auswärtige Amt das Thema Außenwissenschaftspolitik auf eine Art und Weise thematisiert und auch umsetzt, wie das in der Vergangenheit nicht der Fall war. Das heißt also, es gibt durchaus positive Zeichen, aber es gibt eine enorme Konkurrenz um die Ausgaben. Wir wollen mal hoffen, dass wir vielleicht diesmal Wahlen mit Bildung gewinnen können.

    Maleike: Das hoffen wir doch alle mal schwer. In Campus & Karriere war das Professor Stefan Hormuth, Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes. Dieser hat heute ein neues Aktionsprogramm vorgestellt, das deutschen Hochschulen mehr Qualität durch Internationalität bescheren soll.