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Klarer Fall für den Forscher

Zehn Fichten unter täglicher Kontrolle in Wohnzimmeratmosphäre – so lautete die Versuchsanordnung. Die Weihnachtsbäume wurden Anfang November im Wald geschlagen und dann im Fakultätsgebäude aufgestellt. Professor Claus-Thomas Bues wollte im ersten Teil des Experiments zunächst eine alte Regel aus dem Mondkalender überprüfen.

Axel Köhn | 18.12.2003
    Beim Studium alter Quellen sind wir auf eine Mondregel gestoßen: Drei Tage vor dem 11. Mond geschlagene Fichten und Tannen verlieren ihre Nadeln nicht. Und passend zur Weihnachtszeit haben wir uns diese Regel vorgenommen und haben drei Tage vor dem 11. Mond gefällte Fichten aufgestellt und haben sie jetzt 40 Tage lang untersucht.

    Ergebnis: Die Nadeln fallen am Ende des Experiments schon bei der geringsten Berührung ab. Der Einfluss des Mondes ist somit fragwürdig. Wo doch Menschen neben der Weihnachtsbaumernte auch andere Dinge im Leben nach den Mondphasen ausrichten: die große Wäsche, Operationen oder den Friseurtermin. Dies alles sei viel zu unwissenschaftlich, solchen und ähnlichen Vorwürfen war Professor Claus-Thomas Bues in den vergangenen Wochen oft ausgesetzt.

    Viele Kollegen sehen diese durchaus esoterische Fragestellung als unwissenschaftlich an. Es ist ja auch nicht reine Wissenschaft. Aber wenn wir uns noch mal das Holz vornehmen, bei bestimmten Mondphasen geschlagenes Holz wird bis zu 30 Prozent teurer verkauft. Und dafür kann der Kunde etwas erwarten. Wenn aber nichts dran ist, dann hat er 30 Prozent mehr Geld ausgegeben für ein Produkt, das wertlos ist.

    Die Forstwissenschaftler hatten bereits vor drei Jahren mit Fichten-Zweigen experimentiert. Diesmal sollte es ein großer Versuch zum Anfassen und Schmunzeln werden, auch mit Tipps für die richtige Weihnachtsbaumpflege zu Hause. Jens Triebel, wissenschaftlicher Mitarbeiter:

    Wir haben ein bisschen rumgehört, bei verschiedenen Förstern, bei Baumnutzern, vor allem aber bei Weihnachtsbaumhändlern, was denn so ihnen für unterschiedliche Hilfsmittelchen bekannt sind, um die Lebensdauer der Weihnachtsbaumfreuden zu verlängern.

    Ein Weihnachtsbaumständer gefüllt mit Wasser oder mit einer Lösung aus Wasser und Spülmittel, Wasser und Salz oder Wasser und Zucker – vielleicht hilft auch feuchter Sand, ein angeritzter Stamm oder tägliches Besprühen der Nadeln? All das haben die Forstwissenschaftler ausprobiert. Und: Einfachheit siegt.

    Wir stehen jetzt vor unserem Topfavoriten, dem Baum in einfachem Wasser, täglich gegossen. Sie sehen hier eine satte grüne Nadel, vollkommenes Nadelkleid. Die Nadeln sind weich und kuschelig. Na gut, es wird niemand mit dem Weihnachtsbaum kuscheln wollen, aber selbst wenn ich den Zweig sehr kräftig in die Hand nehme, bleiben die Nadeln am Zweig. Und das ist ja genau das, was wir von einem Weihnachtsbaum erwarten.

    Ein frischer Baum braucht in den ersten Tagen anderthalb Liter Leitungswasser täglich, danach reicht ein halber Liter völlig aus. Bleibt noch die Frage, ob der Stamm angeritzt werden sollte oder nicht.

    Was die Qualität der Nadelhaltbarkeit anbelangt kein Unterschied. Aber wir denken, dass man als Ergebnis hier formulieren kann: Bevor sich der Baumverantwortliche in der Familie noch mit dem großen Brotmesser in den Daumen schneidet beim Ritzen des Stammes, dann lieber die ganz normale Variante nehmen: den Baum in einen Eimer Wasser stellen und alles wird gut. Der Baum wird sicher benadelt die Weihnachtszeit überstehen.

    Die Ergebnisse des Experiments gelten nur für Fichten. Die habe man absichtlich ausgewählt, meint Professor Claus-Thomas Bues. Denn Nordmanntannen zum Beispiel nadeln erst sehr viel später, damit hätte der Versuch keinen Sinn gemacht. Nach 40 Tagen täglicher Baumpflege hat der Professor nun erst einmal genug. Ein echter Baum kommt ihm in diesem Jahr zu Weihnachten nicht ins Haus.

    Ich habe zu Weihnachten einen hölzernen Baum, so wie es sich für einen Professor für Forstnutzung gehört. Eine Laubsägearbeit bemalt, denn ich habe mich jetzt so viel mit nadelnden Bäumen beschäftigt, ich möchte keine nadelnden Bäume mehr sehen.