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Kleinhirn mit Zukunft

Das sind die Vorboten des Post-PC-Zeitalters: Internetfähige Handys, PDAs und andere Geräte, die drahtlos mit ihrer Umgebung kommunizieren. In München trafen sich in der vergangenen Woche Experten zu einer Konferenz zu diesem so genannten "Pervasive computing".

Von Wolfgang Nitschke | 14.05.2005
    Eigentlich sei die Sache gar nicht so schwer sagt Dr. Albrecht Schmidt, Leiter der Forschungsgruppe "Eingebettete Interaktionen" an der Ludwig Maximilians Universität München. Man müsse sich halt bemühen, den Minicomputern Augen, Ohren oder Nase zu geben mit denen sie den Nutzungskontext ihres Besitzers erfassen um dann Informationen in maßgeschneiderter Form an diesen zurückgeben zu können.

    "Das heißt: Um sich in der Umwelt intelligent bewegen zu können, um in der Umwelt angemessen reagieren zu können, ist es notwendig, diese wahrzunehmen. Und da ist es so, die Verwendung von Sensoren ermöglicht es bis zu einem gewissen Grad zu verstehen, in welcher Situation man sich befindet und das kann ausgenutzt werden."

    Rauchmelder sind da ein bekanntes Beispiel – aber auch ein sehr simples. Die digitalen Helfer der Zukunft können mehr, als nur Feuer erkennen. Friedemann Mattern, Professor für "Verteilte Systeme und pervasive computing" an der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich:

    "Ein Beispiel ist ein Schlüsselbund, das merkt, ob es in meiner Nähe ist. Wenn es nicht in meiner Nähe ist, dann auf der Homepage des Schlüsselbundes vermerkt, wo der Schlüssel sich gerade befindet oder mir eine SMS schickt. Noch interessanter wird die Sache dann, wenn der Schlüssel noch mit Kreditkarte und Geldbeutel vernetzt ist. Alle drei wissen, dass sie zusammengehören und sich für gewöhnlich in meiner Jackentasche gemeinsam in ein und die selbe Richtung bewegen. Stellt die Kreditkarte aber fest, dass der Schlüssel nicht da ist, schlägt sie Alarm und wenn der Geldbeutel die Kreditkarte vermisst, klingelt mein Handy."

    Was sich alles eigentlich sehr praktisch anhört, hat aber auch einen Haken. Wenn ein Schlüsselbund auf seiner Homepage immer vermerkt, wo er sich gerade befindet, wird sich dafür sicher nicht nur sein Besitzer interessieren, insbesondere dann, wenn der Schlüsselbund einsam und verloren an irgendeiner Straßenecke liegt und klagt, dass er seine Freundin, die Kreditkarte vermisst. Dr. Albrecht Schmidt:

    "Was man auch in der Forschung sehr stark betrachtet, wird als "pirvacy" bezeichnet – die Privatsphäre. Durch diese Technologien, die Sachen erkennen, kommunizieren, kann man durchaus Systeme bauen, die das aufs Spiel setzen und in verschiedenen Forschungsarbeiten beschäftigen sich Leute mit der Thematik, wie kann ich grundsätzlich verhindern, dass solche Dinge dann ausgenutzt werden können, ohne gleichzeitig keinen Mehrwert mehr für den Benutzer geben zu können. Es scheint also sehr häufig so ein Punkt zu sein, wo wir nach einer Möglichkeit suchen, dass wir einen Mehrwert für den, der es nutzen möchte, erzeugen, wo wir aber die Risiken minimieren möchten, die für die Privatheit dadurch entstehen."

    Das Risiko ist den Forschern also durchaus bewusst und sie sind sich sicher, die Probleme in den Griff zu bekommen. Und dann steht der schönen, neuen, digitalen Welt wenig im Weg. Friedemann Mattern:

    "Technisch sind wir davon überzeugt, dass die Prozessoren noch kleiner werden, die Sensoren noch billiger, die Kommunikation noch besser möglich sein wird - die drahtlose Kommunikation – so dass sich damit hoch spannende Anwendungsmöglichkeiten ergeben. Zum Beispiel: Stellen wir uns vor, dass normale Produkte – nehmen wir eine Bohrmaschine – smart wird. Nicht richtig intelligent, aber smart wird und zum Beispiel erkennt, wann sie abgenutzt ist, wann ein Teil repariert werden muss, ob ein Originalteil eingesetzt wird oder etwas aus einem grauen Markt erstanden wurde. Das heißt, dass Produkte mit einer gewissen Intelligenz ausgestattet sind – nicht um uns verrückt zu machen, sondern um uns zu helfen, das Leben angenehmer zu machen. Dass eine Kaffeemaschine nicht mehr ein halbes Jahr Garantie gibt, sondern 5000 Tassen, was sehr viel besser wäre. Jemand, der es weniger benutzt, hat länger Garantie, jemand, der es häufig nutzt, hat weniger Garantie. Also: smarte Produkte werden kommen, zum Nutzen der Kunden und zum Nutzen der Hersteller hoffentlich auch."