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Klimafolgen
Neue Schäden am Great Barrier Reef

Das Great Barrier Reef vor der Nordostküste Australiens hat in den vergangenen 19 Jahren vier sogenannte Korallenbleichen erlebt, ausgelöst durch steigende Temperaturen. Und das Korallensterben setzt sich fort. Meeresbiologen warnen, dass der größte lebende Organismus der Welt im Sterben liege.

Von Andreas Stummer | 11.04.2017
    Eine Unterwasseraufnahme vom Great Barrier Reef in Australien. Zu sehen sind abgestorbene, graue Korallenbänke.
    Korallenbleiche am Great Barrier Reef (AAP/ARC CENTRE OF EXCELLENCE)
    "And it really was shocking to see the similar levels of severe bleaching this time at the central GBR that I saw last year in the northern third of the reef."
    Das Gesicht von James Kerry war so kalkweiß wie die schier endlosen Reihen abgestorbener Korallenbänke auf den Fotos, die er beim Überfliegen des Great Barrier Reefs gemacht hatte. Der Meeresbiologe von der James Cook Universität in Townsville ist schockiert: Auf einer Länge von 1.500 Kilometern sieht das Riff aus wie ein Korallenfriedhof: farb- und leblos. Kerrys Kollege, Professor Terry Hughes, fürchtet, dass sich weite Teile des Great Barrier Reefs nicht mehr erholen werden.
    "Wieder stehen wir vor den Folgen einer Massen-Korallenbleiche am Great Barrier Reef. Damit sind jetzt 90 Prozent des gesamten Riffs betroffen. Nach der Bleiche im vergangenen Jahr sind jetzt zwei Drittel des Great Barrier Reefs durch die Folgen des Klimawandels schwer beschädigt."
    Letztes Jahr war vor allem der nördlichste und unberührteste Teil des 2.300 Kilometer langen Great Barrier Reefs von der Korallenbleiche betroffen, jetzt ist es auch die Mitte des Riffs, das Herzstück der Tourismusindustrie.
    Ein Welt-Naturwunder und die größte Touristenattraktion des Landes
    Abtauchen in ein Unterwasserparadies. Zweieinhalb Millionen Besucher geben jährlich viereinhalb Milliarden Euro aus, um das Riff zu erleben. Col McKenzie spricht für die 65.000 Queenslander, denen das Great Barrier Reef Arbeit gibt. Australien könne es sich nicht leisten ein Welt-Naturwunder und die größte Touristenattraktion des Landes zu verlieren. "Schlimme Zeiten", brummt Col, erforderten deshalb drastische Maßnahmen.
    "Wir sollten überlegen Schutzzonen am Riff einzurichten in denen wir kaltes Wasser von tief unten an die Oberfläche pumpen und die Korallenbänke so abkühlen. Suchen wir uns ein paar Riffe aus und erhalten sie als eine Art Meeresbank, um das Überleben der Korallen auch in Zukunft zu sichern."
    Das Ausdehnen des Meereschutzgebietes oder weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität haben bestenfalls kosmetische Wirkung. Am Riff ist das Wasser wärmer als die Luft, 31 Grad Durchschnittstemperatur – bis zu vier Grad über normal. Die Folge weltweiter Schadstoffemissionen, die das Meer aufheizen. Der australische Meeresbiologe Charlie Veron glaubt: Solange die australische Regierung weiter auf schmutzigen Kohlestrom statt grünerer Alternativen setzt, solange Australien weiter Kohle in Rekordmengen exportiert – solange wird dem Great Barrier Reef das Wasser bis zum Hals stehen.
    "Die Korallen passen sich nicht so schnell an diese rapide steigenden Temperaturen an – deshalb sterben sie. Dafür ist nicht die Natur, dafür sind wir verantwortlich. Und es passiert in einem nie zuvor dagewesenenen Tempo.”
    Vier verheerende Korallenbleichen in 19 Jahren
    Meeresforscher Charlie Veron studiert das Great Barrier Reef seit 30 Jahren, über 200 Korallenarten dort hat er benannt. Charlie kann sich nicht erinnern das Riff jemals in einem schlechteren Zustand gesehen zu haben. Vier verheerende Korallenbleichen in 19 Jahren, die beiden letzten in direkt aufeinanderfolgenden Jahren: Charlie Veron sieht schwarz für die Farbenpracht des Great Barrier Reefs. "Der größte lebende Organismus der Welt", warnt er, liege im Sterben.
    "Alle meine schlimmsten Albträume werden Realität. Wir kämpfen einen scheinbar aussichtslosen Kampf gegen Ignoranz und andere wirtschaftliche Interessen unserer Regierung. Dem Riff wurde der Krieg erklärt und wenn wir weiter nichts unternehmen dann werden wir ihn verlieren."