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Klimaunterricht in Sachsen
Sensibilisierung für den Klimaschutz

Schmelzende Polkappen, Erderwärmung, zunehmende Wetterextreme - der Klimawandel ist in aller Munde. Doch in Schulen hat das Thema nicht immer viel Platz. Ein Projekt in Sachsen will das nun ändern - und damit die nachwachsende Generation für ein gesundes Klima sensibilisieren.

Von Claudia Euen | 21.08.2017
    Ein kleines Mädchen betrachtet einen beleuchteten Globus, aufgenommen am 13.12.2009 in Straubing (Niederbayern).
    Das Projekt "Klimaschule" wird vom Sächsischen Umwelt- und Bildungsministerium mit 60.000 Euro unterstützt. (dpa / Armin Weigel)
    Ein altehrwürdiges Schulgebäude im Leipziger Süden. Die großen Fenster stehen sperrangelweit offen, frische Luft strömt herein. Die Schüler der 9. Klasse sind konzentriert. Lehrerin Constanze Schwind hält ein Bild in der Hand, auf dem die Erde als Scheibe in Form eines Eineurostücks zu sehen ist.
    "Was ist noch etwas, was wir von der Erde abgreifen, was wir uns einfach nehmen, so wie wir die Dinge bei Amazon bestellen können", fragt Schwind in die Klasse.
    "Kohle, ja, Erdöl, Holz, richtig, was noch?"
    In der ersten Unterrichtsstunde an diesem Tag geht es um Konsum und darum, welche Folgen unser Lebenswandel für unsere Erde hat.
    "Seit dem Jahr 1751 hat die Menschheit so viele fossile Rohstoffe verbraucht, wie in 13.300 Jahren auf der Erde an Pflanzenmasse nachwächst. "
    "Das erste Mal, dass es so ins Detail geht"
    Die Welt als großer Selbstbedienungsladen - ganz neu ist das für die Schüler nicht, aber der Klimawandel brannte ihnen bisher nicht unter den Nägeln.
    "Also es ist nicht ein Thema, über dass ich mich stundenlang unterhalte. Über Klimaschutz hatten wir schon mal geredet, aber nicht so ausführlich. Es ist schon das erste Mal, dass es so ins Detail geht", sagen Clara und Ferdinand.
    Seit diesem Schuljahr ist das Louise-Otto-Peters-Gymnasium "Klimaschule" in Sachsen - ein Projekt, dass das Sächsische Umwelt- und Bildungsministerium mit 60.000 Euro unterstützt. Zwei Jahre lang können zehn ausgewählte Schulen im Freistaat Bücher und Sachmittel anschaffen, Klimaexperten einladen, Veranstaltungen organisieren.
    Das Ziel: Schüler für Klimaschutz sensibilisieren
    Umweltschutz sei Generationenaufgabe, hatte Kultusministerin Brunhild Kurth zur Auftaktveranstaltung gesagt. In Leipzig wollen die Lehrer nun gemeinsam mit den Schülern einen Klimaaktionstag ins Leben rufen, einen Klimaschutzplan erstellen, Altpapier sammeln, den Schulgarten pflegen, Müll trennen - für die verantwortliche Lehrerin Felicitas Hampel ein längst überflüssiger Schritt.
    "Das Problem ist, dass es halt in den Lehrplänen nur bedingt thematisiert wird. Man findet gerade in Geographie und auch in anderen Fächern mal kleine Anknüpfungspunkte, aber eigentlich nicht so groß, dass man das ausweiten kann. Deswegen haben wir jetzt den naturwissenschaftlichen Profil-Unterricht dort als Punkt genommen, wo wir ein bisschen Spielraum haben, um das einbringen zu können."
    Die neunten Klassen werden sich im kommenden Jahr mit nachwachsenden Rohstoffen beschäftigen, die achten mit atmosphärischen Grundlagen und in Klasse zehn steht das Thema Nachhaltigkeit auf dem Stundenplan. Das Ziel: Schüler für Klimaschutz sensibilisieren. Denn grüne Bildung ist noch immer die Ausnahme - und dass in Zeiten, in denen das Eis in der Arktis schmilzt und Ökoparteien trotzdem an der 5-Prozent-Hürde kratzen.
    Faktenwissen allein reicht nicht
    Für Felix Ekardt, der in Leipzig und Berlin die Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik betreibt, sei Klima schlecht kampagnenfähig, da wir nur bei uns selbst Abstriche machen können.
    "Natürlich spielen auch Bildungsprojekte in so einem Rahmen eine Rolle und sind erst mal zu begrüßen. Gleichzeitig muss man wissen: Faktenwissen und Werthaltung sind immer nur ein Teil der menschlichen Motivation. Bisher ist es so, dass gebildete, schlaue, grüne junge Leute häufig einen größeren ökonomischen Fußabdruck haben als die sprichwörtliche Rentnerin, die noch nie was vom Wort Nachhaltigkeit gehört hat - weil die vielleicht nicht mehr Auto fahren aber in den Urlaub fliegen oder mal eine Fernreise machen und sei es die besonders esoterisch alternative Wanderung irgendwo in Feuerland."
    Ekardt ist zudem Professor für Rechtsphilosophie und im Vorstand des BUND Sachsen. Weil heute die Fernreise sinnstiftend und das tägliche Schnitzel unverzichtbar geworden ist, sagt er, bleibe der Kampf ums Klima eine Herausforderung. Yanneck und Clara an der Louise-Otto-Peters-Schule wollen sich ihr stellen. Bewusstwerdung ist dabei der erste Schritt.
    "Also ich fahre Fahrrad, oft, zum Training und zur Schule mit der Straßenbahn. Wir machen das schon so, dass wir auch nicht Plastiktüten nehmen, sondern Papptüten und so was alles und eher laufen und das Auto eher stehen lassen, aber wir müssen auch heizen."