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Klosterschließung
Die Braut Christi muss raus

Claudia Schwarz möchte Nonne werden. Sie zog ins Kloster Altomünster bei Dachau. Doch aus dem Kloster soll ein Tagungszentrum werden. Schwarz blieb, kämpfte gegen die Schließung und wurde aus Sicht der katholischen Kirche eine Hausbesetzerin. Jetzt fügt sie sich dem Vatikan - und zieht aus.

Von Tobias Krone |
    Claudia Schwarz, die in dem aufgelösten Birgitten-Kloster Altomünster lebt und dort Nonne werden will, im Landgericht München II. Der Prozess um die letzte Bewohnerin im aufgelösten Kloster Altomünster und die Vollstreckung einer Räumungsklage der Erzdiözese München und Freising wird fortgesetzt.
    Claudia Schwarz, die in dem aufgelösten Birgitten-Kloster Altomünster lebt und dort Nonne werden will, im Landgericht München II. (picture alliance /dpa / Lino Mirgeler)
    "Seine Wahrheit ist Schirm und Schild, dass du nicht erschrecken musst vor dem Grauen der Nacht, vor den Pfeilen, die des Tages fliegen, vor der Pest, die im Finstern schleicht...".
    Claudia Schwarz, sitzt auf der Eckbank in einer einfachen Küche. Die roten Haare hat sie zu einem Zopf geflochten, die Hände vorm Gesicht gefaltet, die Augen geschlossen. Den Segen des Besuchers ihrer Osterandacht scheint sie zu genießen wie eine warme Dusche.
    In der Küche riecht es stark nach Rauch, kein Weihrauch. Zigaretten. Claudia Schwarz und ihre Unterstützer sind hier gewissermaßen im Exil.
    Schwarz erzählt: "Ursprünglich war es bei uns in der Gästehauskapelle des Klosters. Und das wurde dann aber vom Ordinariat aus untersagt. Da wurde die Kapelle einfach zugesperrt. Und am selben Tag habe ich dann auch schon draußen gebetet. Und dann kamen die Nachbarn, haben das gesehen und gesagt: Also, jetzt in der Kälte im Februar, da machen Sie das nicht draußen, da kommen Sie bei uns in die Küche."
    Seitdem findet die Andacht zweimal in der Woche bei den Nachbarn statt. Alle wollen hier gerne anonym bleiben. Denn was sie machen, ist schließlich Protest – mit dem historischem Vorbild der Epoche der Säkularisierung.
    "Wir beten ursprünglich für die Erhaltung des Klosters, jetzt seit letzter Woche für die Wiederherstellung des Klosters. Das haben unsere Vorfahren 39 Jahre lang gemacht – von 1803 bis 1842, bis dann da auch wiedereröffnet werden durfte."
    Unbequeme Gegnerin
    Claudia Schwarz hat mit allen rechtlichen Mitteln gegen die Kirche geklagt, die sie aus dem Kloster Altomünster werfen – und die Gebäude zum Tagungszentrum machen will. Für das Erzbistum München-Freising ist sie eine Hausbesetzerin. Bei den ehemaligen Klosterbewohnerinnen sieht man das anders. Schwarz sei eine Postulantin, eine Art Nonne im Praktikantinnenstatus – und als diese hielt sie im Birgittenkloster Altomünster die Stellung. Bis heute. Der Vatikan in Rom hatte es aufgelöst – und hat nun die Rechtmäßigkeit dieses Aktes bestätigt. Claudia Schwarz zweifelte das lange an. Wie hier in einem Interview Anfang März.
    "Der offizielle Grund ist wohl, dass es zu wenige Schwestern gäbe...", sagte sie.
    In Altomünster, einem barocken Kloster mit schiefen Wänden, langen engen Fluren und Biedermeiermöbeln, lebte am Schluss nur noch eine richtige Ordensschwester und die ist im Rentenalter: Apollonia Buchinger. Sie musste vergangenes Jahr ausziehen. Schwester Apollonia ist aufgrund ihres Gelübdes zu Gehorsam verpflichtet. Claudia Schwarz dagegen blieb. Sie hatte Zweifel an der Rechtmäßigkeit.
    Sie sagt: "Es wurde immer behauptet, es stünde irgendwo, also die apostolische Kommissarin hat das behauptet: ‚Sie können sich darauf verlassen. Ich weiß jetzt nicht genau den Kanon‘ – also Kanon ist im Kirchenrecht das, was man im weltlichen Recht Paragraf nennt – ‚also ich weiß zwar den Kanon jetzt nicht ganz genau, aber Sie können sich drauf verlassen, sechshundertirgendwas, da steht’s. - Es steht da nicht. Es konnte mir bis jetzt keiner sagen, wo das stehen soll."
    Mit Claudia Schwarz hatte das Bistum eine denkbar unbequeme Gegnerin. Sie ist nämlich gelernte Juristin. In Rom hat sie gemeinsam mit Schwester Apollonia die Entscheidung anfechten lassen. Bis zur letzten Entscheidung durfte sie, so ein Vergleich mit dem Bistum München-Freising, hier noch wohnen bleiben. Doch diese Entscheidung kam vor zehn Tagen – ihr wird sich nun auch Claudia Schwarz fügen.
    Begonnen hatte die Geschichte 2014: Ein Priester hatte Claudia Schwarz nach der Oster-Beichte gefragt, ob sie nicht Nonne werden wolle. Ihre blauen Augen leuchten, während sie von dem Moment erzählt.
    "Ein tolles, altes, stimmungsvolles Gemäuer"
    "Und ich hab gedacht: Ja! Ja!!! Ich habe schon überlegt. Aber ich muss ja berufen sein. Und ich hab immer gewartet, dass die Berufung kommt. Aber sie kam ja nie."
    Im März klingelte sie dann zum ersten Mal an der Pforte des Klosters.
    Claudia Schwarz erzählt: " ..Das dauert ein bisschen bis man zur Tür kommt. Und während dieser Wartezeit hatte ich schon ein etwas mulmiges, flaues Gefühl im Bauch und habe gedacht: Naja, das ist eine Entscheidung fürs ganze Leben, das wäre jetzt fatal, wenn es eine falsche Entscheidung wäre. Aber all die Bedenken waren sofort weg, als Mutter Apollonia mir die Tür aufgemacht hat und mich angestrahlt hat und mich hereingeführt hat ins Empfangszimmer. Damals waren ja die Reliquien noch da, da stand dann die Schädelreliquie des heiligen Alto. Von der hatte ich schon in der Zeitung gelesen. Dann führte sie mich durch das ganze Gebäude. Überall schöne Bilder und Skulpturen, und – ein tolles, altes, stimmungsvolles Gemäuer."
    Claudia Schwarz entschied sich für das Gemäuer. Auch wenn das Bistum mit Räumung drohte. Auch wenn ihr regelmäßig das Telefonkabel durchgeschnitten wurde. Ihr ging es darum, den Geist des Klosters zu erhalten. Neben Schwarz hat es mehrere andere Frauen in ihrem Alter gegeben, die nicht öffentlich sprechen, aber die ebenfalls auf dem Weg waren, Nonne zu werden – in Altomünster. Gemeinsam hätten sie das Kloster erhalten, ist Claudia Schwarz überzeugt. Nicht die Kirche, sondern deren Bürokraten hätten das verhindert.
    "Also das ist nicht die Kirche, sondern eine Verwaltungsbehörde, die im kirchlichen Dienst steht, aber nicht die Kirche ist. Also das ist das Ordinariat. Im Grunde genommen können einem die Leute auch leidtun. Die haben natürlich eine Loyalitätspflicht gegenüber ihrem Dienstherrn und müssen das dann ausführen, auch wenn sie selber das vielleicht jetzt nicht so toll finden. Ich bin von daher froh, dass ich jetzt nicht in deren Rolle stehe. Sondern auf der Seite bin, wo ich vielleicht jetzt mal verloren habe, aber alles was ich gemacht habe, da habe ich wirklich den Eindruck, dass es im Willen Gottes war."