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Kurt Weill - Dreigroschen-Oper

Dem Titel der Sendung gerecht wird vor allem die für heute letzte CD, die bereits jetzt zu den spektakulärsten Neuproduktionen zum Weill-Jahr gehört. Nicht zuletzt der folgende Star des Unterhaltungsgeschäfts steht dafür spektakulär ein: * Musikbeispiel: Kurt Weill - 'Ballade von der sexuellen Hörigkeit' aus: Dreigroschen-Oper Die Figur der Mrs. Peachum aus Brecht/Weills 'Dreigroschenoper' mit Popstar Nina Hagen zu besetzen, erscheint zunächst spektakulär und verkaufsorientiert - ist jedoch durchaus folgerichtig, wenn man der Weill'schen Ästhetik zu folgen anstrebt. Die schrille Rock- und Punk-Sängerin verkörpert genau jenen Darstellerinnen-Typus, der den Übergang von unterhaltend zu ernst und zurück geradezu spielend bewältigt und ein Gutteil Charisma ins Interpretenfeld bringt. In letzterem dominieren Akteure nicht-klassischer Art: Winnie Böwe als Lucie, Timna Brauer als Jenny, Max Raabe als Macheath und Jürgen Holtz als Erzähler nehmen das parodistische Drama um den Gangster Macheath und die Verwicklung der Polizei ins Verbrecher- und Rotlichtmillieu unzweifelhaft ernst, lösen es jedoch deutlich ab aus jeglichem Opernbereich. Das Ensemble Modern, von Heinz Karl Gruber geleitet, kontrapunktiert: Interpretatorisch schließen die Spezialisten Neuer Musik bei ihrem im '98er Jahr erschienenen Eisler-Album an. Auch der Musiker Weill hält manche Überraschung parat. Hier offenbart sich ein Komponieren von gestischer Präzision, genau kalkulierter klanglicher und theatralischer Wirkung. Vor allem im Bläsersatz sorgt das zeitgenössisch fundierte Ensemble für Drive und Transparenz und verdeutlicht so die Vielschichtigkeit der Songs und Szenencollagen. Zugrunde liegt der im Hessischen Rundfunk produzierten CD, die bei BMG Classics erschien, eine neue kritische Notenausgabe von Edward Harsh. Sie berücksichtigt neben der Uraufführungsfassung von 1928 frühe Plattenaufnahmen sowie im Improvisiertes aus dem Theaterbetrieb der Zeit. Auch hier liegt eine Kurzfassung vor, die Gesprochenes auf Zwischentexte reduziert und sich ganz auf die gesungenen Szenen fixiert. Höhepunkt neben den diversen gut bekannten Brecht/Weill-Hits ist dabei das sogenannte Dritte Dreigroschen-Finale - mit seiner Persiflage auf die klassische Oper und einem Choral von unbeschreiblicher Abgründigkeit. * Musikbeispiel: Kurt Weill - Finale Nr. 3 aus: Dreigroschen-Oper Brecht/Weills 'Dreigroschen-Oper' neuproduziert mit dem Ensemble Modern und einer Reihe namhafter Akteure von Nina Hagen bis zu Max Raabe und HK Gruber. Veröffentlicht ist diese neue CD beim Münchener Label BMG Classics, wo übrigens auch die anfangs vorgestellte Neueinspielung von Weills 'Silbersee' erschien. Soweit Neues vom Tonträgermarkt in unserer Sendung "Die Neue Platte", vorgestellt heute von Frank Kämpfer.

Frank Kämpfer |