Dienstag, 14. Mai 2024

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L. v. Beethoven - Fidelio

Wiewohl der italienische Maestro ohne Zweifel im Mittelpunkt steht, so sind die historischen Ambitionen des Labels Naxos jedoch nicht auf ihn beschränkt. Im vokalen Bereich finden sich zahlreiche namhafte Sängerporträts, in Sachen Oper-Dokumente mit Seltenheitswert. Sensationell zu nennen wäre unter ihnen ein Rundfunkmitschnitt aus Amerika: der "Fidelio" vom 22. Februar 1941 in der MET. * Musikbeispiel: L. v. Beethoven - aus: Fidelio Kirsten Flagstad als Leonore, René Maison als Florestan, Julius Huehn als Pizzarro und Alexander Kipnis als Rocco - und am Pult der Metropolitan Opera Bruno Walter. Wie erschüttert die amerikanischen Rundfunk-Hörer ob ihrer musikdramatischen Botschaft gewesen sein müssen, ist heute kaum mehr zu erahnen. Denn Walter, wie Toscanini geflohen vor Verfolgung und Krieg, stößt hier an, was in jener Zeit viele, und nicht allein Emigranten bewegt: in Beethovens 'Fidelio' haben Menschen Angst und Ohnmacht - und in der Stunde der Todesgefahr unversehens die Rettung erlebt. Selbstverständlich wird in den Aufnahmen nie aktuell politisiert, doch Zeitgeist und Sujet scheinen sich näher als in späteren, besseren, gar heutigen Zeiten zu sein, wo sterile Studioproduktionen den Musikmarkt regieren. Wiewohl noch die Nachkriegsmitschnitte das Werk stark aufgeladen mit Unmittelbarkeit - diese Aufführung hier sticht selbst aus den Walter-Aufnahmen heraus. Insbesondere die Sänger wirken erstaunlich wenig gezähmt; was sie stimmlich aufbieten, überschreitet zuweilen den Rahmen üblicher Norm. Im Freudenduett Florestans und Leonores verwandelt Gesang sich in den Schrei. Und Dramaturgie biegt in Autobiographisches um - als könnte nur ein real Durchlebtes vor allen Schrecken bewahren. Als wäre Musik in erster Instanz, was Seelen, nicht Partituren entwächst. * Musikbeispiel: L. v. Beethoven - aus: Fidelio Kirsten Flagstad als Leonore, René Maison als Florestan. Bruno Walter dirigiert Chor und Orchester der New Yorker MET. Soweit unserer Sendung Die Neue Platte - heute mit drei Historischen Aufnahmen, die beim Label NAXOS erschienen sind. Und zwar Arturo Toscaninis 'Zauberflöte' 1937 in Salzburg, das Wiedereröffnungskonzert in der Mailänder Scala nach dem Krieg und Bruno Walters 'Fidelio' von Februar 1941

Frank Kämpfer | 19.03.2000