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Leipziger Studie
Islamfeindlichkeit in Deutschland hat zugenommen

Viele Deutsche sehen den Islam immer skeptischer: In einer Umfrage der Universität Leipzig gab jeder zweite Befragte an, sich durch Muslime manchmal "wie ein Fremder im eigenen Land zu fühlen". Vor sieben Jahren sei es nur jeder Dritte gewesen. Außerdem hätten die Deutschen mehr Vorbehalte gegen Flüchtlinge.

15.06.2016
    Ein Anhänger des islamkritischen Pegida-Bündnisses hält während einer Kundgebung ein Schild mit der Aufschrift "gib Islam keine chance".
    Islamfeindliches Schild auf einer Pegida-Demonstration. (dpa-Bildfunk / Sebastian Kahnert)
    "Die Ablehnung von Muslimen, Sinti und Roma, Asylsuchenden und Homosexuellen hat noch einmal deutlich zugenommen", sagte Elmar Brähler, einer der Autoren der Studie (hier als PDF abrufbar). Rund 41,4 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass Muslimen die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden sollte. 2009 waren es nur halb so viele. "Für die beiden islamfeindlichen Aussagen ist die Zustimmung unter den Wählerinnen und Wählern der AfD am stärksten", heißt es in der Studie. Aus dem Text geht nicht hervor, wie groß der Anteil derjenigen ist, die den Ansichten "voll und ganz" oder "eher" zustimmten.
    Mehr als 80 Prozent waren zudem dafür, dass der Staat "bei der Prüfung von Asylanträgen nicht großzügig" sein sollte. Vor sieben Jahren waren es 25,8 Prozent. Knapp 60 Prozent sind der Ansicht, dass die meisten Asylbewerber gar nicht wirklich befürchteten, in ihrem Heimatland verfolgt zu werden. So stimmten beispielsweise mehr als 55 Prozent der Aussage zu, dass Sinti und Roma zur Kriminalität neigten.
    Deutliche Polarisierung in Deutschland
    Für die sogenannte "Mitte-Studie 2016" befragten Wissenschaftler der Universität Leipzig in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung, der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Otto-Brenner-Stiftung 2.420 Menschen. Ein weiteres zentrales Ergebnis: "Es gibt zwar keine Zunahme rechtsextremer Einstellungen, aber im Vergleich zur Studie vor zwei Jahren befürworten Gruppen, die rechtsextrem eingestellt sind, stärker Gewalt als Mittel der Interessensdurchsetzung", sagt Oliver Decker von der Universität Leipzig.
    Bei diesen Gruppen habe zudem das Vertrauen in gesellschaftspolitische Einrichtungen wie Polizei und Parteien deutlich nachgelassen. Es habe in Deutschland eine deutliche Polarisierung stattgefunden, sagte der Wissenschaftler: "Beides steht in Deutschland nebeneinander: Wir haben Menschen, die sich aktiv um Flüchtlinge bemühen, und es gibt Menschen, die Flüchtlinge aktiv ablehnen."
    AfD-Politiker Frauke Petry, Alexander Gauland und Beatrix von Storch und andere bei einer Demonstration in Berlin
    "Die von Personen mit rechtsextremen Einstellungen eindeutig präferierte Partei ist die AfD", heißt es in der Studie. (imago / Seeliger)
    Pegida-Anhänger sind häufig rechtsextrem
    Die Autoren der Studie beschäftigten sich auch mit der Pegida-Bewegung. "Wer Pegida befürwortet, ist zumeist rechtsextrem und islamfeindlich eingestellt und sieht sich umgeben von verschwörerischen, dunklen Mächten", sagt Brähler. Alter, Bildungsabschluss oder Haushaltseinkommen spielten dagegen keine Rolle. Rechtsextreme hätten zudem in der AfD eine politische Heimat gefunden. "Die meisten AfD-Wähler teilen eine menschenfeindliche Einstellung", so der Forscher weiter.
    In der Studie ging es auch um die Haltung der Deutschen zu rechtsautoritären Dikaturen. So befürworteten 7,6 Prozent der befragten Ostdeutschen und 4,3 Prozent der Westdeutschen eine solche Staatsform. Vor zwei Jahren waren es demnach noch 5,6 beziehungsweise 3,2 Prozent.
    (hba/stfr)