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Lukaschenkos Krieg der Worte

Wenig schmeichelhaft ist das, was in den letzten Wochen über Weißrusslands Präsident Lukaschenko zu lesen und hören war. Er selbst sieht das natürlich anders. Bei seiner Amtseinführung werden die EU-Botschafter jedoch nicht dabei sein.

Von Robert Baag |
    Gerade einmal vier Wochen ist es her, seit Aleksandr Lukaschenko die Demonstranten auf dem Unabhängigkeitsplatz der weißrussischen Hauptstadt Minsk von seinen Polizeikräften brutal auseinanderknüppeln ließ. Weit über zehntausend Menschen protestieren damals gegen massive Fälschungen bei den vorangegangenen Präsidentschaftswahlen, fordern ihn auf, endlich seinen Posten zu räumen. Angesichts der staatlichen Gewaltexzesse, der Massenverhaftungen und drakonischen Strafandrohungen, lassen schockierte Reaktionen aus den westlichen Hauptstädten nicht lange auf sich warten. Der nicht selten als "letzter Diktator Europas" verrufene Lukaschenko gibt sich einmal mehr höchst unbeeindruckt:

    "Vor euren europäischen Strukturen fürchte ich mich nicht. Mich beschäftigt nur eins: Als Staatspräsident von Weißrussland muss ich mich um mein Volk, um dessen Frieden und Sicherheit kümmern. Die Aufrührer aber werden sich entsprechend unseren Gesetzen zu verantworten haben!"

    Rund 600 Schnellverfahren mit Urteilen bis zu 15 Tagen Arrest - so dann die vorläufige Bilanz nach dieser Vorgabe. Doch noch immer sitzen dreißig Menschen in KGB-Untersuchungsgefängnissen, unter ihnen auch vier Ex-Gegenkandidaten Lukaschenkos. Manche von ihnen sind nach einem Strafgesetz-Paragraphen angeklagt, der ihnen bis zu 15 Jahren Haft einbringen kann.

    Auch während der vergangenen Tage kommt es immer wieder zu Razzien durch den Geheimdienst KGB, gibt es Durchsuchungen bei Oppositionellen sowie bei unabhängigen Journalisten - nicht selten werden sie verwarnt oder sogar vorläufig festgenommen. - Gestern schließlich, am Vorabend von Lukaschenkos erneuter, der nun schon vierten offiziellen Amtseinführung eskaliert der "Krieg der Worte", den Lukaschenko seit gut einem Monat vornehmlich in Richtung Westen führt - und hier speziell an die Adresse Polens und Deutschlands. Beide Länder seien die Drahtzieher der Ereignisse vom 19. Dezember gewesen. Warschau und Berlin hätten ihn stürzen wollen, wiederholt er Vorwürfe der Regierungszeitung "Sowjetisches Weißrussland" vom vergangenen Wochenende. Wohl eine direkte Reaktion auf die jüngste Resolution des Europaparlaments, bei der - stellvertretend für viele Redner - der polnische Abgeordnete Jacek Protasiewicz konkrete Schritte der EU gegen das Lukaschenko-Regime fordert:

    "Jetzt ist nicht die Zeit für ein 'business as usual'! Jetzt muss neu entschieden werden. Eine neue Politik ist gefragt und Standfestigkeit gegenüber der weißrussischen Führung. - Wir brauchen Sanktionen - im politischen Bereich, bei der Visaerteilung. Auch wirtschaftliche Sanktionen dürfen nicht ausgeschlossen werden. Natürlich müssen das intelligente, zielgerichtete Sanktionen sein, die das Leben der weißrussischen Bevölkerung nicht verschlechtern dürfen. - Dazu gehört auch, Weißrusslands Mitgliedschaft in der Östlichen Partnerschaft der EU zu suspendieren!"

    Bei der Debatte in Straßburg vorgestern setzt Werner Schulz, Grünen-Abgeordneter im Europaparlament, hinzu:

    "Wir müssen jetzt den europäisch gesinnten Kräften beistehen, denen wir Hoffnung gemacht haben, die einen Politikwechsel wollen und gewählt haben und die die Zukunft ihres Landes in der EU und nicht in der engeren Anbindung an Russland sehen. Denn dass die ersten, die Lukaschenko zum Wahlsieg gratuliert haben, der russische Präsident Medwedew, Ministerpräsident Putin und der ukrainische Präsident Janukowitsch waren, zeigen deren Demokratieverständnis und die trüben Aussichten, die Belarus in dieser Richtung erwarten."

    Am 31. Januar werden die EU-Außenminister darüber entscheiden, ob Sanktionen wie das Sperren von Bankkonten sowie Einreiseverbote gegen jene hochrangigen weißrussischen Regimevertreter verhängt werden - mit Lukaschenko an der Spitze - ebenso wie gegen Polizisten, Richter und Geheimdienst-Beamte, die sich an den Repressionen gegen Andersdenkende beteiligen. - Noch gestern hat Lukaschenko seinerseits mit harten Sanktionen gedroht, falls die EU zu Strafmaßnahmen greifen sollte. Russische Medien zitieren ihn weiter mit den Worten, dass das Los der Inhaftierten entscheidend vom Verhalten der EU abhänge.

    Dies klingt dann doch ein wenig anders als seine Vorhersage noch am Tag nach der Dezemberwahl: Man habe zwar viele Probleme mit der EU. Aber, lächelt er damals selbstgewiss, das werde sich lösen lassen. Und meint dann: "All das geht auch wieder vorbei!"