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Mahnwache in Berlin
Tausende gedenken der Pariser Terroropfer

Etwa 10.000 Menschen in Berlin haben als Reaktion auf die Anschläge von Paris gegen islamistische Gewalt und eine Spaltung der Gesellschaft demonstriert. Bundespräsident Gauck sowie Vertreter von Muslimen betonten, die Taten dürften die Gesellschaft nicht auseinanderdividieren.

13.01.2015
    Bundestagspräsident Norbert Lammer (CDU), Bundespräsident Joachim Gauck, der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und der Vorsitzender der Türkischen Gemeinde zu Berlin, Bekir Yilmaz, haken sich bei einer Mahnwache für die Opfer der Anschläge in Frankreich vor dem Brandenburger Tor in Berlin unter.
    Vereint und solidarisch: Politiker und Religionsvertreter vor dem Brandenburger Tor, das - in Anlehnung an die französische Flagge - in blau-weiß-rot angestrahlt wurde. (picture alliance / dpa / Maurizio Gambarini)
    Mit einer Mahnwache vor dem Brandenburger Tor haben Vertreter aus Politik und Religionsgemeinschaften der Opfer der Terroranschläge in Paris gedacht. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, betonte, der Islam gebe keine Rechtfertigung für Gewalt und Einschüchterung. Die Attentäter "haben mit ihrer Tat die größte Gotteslästerung begangen." Die deutschen Muslime ließen es nicht zu, dass ihr Glaube missbraucht werde. "Die Terroristen haben nicht gesiegt und werden auch in Zukunft nicht siegen".
    Bundespräsident Joachim Gauck betonte in seiner Rede vor rund 10.000 Bürgern: "Die Bluttaten von Paris waren ein Anschlag auf das freie Wort, auf die pluralistische Gesellschaft, auf das Recht auf Leben." Sie hätten gezeigt, wie verwundbar die offene Gesellschaft sei. Aber sie hätten auch bewirkt, dass sich die Menschen neu besinnten. "Die Terroristen wollten uns spalten, erreicht haben sie das Gegenteil." Gauck betonte, es sei nicht allein Sache der Muslime, gegen fundamentalistische Strömungen vorzugehen.
    Eine Glas mit einer Kerze und der Aufschrift Je suis Charlie wird am 13.01.2015 in Berlin vor dem Brandenburger Tor gehalten.
    Zahlreiche Menschen kamen zur Mahnwache der muslimischen Verbände anlässlich der Terroranschläge von Paris vor dem Brandenburger Tor in Berlin. (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
    "Wenn Juden bedroht werden, sind alle bedroht"
    Zu der Mahnwache hatten der Zentralrat der Muslime und die Türkische Gemeinde Berlin aufgerufen. Eingeladen waren auch Vertreter des Zentralrats der Juden. Vizepräsident Abraham Lehrer sagte, den Juden liege es fern, alle Muslime für die Attentate zu verurteilen. Allerdings dürften sie ihre Augen nicht verschließen: "Die gesamte Welt, vor allem aber die Muslime selbst sind aufgerufen, gegen diesen Terrorismus vorzugehen." Um dabei erfolgreich zu sein, bräuchten sie die Hilfe aller. Lehrer betonte aber, in Deutschland werde die Verunsicherung in der jüdischen Gemeinde größer. "Nehmen Sie unsere Gefühle als Seismografen." Wenn Juden bedroht würden, seien alle bedroht.
    Zuvor hatten Regierung und Muslime schon auf einer Tagung der Islamkonferenz Einigkeit gezeigt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erklärte, man werde nicht akzeptieren, wenn Gewalttaten dazu benutzt würden, Hass gegen Muslime zu schüren. Der Sprecher des Koordinationsrates der Muslime, Erol Pürlü, betonte: "Wir dürfen nicht zulassen, dass radikale Extremisten und Terroristen welcher Couleur auch immer unsere Gesellschaft auseinanderdividieren."
    Merkels Aussage findet in Union nicht nur Zustimmung
    Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte erneut jede Ausgrenzung von Ausländern. Ihre Aussage, der Islam gehöre zu Deutschland, stieß unterdessen auf Widerspruch in der Union. So sagte der Vizevorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, im Deutschlandfunk, "der Islam ist kein prägendes, konstitutives Element der Identität unseres Landes". Auch der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sagte der "Saarbrücker Zeitung", er teile Merkels Auffassung in dieser Pauschalität nicht. Die Muslime seien natürlich Teil der pluralen Gesellschaft.
    Ein Opfer der Anschläge von Paris wurde auf einem Friedhof in Jerusalem bestattet.
    Die Opfer der Geiselnahme in einem koscheren Supermarkt in Paris wurden in Israel beigesetzt. (AFP / Menahem Kahana)
    In Frankreich und Israel haben derweil Angehörige und Regierungsvertreter Abschied genommen von den Todesopfern der Attentate in Paris. Bei einer Trauerfeier in der französischen Hauptstadt wurde der drei Polizisten gedacht, die von den Islamisten erschossen wurden. Präsident François Hollande sagte, sie seien gestorben, damit die Franzosen frei leben könnten. Er zeichnete die Toten posthum mit dem Orden der Ehrenlegion aus. In Jerusalem wurden die vier jüdischen Opfer beigesetzt, die bei der Geiselnahme in einem koscheren Lebensmittelgeschäft in Paris erschossen worden waren. Insgesamt waren bei den Anschlägen und der Geiselnahme 17 Menschen getötet worden.
    (hba/ach)