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Matthias Glaubrecht: "Das Ende der Evolution"
Die Folgen des Artensterbens

Der Evolutionsbiologe Matthias Glaubrecht beschreibt in seinem Buch, wie die Menschheit den Planeten Erde erobert, beherrscht und dann zerstört, indem sie alle anderen biologischen Arten vernichtet. Mit vielen Beispielen und Zahlen zeichnet er auf über tausend Seiten ein pessimistisches Weltbild.

Von Michael Lange |
Eine tote Bienenkönigin mit einer roten Markierung auf dem Rücken liegt am Boden auf einem Blatt Papier.
EIne tote Bienenkönigin (picture alliance / Karl-Josef Hildenbrand)
Bevor sich Matthias Glaubrecht dem Hauptthema seines Buches zuwendet, der Vernichtung der Natur und ihrer biologischen Vielfalt, holt er weit aus und beginnt mit der Entstehung und Entwicklung des Homo Sapiens. Er zeichnet dessen Weg nicht wie üblich als Heldenreise, sondern als tragisches Untergangsszenario. Der Erfindungsreichtum des Menschen und sein Pioniergeist machten in so erfolgreich. Doch nun sind die gleichen Eigenschaften dafür verantwortlich, dass Menschen die Natur und somit die Basis allen Lebens zerstören.
Hauptgrund für die Katastophe: Überbevölkerung
Aus Afrika kommend breitete sich die Menschheit immer weiter aus. Den einzigartigen Fortpflanzungserfolg der Menschen und die daraus folgende Überbevölkerung benennt Glaubrecht als Hauptgrund für die ökologische Katastrophe. Mehr und mehr Menschen leben dicht gedrängt in immer größeren Städten zusammen. Durch den Erfolg der Menschen werden andere Arten verdrängt oder vernichtet. Glaubrecht legt dar: Die Apokalypse lässt sich nur verhindern, wenn das Bevölkerungswachstum gestoppt wird. Er schreibt zwar, dass das Ende der Ressourcen immer wieder von Experten beschworen wurde, aber dann doch ausblieb. Das heiße jedoch nicht, dass das Wachstum und der Verbrauch der Rohstoffe immer weiter gehen können. Seine Botschaft: Der Tisch der Natur ist endlich. Dieser Punkt sei jetzt erreicht. Deshalb sei es höchste Zeit umzusteuern. Auch wenn Demographen inzwischen ein verlangsamtes Wachstum der Bevölkerungszahlen prognostizieren, werde die Natur zerstört sein, wenn zum Ende unseres Jahrhunderts die Zahl der Erdenbewohner wirklich sinkt.
Die Kleinlebewesen sterben unbemerkt aus
Erst nach 350 Seiten beginnt Matthias Glaubrecht mit seinem Hauptthema: Das Artensterben. Säugetiere, Vögel, Fische, Insekten, Pflanzen und all die unverzichtbaren Kleinlebewesen. Die Kleinen sterben unbemerkt aus, und die Großen bleiben dank aufwendiger Schutzmaßnahmen nur als winzige Restpopulationen erhalten. Die fehlende Vielfalt führe unausweichlich zum Ende der Evolution. Diesen Begriff wiederholt Matthias Glaubrecht immer wieder. Dabei ist diese Wortwahl missverständlich, denn die Evolution als biologischer Prozess findet auch in kleinen versprengten Gruppen statt. Theoretisch braucht sie nicht einmal Lebewesen, denn auch Viren oder Moleküle, die sich fortpflanzen, gehorchen den Gesetzen der Evolution. Matthias Glaubrecht meint allerdings etwas anderes. Was mehr und mehr eingeschränkt wird, sind die Möglichkeiten der Evolution. Mit jedem verlorenem Individuum geht genetisches Material und somit biologische Vielfalt verloren. Das geht so lange gut, bis die Zahl der Überlebenden nicht mehr ausreicht, um die Herausforderungen einer vom Menschen geprägten Umwelt zu bewältigen.
Ein pessimitisches Weltbild
Matthias Glaubrecht präsentiert in diesem gewaltigen Werk ein pessimistisches Weltbild. Er will aufrütteln, doch die Frustration eines Rufers in der Wüste ist in seinem Buch allgegenwärtig. Bei ihm stehen wohlmeinende Artenschützer im Kampf gegen wirtschaftliche Interessen stets auf verlorenem Posten. Die vielen Beispiele und Zahlen, mit denen Matthias Glaubrecht seine Argumentation stützt, belegen die Dramatik der Situation, machen das Buch jedoch schwer verdaulich. Die ständige Wiederholung der Argumente erinnert an einem Lehrer, der seinen begriffsstutzigen Schülern immer wieder die gleichen Formeln eintrichtert. Das ist angesichts der dramatischen Situation verständlich. Aber mit weniger Beispielen und ohne die ständigen Wiederholungen wäre dieses Buch nur halb so lang geworden und hätte mehr Menschen überzeugt.
Matthias Glaubrecht: Das Ende der Evolution
Der Mensch und die Vernichtung der Arten
Verlag C. Bertelsmann, 1072 Seiten, 38.00 Euro