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Mensch contra Schimpanse
Die Muskeln machen den Unterschied

Im Vergleich zum Menschen haben Schimpansen stärkere Muskeln - sie können im Wald von Baum zu Baum springen, was den meisten Menschen schwer fallen dürfte. Dafür haben menschliche Muskeln einen nicht zu unterschätzenden Vorteil, wie Forscher herausgefunden haben.

Von Tomma Schröder | 27.06.2017
    Der amerikanische Schauspieler Lex Barker wurde einem breiten Publikum durch seine Rollen als "Tarzan" und "Old Shatterhand" bekannt. Hier trägt er einen Schimpansen auf dem Arm. Lex Barker wurde am 8. Mai 1919 in Rye (New York) geboren und ist am 11. Mai 1973 in New York gestorben.
    Tarzan-Darsteller Lex Barker mit "Cheeta" auf dem Arm. (picture-alliance / dpa)
    So stark wie Tarzan zu sein, ist unter Menschenkindern eine hohe Auszeichnung. Und doch war das Filmoriginal immer etwas schwächer als seine Familienmitglieder, die Schimpansen. Diese Superkräfte unseres nächsten Verwandten sind nicht nur in vielen Erzählungen, sondern auch in frühen wissenschaftlichen Studien gerne übertrieben worden. In den letzten Jahrzehnten ist man etwas vorsichtiger geworden, wie Matthew O'Neill von der University of Arizona bei der Auswertung aller experimentellen Studien feststellte:
    "Wir wussten, dass es eine Menge Studien gibt, die feststellen wollten, was der relative Unterschied ist. Die ältesten Studien sind in ihren Ergebnissen noch fraglich, aber ab 1940 kommen sie zu immer ähnlicheren Ergebnissen. Und als Durchschnittswert konnten wir ermitteln, dass die relative Zugkraft und die Sprungkraft bei Schimpansen etwa 50 Prozent höher war als beim Menschen."
    Schwäche der menschlichen Muskeln
    Und nicht etwa fünfmal so hoch, wie gerne erzählt wird. "Relative Kraft" heißt hier zudem: Kraft pro Kilogramm Körpergewicht, das bei den Schimpansen mit etwa 40 Kilogramm eher gering ist. Es sind also keine Superkräfte, aber immer noch erstaunliche Leistungen für ein vergleichsweise leichtes Wesen. Woher Schimpansen diese Kräfte nehmen, wollten Matthew O'Neill und sein Team in einem nächsten Schritt mithilfe von Muskelanalysen bei Schimpansen und Menschen herausfinden.
    "Bei der Kraft, die einzelne Muskelfasern ausüben können, haben wir keine Unterschiede gefunden. Aber es gibt verschiedene Fasertypen, und die sind bei Schimpansen und Menschen sehr unterschiedlich verteilt. Während bei den Schimpansen alle drei Typen ungefähr gleich stark vertreten sind, überwiegen bei den Menschen die sogenannten Slow-Twitch-Fasern deutlich."
    Wenn Muskeln benutzt werden, kontrahieren sie - oder um es einfacher zu sagen: sie zucken. Slow-Twitch-Fasern zucken langsamer und schwächer als die zwei Varianten der Fast-Twitch-Fasern. O'Neill und seine Kollegen konnten anhand der Verteilung dieser Fasern also sehen: Beim Schimpansen zuckt es wesentlich schneller und kraftvoller als beim Menschen. Doch die Schwäche der menschlichen Muskeln hat nicht nur Nachteile, wie O'Neill erklärt.
    Bessere Stoffwechseleigenschaften
    "Für die Effizienz und die Ausdauer sind Slow-Twitch-Fasern wirklich gut. Sie verbrauchen wesentlich weniger Energie und ermüden auch lange nicht so schnell wie Fast-Twitch-Fasern. Dieser evolutionäre Wandel zu besseren Stoffwechseleigenschaften der Muskeln passt zu unseren Erkenntnissen, dass wir vergleichsweise effiziente Läufer sind. Wir können etwa Marathons laufen, was Schimpansen und andere Tiere nicht können."
    Eine Eigenschaft, die dem Menschen in seiner Tätigkeit als Jäger und Sammler möglicherweise zupasskam. Und eine Eigenschaft, die sich bei kaum einem anderen Lebewesen findet. Vielleicht so gibt, Matthew O'Neill zu bedenken, seien es also gar nicht die Supermuskeln der Schimpansen, die so außerordentlich sind. Vielleicht ist es eher der Mensch, der hier Außenseiter ist. Das einzige Tier, bei dem Matthew O'Neill eine ähnliche Verteilung der Muskelfasertypen wie beim Menschen finden konnte, ist im Übrigen der Plumplori. Ein Faulaffe, der tagsüber schläft und sich auch des nachts eher langsam und bedächtig bewegt.