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Möbel aus dem Holz der Rotkernbuche

Einem Tisch oder Schrank aus Buchenholz kann man ansehen, wie alt der Baum werden konnte, aus dem das Möbelstück gefertigt wurde: Buchen bilden einen rötlichen Kern, wenn sie älter werden als etwa 100 Jahre. Die Möbelindustrie hat dies häufig als Schönheitsfehler angesehen, ein seltener Schönheitsfehler, denn meist werden Buchen erheblich früher gefällt. Doch man kann die Sache auch anders sehen - der rote Kern als Gestaltungselement für handwerklich hergestellte, besonders reizvolle Produkte.

von Marion Menne |
    Viel Herzblut ist dabei, wenn Oberforstrat Martin Wagemann von der rötlichen Maserung alter Buchenhölzer spricht:
    Die rotkernige Buche ist ein sehr lebendiges Holz, es erinnert in vielen Bereichen an tropische Hölzer und ist insofern eine absolute Bereicherung unserer relativ artenarmen Baumpalette Europas. Die Rotkernbuche hat die unterschiedlichsten Farbvarianten; Wuchsmerkmale werden sichtbar und lassen das schöne Holz zu Unikaten der Natur werden.

    Der Oberforstrat aus Bad Driburg im Kreis Höxter hat schon oft erklärt, dass man den roten Kern nicht als Fehler betrachten sollte, sondern als eine exotische Besonderheit.

    Rotkernigkeit ist eine Spielart der Natur. Nicht jede Buche entwickelt einen Kern, aber die Buchen, die durch Rindenverletzungen, durch Astabbrüche es dem Luftsauerstoff ermöglichen, ins Holzinnere zu treten, da führt der Luftsauerstoff zu Oxidationserscheinungen, und vor allem Stärke wird in farbgebende Inhaltstoffe umgewandelt und geben dieser Buche ein tatsächliches Gesicht.

    Wagemann gilt als Motor der Kampagne zur besseren Vermarktung des Holzes. Er organisiert Symposien für Tischler und Architekten, und ist auch auf Messen unterwegs, um die Rotkernbuche bekannter zu machen.

    Uns ist es wichtig, dass die Buchen dieses Alter erreichen, weil erst diese alten reifen Ökosysteme auch die Aspekte des Naturschutzes wie Höhlenbauten für die Spechte und anderes mehr mit sich bringen.

    Spechte und andere Vogelarten suchen sich bevorzugt Brutplätze in absterbenden Ästen und Totholz. Auch der Baummarder profitiert von diesen ökologischen Nischen. Nicht umsonst wird die Buche "die Mutter des Waldes" genannt. Unterstützung kommt vom nordrhein-westfälischen Umweltministerium. In den vergangenen zwei Jahren hat es neben Sachkosten und Personal 100.000 Euro in die Kampagne gesteckt. Franz Püttmann vom Ministerium erklärt, warum:

    Die Buche in Nordrhein-Westfalen stockt auf circa 140.000 Hektar, das heißt 15 Prozent der Landeswaldfläche, ist unsere wichtigste Laubbaumart und wird zu weniger als die Hälfte des Zuwachses jährlich genutzt - von daher sehen wir noch enorme Potentiale, Holz, heimisches Holz zu nutzen, was nachhaltig erzeugt wird und auch die Wertschätzung in dieser Region zu halten, das heißt, die Buche auch in Ostwestfalen beziehungsweise in Nordrhein-Westfalen gesamt zu verarbeiten.

    Im Kreis Höxter konnte die Bevölkerung zuletzt bei den Nieheimer Holztagen sehen, was sich aus dem roten Kern so alles machen lässt. Zum Beispiel Barhocker, über deren glatten Sitzflächen sich die rötliche Maserung wie eine schöne Blüte erstreckt. Hersteller ist der Tischler Karl-Hermann Reinhardt. Seinen Traditionsbetrieb stellte er fast ganz auf Rotkernbuche um. Jahrelang hatte er Tropenholz verarbeitet. Seine Kunden können sich nun sogar einen bestimmten Baum im Wald aussuchen, der ihnen vielleicht in ihrer Jugend viel bedeutet hat, und den sie sich jetzt als Schreibtisch, Schrank oder Stuhl wünschen. Das Heimatholz liege im mittleren Preisrahmen, versichert Reinhardt.

    Der Markt fordert eigentlich lupenreines, sauberes, astreines Buchenholz, weil er nichts anderes kennt. Wenn wir dieses andere anbieten, dieses rotkernige Buchenmaterial, wird es angenommen, ich möchte sagen, 25 bis 35 Prozent der Verbraucher sind also sofort bereit, dieses Material einzusetzen. Wir sind auch bei der Verarbeitung immer wieder erstaunt, wie farbenfroh dieses Holz zu verarbeiten ist.

    Oberforstrat Wagemann kennt aber auch die Vorbehalte, die Tischler und Architekten gegenüber der rot geflammten Buche haben.

    Der Tischler muss fantasiereich sein. Es geht wirklich bei der Verwendung des rotkernigen Holzes darum, dass man Bretter so zusammenstellt, dass sich Bilder ergeben, dass man über das Holz tatsächlich auch dem Möbelstück ein Gesicht gibt. Man muss aufpassen, dass die Flächen nicht zu groß werden, man muss Akzente setzen, und insofern ist sicherlich nicht jeder Tischler vielleicht dazu bereit, sich so intensiv mit dieser Frage auseinander zusetzen. Aber ich glaube eigentlich, dass in den Tischlern die Bereitschaft durchaus da ist, wir müssen sie vielleicht nur mehr drängen oder Schönes aus Holz zeigen, denn die Menschen, die das gesehen haben, sind begeistert.