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Nach Anschlag auf russischen Ex-Spion
Mit Baby-Feuchttüchern gegen Nervengift

Nach dem Anschlag auf den ehemaligen KGB-Spion Sergej Skripal und seine Tochter hatten die Behörden vor einer Woche die Einwohner des beschaulichen Salisbury in Südengland noch beruhigt: Es bestehe für sie nur ein geringes Risiko. Aus Sicht der Einwohner klingt das nun plötzlich etwas anders.

Von Friedbert Meurer | 12.03.2018
    Die Polizisten in leuchtgelben Warnwesten sind unscharf im Vordergrund zu sehen. Im Hintergrund ein gelb-weißes Zelt, das über den Tatort gespannt wurde und das von blau-weißem Absperrband umgeben ist.
    Immer noch steht nicht fest, wer die Täter waren und woher das Giftgas stammt. Die beiden Opfer befinden sich weiter in einem kritischen Zustand. (AP)
    Sally Davies ist die britische Gesundheitsbeauftragte. Den bis zu 500 Personen, die sich Sonntag oder Montag im gleichen Pub und Restaurant aufgehalten hätten wie Sergej Skripal und seine Tochter Julia, erteilte sie folgende Ratschläge:
    "Waschen Sie ihre Kleider, die Sie anhatten, in der Waschmaschine. Was sie nicht waschen können, packen sie in eine Plastiktüte, darüber noch eine, und warten Sie weitere Instruktionen ab. Wischen Sie Handys und Handtaschen mit feuchten Babytüchern ab und entsorgen Sie die Tücher anschließend im Mülleimer."
    180 ABC-Experten im Einsatz
    Die Kleinstadt Salisbury mit ihren 40.000 Einwohnern steht absolut im Brennpunkt. Autos, die nahe der Parkbank, auf der Skripal und seine Tochter ohnmächtig gefunden wurden, abgestellt waren, werden mit Planen verhüllt, abgeschleppt und dekontaminiert. 180 ABC-Experten der britischen Armee helfen dabei. Steven Cooper war am Sonntag im Mill Pub in Salisbury – wie Skripal - und zeigt sich jetzt beunruhigt, trotz oder vielleicht wegen der Vorsichtsmaßnahmen.
    "Sie sagen uns nicht, um welches Nervengas es sich handelte. Welche langfristigen gesundheitlichen Folgen kann es für mich und meine Frau haben? Ich glaube nicht, dass Baby-Feuchttücher gegen Nervengift helfen."
    Hammond verteidigt Parteispenden aus Russland
    Laut Informationen der BBC ist der Tisch, auf dem Skripal und seine Tochter im Restaurant Zizzi aßen, so mit Giftstoffen belastet, dass er entsorgt werden musste. Gleichzeitig läuft die politische Diskussion in Großbritannien auf Hochtouren. Marina Litwinenko, die Witwe des 2006 mit Polonium in London ermordeten Ex-KGB-Manns Alexander Liwinenko, forderte die Konservativen auf, die über 800.000 Pfund, umgerechnet 900.000 Euro, an Parteispenden zurückzugeben, die sie von russischen Oligarchen erhalten hätten.
    "Sie sollten sich Ihre Freunde gut aussuchen. Sie müssen sich davon überzeugen, woher das Geld kommt, dass diese Leute in Ihr Land bringen. Sehr oft wurde dieses Geld dem russischen Volk gestohlen."
    Schatzkanzler Philip Hammond verteidigte die Parteispenden. Sie kämen von russischen Bürgern, die in Großbritannien wählen dürften. Hammond legte auch nahe, dass die Spenden nicht automatisch von Putin-nahen Russen erfolgt seien.
    "Wir haben strenge Vorschriften für Parteispenden. Nur britische Staatsbürger, die im Wählerverzeichnis registriert sind, dürfen spenden. Alle Spenden werden sorgfältig durchleuchtet und öffentlich angezeigt."
    Für die Opposition von Labour erklärte John McDonnell, die Nummer Zwei hinter Jeremy Corbyn, er werde dem Kreml-nahen Fernsehsender "Russia Today", RT, keine Interviews mehr geben. Was er von diesem Sender zur Zeit höre, habe mit objektivem Journalismus nichts mehr zu tun.