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Nach dem Texas-Attentat
Die Routine des Grauens

In einem texanischen Dorf tötet ein Ex-Soldat in einer Kirche 26 Menschen. Die Menschen, die sich dem Attentäter in den Weg stellten, werden als Helden gefeiert. Doch dem ersten Entsetzen folgt schnell die Routine.

Von Torsten Teichmann | 07.11.2017
    26 Kreuze stehen in Sutherland Springs für die 26 Opfer des Attentats.
    26 Kreuze stehen in Sutherland Springs für die 26 Opfer des Attentats. (imago stock&people)
    Der Generalstaatsanwalt von Texas Ken Paxton lehnt härtere Waffengesetze ab. Wer die Vorgaben verschärfen will, hindere rechtschaffende Bürger daran, sich selbst zu verteidigen, sagte Paxton im Fernsehsender FOX News.
    Und als Beispiel dafür verweisen jetzt alle auf Stephen Willeford. Der 55-Jährige stellte sich dem Attentäter von Sutherland Springs mit einer Waffe in der Hand in den Weg, zwang ihn zur Flucht und verfolgte ihn bis zum Schluss: "Ich hatte Todesangst. Ich hatte Angst um mich, um die Leute in der Kirche und meine Familie, die weniger als einen Block entfernt wohnt. Ich bin kein Held. Ich bin keiner."
    Terrorismus als Tatmotiv wird ausgeschlossen
    Willeford ist sichtlich geschockt - so wie viele Einwohner in Sutherland Springs. Beim Attentat auf die Kirchengemeinde der Baptisten sind 26 Menschen getötet worden, 29 wurden verletzt. Einige schweben immer noch in Lebensgefahr.
    Die Ermittler des FBI schließen Terrorismus als Tatmotiv aus. Sie fürchten vielmehr, dass ein Streit in der Familie für den 26-jährigen Attentäter der Auslöser war. Der Amerikaner soll seiner Schwiegermutter Drohmitteilungen geschickt haben. Sie besucht regelmäßig die Kirche in Sutherland Springs. An diesem Sonntag jedoch nicht.
    Die Debatte über verschärfte Waffengesetze sei in Washington mittlerweile so vorhersehbar, wie die Attentate mit Schusswaffen selbst, textet resigniert eine Reporterin des Fernsehsenders CBS. Demokraten werfen dem Kongress Untätigkeit vor, während immer wieder Amerikaner getötet werden.
    Und Republikaner verlangen, Gefühle aus dem Spiel zu lassen und die Ermittlungsergebnisse abzuwarten.
    Attentäter hätte nie eine Waffe besitzen dürfen
    Der Attentäter von Sutherland Springs hätte nach US-Recht nie eine Waffe besitzen dürfen. Er war 2014 unehrenhaft aus der AirForce entlassen worden. Er hatte seine damalige Frau und seinen Stiefsohn geschlagen und verletzt. Das belegen Unterlagen.
    Aber das US-Militär hatte es offenbar versäumt, die Informationen an die zivilen Behörden weiterzugeben. Informationen, die es dem 26-Jährigen unmöglich gemacht hätten, legal an eine Waffe zu gelangen.
    Konservative wie Texas' Gouverneur Abbott fühlen sich in ihrer Ablehnung schärferer Gesetze bestätigt. Der Gouverneur beantwortet die Frage nach der Verantwortung mit einem Verweis auf Gott, den Allmächtigen:
    "In den Worten der Einwohner von Sutherland Springs - sie wollen das Böse überwinden. Und das geht nur mit Gott."
    Und in den Abendnachrichten des Nachrichtensenders CBS fragt der Moderator, ob die Menschen in den USA wegen der großen Zahl von Massenschießereien abgestumpft sind.