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Nach Vorfall in Bonn
Angegriffener israelischer Professor wirft Polizei "Lügen" vor

Ein israelischer Hochschullehrer aus den USA, der in Bonn von einem Deutschen mit palästinensischen Wurzeln angegriffen und dann von der Polizei geschlagen worden war, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bonner Polizei. Er wirft den Beamten vor, Lügen über den Vorfall zu verbreiten.

Von Moritz Küpper |
    Blick auf den Bonner Hofgarten
    Ein israelischer Hochschulprofessor aus den USA ist in Bonn von einem Deutschen mit palästinensischen Wurzeln angegriffen worden (dpa / Volker Lannert)
    Der israelische Professor, der in Bonn von einem Deutschen mit palästinensischen Wurzeln angegriffen und dann von der Polizei geschlagen worden war, hat schwere Vorwürfe gegen die Beamten erhoben. In einem Brief an die Deutsche Presse-Agentur und andere Medien beschuldigte Jitzchak Jochanan Melamed von der Universität Baltimore die Polizei, "Lügen" über den Vorfall zu verbreiten.
    Melamed war von der Polizei zunächst irrtümlich für den Angreifer gehalten, überwältigt und geschlagen worden. Dies hat die Polizei auch zugegeben und sich entschuldigt.
    "Das ist ein abscheuliches Polizeiverhalten"
    Nach ihrer Darstellung gaben die beteiligten Beamten an, Melamed sei auf ihre Zurufe hin nicht stehen geblieben und habe sich dann gewehrt. Der 50-jährige Philosophie-Professor bestreitet das: "Ich war nicht zu 100, sondern zu 500 Prozent passiv", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Polizisten seien sofort auf ihn losgegangen, er habe kaum noch atmen, geschweige denn Widerstand leisten können. Er habe nur gerufen, dass er der Falsche sei. Die Beamten hätten ihm die Hände mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt und ihn dutzende Male ins Gesicht geschlagen, sodass er blutete.
    Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte er: "Dann fingen sie an, mir ins Gesicht zu schlagen. Ungefähr 50, 60, 70 Mal - völlig verrückt! Ich war geschockt. Das ist ein abscheuliches Polizeiverhalten, wie man es sonst nur in einem Entwicklungsland findet." Seine Aussagen stehen aber in einigen Punkten im Widerspruch zu einer Zeugen-Aussagen, wie der "Bonner General-Anzeiger" berichtet.
    NRW-Innemninister Reul entschuldigte sich
    Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte dazu: "Ich habe gleich am Donnerstagmorgen bei Herrn Professor Melamed angerufen und ihn persönlich um Entschuldigung für das Verhalten meiner Beamten gebeten", so Reul. "Damals habe ich ihm versprochen, dass der Vorgang restlos aufgeklärt wird. Und das geschieht jetzt auch." Die Ermittlungen werden daher auch nicht vom Polizeipräsidium Bonn, sondern vom Polizeipräsidium Köln durchgeführt. Geleitet werde das Verfahren von der Staatsanwaltschaft, so Reul: "Damit ist sichergestellt, dass das auch absolut unabhängig geschieht."
    Am vergangenen Freitag war zudem die Bonner Polizeipräsidentin noch einmal zu einem Gespräch im Ministerium gebeten worden, um über den Fall zu berichten. Bei diesem Gespräch sei auch vereinbart worden, dass gegen alle an dem Einsatz beteiligten Beamten Disziplinarverfahren eingeleitet werde. Reul bekräftige erneut: "Bisher sieht allerdings alles nach einem verhängnisvollen Missverständnis aus", so der Innenminister. "Also: Es wird nichts vertuscht, im Gegenteil: Wir tun alles, um den Fall rückhaltlos aufzuklären. Das sind wir der Öffentlichkeit, aber auch Professor Melamed schuldig."