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Nahost
Umweltschutz für die Jordan-Region

Der Jordan ist Grenzfluss, Lebensquell und Streitpunkt in Nahost. Der Fluss wird zu wirtschaftlichen Zwecken ausgebeutet und durch ungefilterte Abwässer verschmutzt. Das hat zu einem dramatischen Rückgang der Artenvielfalt geführt. Eine Umwelt-Initiative will dem entgegenwirken - verbunden mit der Hoffnung, einen Beitrag zum Frieden zu leisten.

Von Daniela Siebert |
    Für die Taufe der jüngsten britischen Prinzessin wurde Jordanwasser verwendet - aber gefiltert. Traurig sei das findet der Israeli Gidon Bromberg. Im unteren Teil sei der Jordan nur noch ein Abwasserkanal erklärt der Ko-Direktor der Nichtregierungsorganisation Eco Peace Middle East. Der mächtige Strom habe am unteren Ende 96 Prozent seines Wassergehaltes verloren: vor allem an die Trinkwasserversorgung und Landwirtschaft der Anrainer. Bromberg hat mit palästinensischen und jordanischen Partnern sowie anderen internationalen Organisationen einen Masterplan erarbeitet, wie der Jordan zugunsten der Umwelt und der Bevölkerung ringsum restauriert werden könnte. Die EU hat das mit 2,5 Millionen Euro finanziert.
    Da der Jordan auch den Grenzverlauf markiert und eine wichtige Wirtschaftsressource darstellt, ist das auch ein Politikum, zumal die NGO von einer Zweistaatenlösung als Grundannahme ausgeht. Man habe am Anfang erst mal eine Bestandsaufnahme gemacht gegen die wechselseitigen Vorbehalte der drei Seiten warum der Zustand des Flusses so schlecht ist so Bromberg:
    "Wir stellten fest, dass alle Seiten Verantwortung tragen. Vielleicht nicht in gleich großen Teilen. Israel entnimmt etwa 50 Prozent des Wassers, Syrien und Jordanien nehmen die andere Hälfte. Palästina ist der Zugriff auf das Jordanwasser seit 1967 untersagt. Trotzdem tragen die Palästinenser auch gemeinsam mit den Israelis und Jordaniern zur Belastung mit Abwässern bei. Unsere grundlegende Erkenntnis war daher zunächst, dass man, um die Wirklichkeit zu verändern, aufhören muss, sich gegenseitig zu bezichtigen und statt dessen Verantwortung übernehmen."
    Nach zwei Jahren trinationaler Ideensammlung stand der Masterplan mit 127 Ideen, wie die Situation am unteren Jordan verbessert werden könnte. Zum Beispiel durch Abwasserfilterung oder effizientere Wassernutzung in der Landwirtschaft etwa durch Gewächshäuser. Allerdings steckt der Teufel im Detail und der Weg vom Papier in die Praxis ist weit. Weil es eben nur - aber immerhin! - ein NGO-Projekt ist und kein offizielles Regierungsabkommen. Alain Maasri vom Global Nature Fund, der den Masterplan ebenfalls mit Know-how unterstützt hat, windet sich etwas bei der Antwort, als ich ihn frage, wie das denn wäre, wenn etwa die Palästinenser in der Westbank beschlössen, dass sie jetzt noch eine Kläranlage bauen wollen.
    "Das können die gar nicht selbst entscheiden, sie können nicht mal Baumaterial dafür importieren, ohne deren Genehmigung würden sowieso alle Bauwerke binnen zwei Tagen wieder von den Israelis zerstört. Aber das ist auch genau die Aufgabe meiner Organisation, alternative Lösungen vorzuschlagen und genau in diesem Fall wären pflanzliche Filter eine Option, wie es sie in Südamerika schon gibt."
    Druck durch die lokale Bevölkerung und internationale Unterstützer könnte aber generell helfen auch örtliche Behörden kooperativ zu stimmen, um den Masterplan umzusetzen hofft Maasri.
    Bleibt die Frage, warum Eco Peace Middle East seinen ehrgeizigen Masterplan ausgerechnet in Berlin noch mal der Presse vorstellt, nachdem die ursprüngliche Publikation im Juni am Toten Meer stattfand, in das der Jordan mündet. Bei der Antwort reden die Aktivisten nicht lange um den heißen Brei herum: Es geht ums Geld. Nader al-Khateeb, palästinensischer Kodirektor von Eco Peace Middle East:
    "Für Palästina und Jordanien sehen wir uns nach Geberländern um. Teilweise auch nach privaten Investoren. Aber für Infrastrukturmaßnahmen kommen wohl nur Unterstützer aus befreundeten Staaten in Frage. Dazu gehört auch Deutschland. Das hat sich auch schon mit Wasser- und Abwasserprojekten in Palästina engagiert."
    Vor Ort stehe die Bevölkerung hinter dem Masterplan so Bromberg und Khateeb. Insbesondere die Bauern. In Jordanien habe ein Bürgermeister sogar die Unterschriften seiner Amtskollegen im Jordantal gesammelt, die sämtlich dafür plädierten den Masterplan umzusetzen. Sollte er realisiert werden könnte er auf jeden Fall die Lage in der Region stabilisieren und einen Beitrag zum Frieden leisten.