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Naturschützer fordern europäische Richtlinie für Bodenschutz

Die nächste Ernte kommt bestimmt, doch wie gut sie ausfällt, das hängt auch von der Qualität des Bodens ab. Und die wird vielerorts dramatisch schlechter, denn der Boden ist vielen Belastungen ausgesetzt. Der Deutsche Naturschutzring fordert daher einen besseren Bodenschutz.

Von Philip Banse |
    Die Umweltschutzverbände haben ziemlich konkrete Vorstellungen, was gemacht werden müsste, um den Boden zu schützen, um Erosion zu verhindern, um naturnahe Flächen für Tier und Pflanzen zu erhalten. Hubert Weiger vom Bund für Umwelt und Naturschutz:

    "An Hängen müssten Raine angebaut werden. Es müsste auch ein Mindestfruchtwechsel oder Grünland an stark erosionsgefährdeten Hängen vorgeschrieben werden. Das Gleiche gilt auch für Talauen, wo Ackernutzung stattfindet und wo bei den jährlichen Hochwässern der Oberboden als braune Brühe im Fließgewässer nach unten bewegt."

    Auch Helmut Röscheisen vom Deutschen Naturschutzring fallen konkrete Maßnahmen ein:

    "Das Baurecht muss dahin gehend verändert werden, dass insbesondere in Innenstadtbereichen leer stehende Flächen erschlossen werden, damit die Zersiedlung der Landschaft endlich aufhört. Ein weiterer Punkt ist auch über das Baurecht zu lösen: Die unsägliche Erschließung von Feuchtgebieten, von Auen, von Überschwemmungsgebieten für Bauten muss ein Ende haben. Das behindert nämlich auch den Hochwasserschutz."

    All das müsste zudem europaweit vorgeschrieben werden. Der Entwurf für eine Bodenschutzrichtlinie, für so ein EU-weites Bodenschutz-Gesetz, wenn man so will, liegt seit fünf Jahren vor - wird aber nicht umgesetzt, weil vor allem Deutschland blockiert. Das erste Argument der Bundesregierung lautet: Deutschland hat ein Bodenschutzgesetz, das reicht. Reicht nicht, sagt der SPD-Politiker Jo Leinen, Vorsitzender des Umweltausschusses um Europäischen Parlament:

    "Es gibt viele gute Gründe, warum wir ein Rahmengesetz brauchen. Unter anderem weil in vielen der 27 Länder die Situation sehr unbefriedigend ist. Deutschland und Österreich haben selber etwas gemacht, soweit so gut. Es gibt aber viele Länder, die haben überhaupt nichts gemacht bisher. So eine EU-Richtlinie brächte dann gleiche Bedingungen für alle und für Deutschland auch Bodenschutz in den Nachbarländern."

    Außerdem, so Hubert Weiger vom Bund für Umwelt und Naturschutz, würde Deutschland durch eine EU-Richtlinie endlich gezwungen sein eigenes Bodenschutzgesetzt auch wirklich umzusetzen:

    "Du kannst in ein Gesetz alles rein schreiben. Wir freuen uns dann über die allgemeinen Ziele: Das ist das, was wir schon immer wollten! Fantastisch! Aber entscheidend ist der Gesetzesvollzug. Und der ist in Deutschland im Bereich Natur- und Umweltschutz so konstruiert, dass er immer dann, wenn er politisch weh gut, auf die lange Bank geschoben wird. Und das ist über eine solche Richtlinie mit Dokumentationspflichten auf alle Fälle erschwert, weil Deutschland dann im Ländervergleich begründen muss, warum es nichts gemacht hat, obwohl es eigentlich hätte handeln müssen."

    Das zweite Argument der Bundesregierung, warum eine EU-Bodenrichtlinie nicht erwünscht ist, lautet: Zu teuer, vor allem die Bürokratiekosten seien zu hoch. Ein vom Bundeslandwirtschaftsministerium in Auftrag gegebenes Gutachten kommt auf Kosten von 300 Millionen Euro pro Jahr. Das Kostenargument sei vorgeschoben, sagt BUND-Chef Weiger. Die EU-Kommission habe errechnet: Wenn der Boden in Europa nicht geschützt wird, koste das bis zu 40 Milliarden Euro pro Jahr - weil teure Kläranlagen versanden oder Äcker mehr gedüngt werden müssen, da der Mutterboden weggeweht wurde. Ein bisschen mehr Bürokratiekosten durch eine EU-Richtlinie würden sich sogar lohnen, argumentiert BUND-Chef Weiger. Ein wirksamer Bodenschutz werde in Wahrheit verhindert, weil Bauern und Agrarindustrie dagegen seien:

    "Das zeigt, wer in Deutschland regiert. Das ist die Lobby der Agrarindustrie und an der Spitze der Deutsche Bauernverband, der die Interessen der Agrarlobby sehr wirkungsvoll vertritt."

    Die Beschuldigen weisen diesen Vorwurf zurück. Pekka Pesonen, Generalsekretär des Dachverbands der europäischen Landwirte sagt: Wir brauchen keine Rahmenrichtlinie zum Bodenschutz. Die vorgeschlagene Bodenrichtlinie sei völlig losgelöst von der Realität vor Ort, wo Landwirte bereits ihr Bestes täten, um eine der wertvollsten Ressourcen zu erhalten, die sie haben, nämlich den Boden.