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Neue Köpfe

Seit Januar soll das Hochschulfreiheitsgesetz den Universitäten und Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen mehr Gestaltungsmöglichkeiten geben. Doch das Gesetzt bringt auch neue Pflichten mit sich. So müssen die Hochschulen so genannte Hochschulräte einrichten, die künftig den Kurs der Einrichtungen mitbestimmen.

Von Hilde Braun |
    Ein Jahr lang haben die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen Zeit ihre Hochschulräte zu bilden. Die Räte, die über maximal zehn Mitglieder verfügen, sollen dann die Geschicke der Universität oder Fachhochschule mitlenken, denn sie haben in Zukunft Mitspracherecht bei Personal, Finanzen und Organisation und das letzte Wort bei der Berufung oder Abwahl des Rektors. Ganz schön viel Macht, findet Professor Ulf Pallme König, der Kanzler der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

    " Natürlich kann man sagen, aufgrund der Kompetenzfülle die der Hochschulrat hat, mag das auch Gefahren in sich bergen, aber ich denke wenn es geeignete Persönlichkeiten sind; die gefunden werden, dann werden die sehr verantwortungsvoll mit diesen Funktionen die ihnen übertragen werden umgehen, also meine Sorge wäre um so geringer um so eher es gelingt geeignete Persönlichkeiten zu finden. "

    Die großen Universitäten oder die mit großen Namen im Bereich Forschung könnten bei der Besetzung des neuen Gremiums am besten absahnen - etwa mit den begehrtesten Wirtschaftsmanagern und dem Geld, dass diese möglicherweise in die Forschung der jeweiligen Hochschule stecken. Der Wettbewerb um Ruf und Geld wird sich aller Wahrscheinlichkeit verschärfen. Aber das tut der Hochschule auch gut. Professor Jürgen Mittelstraß ist bereits Hochschulrat in Bayern an der Universität Erlangen:

    " Erlangen hat es besonders klug angefangen, weil es sich nicht irgendwelche profilierten Leute als Externe in den Hochschulrat geholt hat, sondern solche - dass war gewissermaßen eine Bedingung- die schon früher Kontakte zur Universität hatten. Sei es, dass sie dort studiert haben, sei es, dass sie dort promoviert wurden auch schon Hochschullehrer waren, die also engen Kontakt mit der Universität hatten und das denke ich war eine sehr kluge Bedingung, weil auf diese Weise nicht nur Vertrautheit mit den Hochschulverhältnissen sondern eine gefühlte Nähe zur Institution die man nun zu beraten hat gegeben hat. "

    Ähnliche Erfahrungen hat Professor Hans Ulrich Gumbrecht in den USA gemacht. Er arbeitet an der Stanford University in Kalifornien. Hochschulräte sind dort längst gang und gebe:

    " Das funktioniert in den USA seit hunderten von Jahren mit Board of Trusties, also mit Hochschulräten und das funktioniert sehr gut. Ich denke dass sie in Deutschland ihre eigene Gestalt, ihren eigenen Stil finden müssen. Die Ängste denke ich haben damit zu tun, dass man in Deutschland sehr stark auf den Vater Staat setzt und die haben jetzt - ich hoffe nur kurzfristig - etwas Bauchschmerzen, weil sie jetzt plötzlich als Dienstvorsitzenden nicht mehr den Staat haben. "

    Vor allem sollten sich Hochschulrat und Rektor bei der Zusammenarbeit sinnvoll ergänzen. Doch das funktioniert nicht immer: Beispiel Marburg. Dort haben sich beide verschätzt. Der Rektor der Universität wollte die Hochschulstrukturen mit Hilfe des Hochschulrates umbauen, konnte sich aber nicht durchsetzen. Es kam zu einem Eklat, sowohl Hochschulrat und Rektor sind zurückgetreten. Kritiker des Hochschulrates in NRW befürchten vor allem, dass die neue Hochschulfreiheit das Aus für die kleinen Fächer oder gar ganze Fakultäten sein kann. Professor Ulf Pallme König hält das für möglich:

    " Natürlich sind kleinere Fächer immer dann im Gefahr, wenn eine Hochschule gezwungen ist, auch strukturelle Einsparungen zu leisten, weil man mit den Mitteln auskommen muss, die man über den Haushalt hat und über das was man an Drittmitteln erwirtschaftet und dann ist natürlich die Gefahr, dass die kleinen dran glauben müssen und die großen nicht. "

    In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder über die so genannten Orchideenfächer diskutiert. Professor Jürgen Mittelstraß gibt ihnen aber gerade mit den Hochschulräten eine Chance:

    " Wenn die Befürchtungen zum Teil gerechtfertigt sind, liegt die Schuld auch zum Teil bei den kleinen Fächern, sie haben eben die Isolation auch geliebt. Es ist jetzt an der Zeit sich auch unter Kleinen zusammenzuschließen, etwa in Zentrenform, auf diese Weise auch ein ganz anderes Gewicht der Universität zu gewinnen, als es mit Einzelkämpfern gegeben war. "

    Mit der Hochschulfreiheit wird es demnach offenbar noch zu mehr Kooperationen von Fachbereichen untereinander kommen. Die Universität Duisburg-Essen, Bochum und Dortmund setzen schon jetzt auf Nachbarschaft und betreiben gemeinsame Forschung und Projekte.