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Neue Methode zum Dopingnachweis
Bitte pusten!

Pusten bei der Dopingkontrolle? Das könnte für viele Sportler zukünftig Alltag werden. Denn mit der Atemluftanalytik steht eine Methode vor dem Durchbruch, mit der schnell und einfach Dopingtests durchgeführt werden können. Ein Gewinn - vor allem für Mannschaftssportarten.

Von Heinz Peter Kreuzer |
    Jemand pustet in ein Atemluft-Analyse-Gerät.
    Die schwedische Firma SensAbues hat ein Gerät zur Atemluft-Analyse entwickelt. (SensAbues)
    Samstagnachmittag, kurz vor 17.30 Uhr. In den Kabinen der Bundesligastadien sitzen die Spieler in ihren verschwitzten Trikots, alle blasen in ein Atemmessgerät, ein Dopingkontrolleur sammelt die Proben Minuten später ein. Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen schon Wirklichkeit sein. Denn das Verfahren ist simpel: Der Athlet bläst seinen Atem in ein Atemluft-Gerät, in einer Kartusche werden die verbotenen Substanzen aus dem Atem gefiltert, die Kartusche wird anschließend in einem versiegelten Beutel an ein Kontroll-Labor verschickt.
    Für Teamsportarten wie Fußball die Chance, die Zahl der Kontrollen und damit auch den Verfolgungsdruck zu erhöhen. Bisher werden vom DFB umfangreichere Kontrollen in der Bundesliga wegen des großen Aufwandes abgelehnt. Nur zwei Kicker pro Team werden für Urinkontrollen ausgelost, mit der Atemluftanalytik könnte theoretisch das komplette Team nach jeder Partie getestet werden. Professor Mario Thevis vom Kölner Zentrum für Präventive Dopingforschung hat das Verfahren entwickelt:
    "Auf Grund der Tatsache, dass eine Atemluftprobe sehr leicht zu gewinnen ist, dass darauf nicht lange gewartet werden muss, dass es geschlechterunabhängig ist, von jedem Dopingkontrolleur oder Dopingkontrolleurin durchzuführen ist, können sehr schnell sehr viele Proben genommen werden. Das heißt, gerade Mannschaftssportarten können umfangreich getestet werden."
    Eine nicht-invasive, unaufdringliche Methode
    Ähnlich wie dem Fußball in Deutschland wird der Major League Baseball MLB in den USA ein laxer Anti-Dopingkampf vorgeworfen. In der MLB wird über Tests für die komplette Mannschaft nachgedacht. Deshalb hat sich die Baseball-Liga die Forschungsergebnisse von Thevis in dieser Woche bei der Konferenz der "Partnership for Clean Competition PCC” im MLB-Hauptquartier präsentieren lassen. Hinter PCC stehen das Nationale Olympische Komitee der USA, die US-Anti-Doping-Agentur, die National Football League und die MLB. Die PCC fördert die Forschung der Atemluftanalytik von Professor Thevis, um sie später in den US-Profiligen einzusetzen. Das Verfahren beruht auf einem Atemluft-Gerät, das von der schwedischen Firma SensAbues AB entwickelt wurde. Deren Vorstand John Trainor erläutert:
    "Das Gerät wurde in erster Linie entwickelt, um eine nicht-invasive, unaufdringliche Methode zu entwickeln, Proben zu sammeln, um Drogenmissbrauch nachzuweisen oder therapeutische Medikamenteneinnahme zu überwachen und es funktioniert auch beim Dopingnachweis."
    Testlauf in schwedischen Gefängnissen
    Erste Ergebnisse lieferten Testreihen in schwedischen Gefängnissen. Auf diesen Resultaten des schwedischen Professors Olof Beck bauten die Kölner Wissenschaftler ihre Forschung auf. Neben Gefängnisinsassen sollen auch Patienten von Suchtkliniken so auf Drogenmissbrauch getestet werden. In Krankenhäusern wird mit dem Gerät die therapeutische Medikamenteneinnahme überwacht. Als lukrativen Markt hat Sensabues die Dopingbekämpfung entdeckt. Anfangs war Thevis noch skeptisch. Denn nach der Literatur waren nur Stimulantien mit dieser Methode nachweisbar.
    "Hier sah ich deswegen anfangs keinen sonderlich großen Zugewinn, da dies auch mit Blut- und Urinkontrollen leicht zu bewerkstelligen ist. Auf der anderen Seite ist der nichtinvasive Charakter der Atemluftanalytik interessant und eröffnet im Hinblick der Klientel neue Möglichkeiten. Dass man hier mit deutlich weniger Belastung für den Athleten an Dopingkontrollen kommen kann."
    Nicht die einzigen Erkenntnisse der Kölner Forscher:
    "Wir waren überrascht zu sehen, dass das Spektrum vergleichsweise breit ist. Wir haben in ersten Versuchen feststellen können, dass neben Stimulantien auch verbotene Substanzen wie Meldonium oder auch anabole Wirkstoffe in der Atemluft vorgefunden werden können."
    Kein Ersatz für Urin- und Blutkontrollen
    Wegen des umfassenderen Spektrums an Nachweismöglichkeiten und längerer Nachweiszeiten werden Blut- und Urinkontrollen die bevorzugten Analysemethoden bleiben. Trotzdem habe das neue Verfahren seine Berechtigung, so Professor Thevis:
    "Aber als Ergänzung, als neue Technologie, die wir für bestimmte Zwecke im Anti-Dopingkampf einsetzen können, sollte sich die Atemluft-Analytik durchaus eignen."
    Die Vorteile liegen für den Wissenschaftler auf der Hand. Keine Nadel für eine Blutabnahme, keine Sichtkontrolle bei der Urinprobe. Für John Trainor kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu:
    "Im Anti-Dopingkampf ist man interessiert, einen nicht-invasiven und damit weniger belästigenden Test zu finden, der häufigere Kontrollen erlaubt. Häufigere Kontrollen bedeuten eine größere Abschreckung. Und das Hauptziel des Anti-Dopingkampfes ist, die Sportler vom Doping abzuhalten."
    Pädagogischer Aspekt
    Das neue Verfahren hat auch pädagogische Aspekte bei minderjährigen Sportlern. Denn hier gib es bei den klassischen Kontrollen Beschränkungen. So ist eine Vertrauensperson bei der Probenabnahme Pflicht, bei unter 16-Jährigen ist die Sichtkontrolle ausdrücklich verboten. Dazu kommt die geringe Anzahl der Kontrollen.
    "Die meisten Jugendlichen, die sich in den Spitzensport hereinbewegen, haben relativ wenig Erfahrung mit Dopingkontrollen, und die nicht invasive Methode einer Atemluftprobe erlaubt es uns, Sportler sehr vorsichtig an das System der Dopingkontrollen heranzuführen, sie auch in einer gewissen Art und Weise auszubilden, das Spitzensport und Leistungssport auch Dopingkontrollen nach sich ziehen und das Verstöße gegen Anti-Dopingregeln auch Konsequenzen haben können."
    Noch fehlt die endgültige Zulassung des Tests. Die juristischen Probleme wie eine fehlende B-Probe sieht Thevis als lösbar an. Auf jeden Fall kann die Atemluftanalytik als Vortest genutzt werden. Werden bei den kürzeren Nachweiszeiten der Methode verbotene Substanzen festgestellt, können Zielkontrollen veranlasst werden. Bei den klassischen Methoden gibt es deutlich längere Nachweiszeiten, so dass Doper überführt werden können.