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Niedrigzinsen
Banken und Versicherungen unter Druck

Niedrige Zinsen sind gut für die Konjunktur, so der Bundesverband der Deutschen Industrie. Denn, so die Begründung, wer fürs Sparen nicht belohnt wird, der gibt mehr Geld aus. Und Konsum fördert das Wirtschaftswachstum. Banken und Versicherungen stehen aber unter Druck, sie müssten ihre Geschäftsmodelle dringend umstellen, warnt jetzt die Finanzaufsicht BaFin.

Von Michael Braun | 13.01.2016
    Felix Hufeld, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin)
    Nichts zu tun und nur zu warten, bis sich das Schreckgespenst Niedrigzins verzogen hat, wäre - für einige Institute zumindest Selbstmord auf Raten, mahnt Felix Hufeld." (picture alliance / dpa / Arne Dedert)
    Gut, nach außen war die Lage entspannt beim Neujahrsempfang der Bankenaufsicht. Wasser, Wein, ein Buffet. Aber was Felix Hufeld, der Chef der Aufsichtsbehörde Bafin, gestern Abend zu sagen hatte, hatte nichts Leichtes an sich. Eher was Aufrüttelndes. Die Mahnung der Finanzaufsicht nämlich, dass Banken in Deutschland durch die niedrigen Zinsen ins Wanken geraten könnten:
    "Die Banken haben Möglichkeiten gegenzusteuern, und sie sollten sie nutzen. Das ist natürlich leichter gesagt als in der Praxis getan. Wir wissen das. Aber nichts zu tun und nur zu warten, bis sich das Schreckgespenst Niedrigzins verzogen hat, wäre - für einige Institute zumindest - Selbstmord auf Raten."
    Banken sollten gegensteuern
    Namen nannte er nicht. Aber es war klar, dass auf Dauer Sparkassen, genossenschaftliche Banken und andere Institute mit einfachem, nahe am Endkunden positioniertem Geschäftsmodell gemeint sein müssen. Die nehmen nämlich viele Spargelder ein. Wenn sie sie nicht als Kredit weiterverkaufen können, müssen sie die Gelder womöglich bei der Europäischen Zentralbank parken - gegen einen Strafzins. Und wenn sie Kredite vergeben, verdienen sie auch kaum daran.
    Weil der Unterschied zwischen dem Sparzins, den sie zahlen müssen, und dem Kreditzins, der am Markt erreichbar ist, marginal ist. Die Bafin fragt deshalb nach bei den Instituten: Senken sie die Kosten? Nehmen sie angemessene Preise für ihre Dienste? Das klang nach einem Appell, die Gebühren zu erhöhen.
    Zinstragendes Geschäft ersetzen
    Auch ermuntere die Aufsicht, zinstragendes durch provisionsgetriebenes Geschäft zu ersetzen. Dabei weiß Hufeld, wie aufwendig etwa eine Wertpapierberatung ist, auch durch gesetzliche Dokumentationspflichten. So aufwendig nämlich, dass manche Institute ihre Beratungsangebote kappen. Nicht gut für die Kundschaft, meint Hufeld:
    "Ein Anlegerschutz, der dazu führt, dass Wertpapierberatung gar nicht oder nicht mehr flächendeckend angeboten wird und faktisch einer wohlhabenden Klientel vorbehalten bleibt, kann kein sinnvolles politisches Ziel sein."
    Zumal dann auch die Provisionen für die Wertpapiergeschäfte ausbleiben und diese Einnahmen dann fehlen.
    Kaum besser ergehe es namentlich den Lebensversicherungen, sagte der Bafin-Präsident. Auch die würden aus gegebenem Anlass eng überwacht:
    "In die Manndeckung nehmen wir die Unternehmen, deren Leistungsfähigkeit auf mittlere Sicht Fragen aufwirft. Wir verfolgen genau, was die Versicherer tun und wie das, was sie tun, wirkt. Und wenn wir es für notwendig halten, greifen wir ein."
    Die Optionen der Versicherer im Zinstief: an der Kostenschraube drehen, neue Produkte ohne Garantien entwickeln oder Rückversicherer um Hilfe bitten.