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Noch immer nicht vollständig gleichgestellt

Heute vor zehn Jahren hat der Bundestag ein Gesetz beschlossen, das es auch homosexuellen Paaren ermöglicht, eine vom Staat anerkannte, förmliche Bindung einzugehen: Die Lebenspartnerschaft. Die Stimmen dafür kamen von der rot-grünen Koalition. CDU/CSU sahen die Ehe in Gefahr und mobilisierten mit aller Macht gegen die neue Regelung.

Von Oliver Tolmein |
    "Wir fühlen uns toll. Wir sind total sprachlos. Alles wunderbar."

    "Beide Ja gesagt. Standesbeamter hat auch gesagt, es ist alles in Ordnung. Ich glaub's noch nicht richtig. Ist einfach super."

    "Jetzt kommt die Pflicht und Hochzeitsnacht."

    "Für mich war ein absolut großes Erlebnis die sogenannte Verpartnerung, als wir vor dem Standesbeamten saßen und wir wurden als Lebenspartner amtlich eingetragen."

    Am 10. November 2001 beschloss die rot-grüne Koalition im Deutschen Bundestag, dass künftig auch lesbischen und schwulen Paaren der Weg zum Standesamt eröffnet sein sollte. Um das zu erreichen, obwohl im Bundesrat eine konservativ-liberale Mehrheit dagegen war, griffen die Politiker von SPD und Grünen zu einem Kunstgriff: Sie beschlossen gleich zwei Gesetze: Das "Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebensgemeinschaften" begründete die Lebenspartnerschaft als rechtlich anerkannte, dauerhafte Verbindung ohne weitere und für die Länder eventuell kostspielige Vorteile - es war daher im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig. Die steuer- und sozialrechtlichen Begünstigungen der neuen rechtlichen Gemeinschaften wurden ins "Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz" gepackt, dem die Länder im Bundesrat zustimmen mussten. So wurde dem Bundesrat die Möglichkeit genommen, die Einführung der Lebenspartnerschaft prinzipiell zu verhindern- ein Vorgehen, das den rechtspolitischen Experten der CDU/CSU-Fraktion Norbert Geis aufs Äußerste erboste. In der Bundestagsdebatte am 10. November 2001 beklagte er:

    "Das war ein ehrloses Verhalten, so verhält man sich nicht unter frei gewählten Parlamentariern."

    Die damalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin versuchte die Wogen zu glätten. Sie hob hervor, dass mit dem neuen Gesetz europarechtliche Antidiskriminierungs-Forderungen umgesetzt werden sollten und dass es daher vor allem darum gehe, Benachteiligungen zu beseitigen:

    "Was wir tun, ist, dass wir sagen, wir wollen die Diskriminierung von anderen Lebensformen abbauen, aber einschließlich dieser andersartigen Sexualität. Das heißt wir unterhalten uns jetzt nur über die Frage, ist eine Gleichstellung mit der Ehe beabsichtigt, ja oder nein, oder wird sie gar vorgenommen? Und da gilt, was ich sagte: Abbau von Diskriminierung ja, Anerkennung der Lebensform ja, aber nicht Gleichstellung mit der Ehe."

    Die Lebenspartnerschaft wurde begründet, das Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz, dem der Bundesrat zustimmen musste, scheiterte kurz darauf wie erwartet. Die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft war eingeführt, hatte vorerst aber kaum mehr als symbolische Wirkung. In Paragraf 1 des neuen Gesetzes heißt es nüchtern:

    "Zwei Personen gleichen Geschlechts, die gegenüber dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, miteinander eine Partnerschaft auf Lebenszeit führen zu wollen (Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner), begründen eine Lebenspartnerschaft."

    Gleichgeschlechtliche Paare können seitdem zwar eine dauerhafte Verbindung eingehen und übernehmen damit auch gegenseitige Unterhaltspflichten. Die rechtlichen und finanziellen Vorteile der Ehe sicherte das neue Gesetz den gleichgeschlechtlichen Paaren aber nicht. Dennoch ging der Gesetzentwurf vielen noch zu weit, sie sahen darin eine Bedrohung der Ehe und kündigten außerparlamentarischen Widerstand an. Besonders vehement trat der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber auf:

    "Aber wenn es um fundamentale Weichenstellungen geht, die gegen unsere innere Überzeugung stehen, da müssen wir auch das Volk mobilisieren und zur Hilfe rufen, damit nicht Entscheidungen gegen den Willen des Volkes in fundamentalen Entscheidungen stattfinden. Dies wird für die Regierung Schröder eine tiefgreifende Auseinandersetzung und ich bin der festen Überzeugung, dass das Volk das so nicht will, meine sehr verehrten Damen und Herren."

    Eine Klage der CDU/CSU vor dem Bundesverfassungsgericht, die das Ziel hatte, die Lebenspartnerschaft an sich zu verhindern, scheiterte. Einige wichtige Rechte, die das Gesetz den gleichgeschlechtlichen Paaren vorenthielt, sind in den letzten Jahren durch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichts ins Gesetz aufgenommen worden: vor allem die Versorgung hinterbliebener Partner ist mittlerweile geregelt. Rechtlich vollständig gleichgestellt sind Lebenspartnerschaften der Ehe aber auch heute noch nicht.