Samstag, 18. Mai 2024

Archiv

Britisch oder spanisch?
Turbulenzen bei Iberia

Spanisch oder britisch? Iberia, die spanische Fluglinie, wurde schon im Jahr 1927 gegründet. Doch 2011 fusionierte Iberia mit British Airways zur International Airlines Group – kurz IAG. Nach dem Brexit stellt sich nun die Frage, ob Iberia noch eine europäische Airline ist oder nicht.

Von Hans-Günter Kellner | 25.02.2019
Ein landender Airbus A319 der Iberia
Welche Folgen hat der Brexit für Iberia? (picture alliance / Markus Mainka)
Das Terminal 4 des Madrider Flughafens ist fest in der Hand von Iberia. Flüge nach Caracas, Buenos Aires oder Chicago, aber auch europäische Städte wie Frankfurt, Paris oder London stehen auf der Anzeigetafel. Cristina Urrusola gehört seit 20 Jahren zum Bodenpersonal der spanischen Fluglinie, erzählt sie in einer Kaffeepause, bislang ein guter Job. Doch jetzt machen ihr die Gerüchte um die Folgen des Brexit für ihren Arbeitgeber Angst:
"Wir sind natürlich besorgt. Das Misstrauen gegenüber British Airways ist seit der Fusion von 2011 groß. Wir haben den Eindruck, dass die Engländer uns eigentlich geschluckt haben. Iberia – das was war früher mal eine Familie. Wir haben uns sehr mit der Marke identifiziert, gerne für Iberia gearbeitet."
Nach dem Brexit sind Start- und Landerechte in Gefahr
Der Brexit stellt das jetzt alles in Frage. Wenn Großbritannien aus der Europäischen Union ausscheidet, sind die Start- und Landerechte in der EU für den Luftfahrtkonzern International Airlines Group, kurz IAG, und damit auch für die Tochterfirma Iberia in Gefahr, erklärt Gayle Allard, Wirtschaftsprofessorin und Luftfahrtexpertin von der IE Business-School in Madrid:
"Damit Iberia in Europa fliegen kann, muss das Unternehmen mehrheitlich Europäern gehören. Niemand weiß, was passiert, wenn Großbritannien aus der Europäischen Union ausscheidet, ob es einen sogenannten harten Brexit geben wird. Man kann nicht ausschließen, dass Iberia dann gar nicht mehr fliegen kann. IAG-Vorstandsvorsitzender Willie Walsh sagt, es gebe kein Problem, britisches Kapital sei europäisches Kapital. Aber ob das stimmt, müssen die Europäer entscheiden."
Ist Iberia nach dem Brexit kein europäisches Unternehmen?
Gegenwärtig ist Qatar Airways mit über 20 Prozent der größte Aktionär bei IAG, gefolgt von britischen und US-amerikanischen Investoren. Spanische Unternehmen sind mit der zurückliegenden Wirtschaftskrise ausgestiegen. Damit wäre IAG und somit auch Iberia nach dem Brexit kein Unternehmen der Europäischen Union mehr – die Mehrheit der Aktien hätten ja Investoren aus Nicht-EU-Staaten. Und die Ökonomin kann sich nicht vorstellen, dass Brüssel einfach beide Augen zudrückt:
"Glaubt jemand, dass Lufthansa oder Air-France-KLM dazu nichts sagen werden? Die werden natürlich ihre Rechte verteidigen. Die stehen doch schon in den Startlöchern. Ohne Iberia würden zahlreiche Landerechte in Lateinamerika frei. Die Route London-New York ist die rentabelste der Welt. Und IAG hat dort die Start- und Landerechte als EU-Fluglinie. Die müssen sie nach dem Brexit neu aushandeln, und die Konditionen werden nicht so gut sein wie bislang. Das betrifft auch Iberia."
Nun machen die Gewerkschaften Druck
IAG hat nun angekündigt, den Anteil für das Kapital aus Nicht-EU-Staaten auf unter 50 Prozent zu beschränken. Allerdings betrachtet IAG britische Investoren damit weiterhin als EU-Investoren. Auch die Gewerkschaften machen jetzt Druck, damit die Europäer dies akzeptieren, erklärt Chema Peregrande vom Betriebsrat bei Iberia:
"Wir haben schon die europäische Transportgewerkschaft gebeten, sich in Brüssel um das Thema zu kümmern. Hier geht es immerhin um 16.000 Arbeitsplätze bei Iberia. Hinzu kommen die Leute bei Iberia Express und anderen IAG-Tochterunternehmen. Das sind 25.000 Beschäftigte."
Kommt es zu einem harten Brexit, haben britische Fluggesellschaften sechs Monate Zeit, ihre Aktionärsstruktur den EU-Anforderungen anzupassen, hat die EU inzwischen entschieden. Dass Iberia irgendwann gar nicht mehr fliegen kann, kann sich Cristina Urrusola vom Bodenpersonal jedenfalls nicht vorstellen.
"Sie werden sicher eine Lösung finden. Iberia ist ein so altes Unternehmen und ist so wichtig für den Tourismus. Vielleicht wird es bald einfach mehr europäische Aktionäre haben. Was wäre der Madrider Flughafen denn noch ohne Iberia. Das gesamte Terminal 4 wäre leer. Iberia ist wirtschaftlich zu wichtig, als dass sie einfach so verschwinden könnte."