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Oscar für Doping-Dokumentation
"Wir hoffen, dass das ein Weckruf ist in Sachen Russland"

Der Dokumentarfilm "Ikarus", der die Geschichte des russischen Whistleblowers Grigorij Rodtschenkow erzählt, hat bei der Verleihung der Academy Awards in Los Angeles einen Oscar gewonnen. Die beiden Filmemacher Bryan Fogel und Dan Cogan nutzten die Bühne und forderten den Rücktritt von IOC-Präsident Thomas Bach.

Von Klaas Reese | 05.03.2018
    Dan Cogan und Bryan Fogel bei der Oscar-Verleihung in Los Angeles
    Dan Cogan und Bryan Fogel bei der Oscar-Verleihung in Los Angeles (imago stock&people)
    "And the Oscar goes to: "Icarus". Bryan Fogel und Dan Cogan".
    "Wir widmen diese Auszeichnung Dr. Grigori Rodschenkow, einem furchtlosen Whistleblower, der heute in großer Gefahr lebt."
    Grigori Rodschenkow hatte das russischen Staatsdopingsystem als Chef des Moskauer Anti-Doping Labors mit entwickelt und dann als Whistleblower den russischen Staatsdopingskandal rund um die Winterspiele in Sotchi 2014 aufgedeckt. Der Dokumentarfilm "Icarus" zeigt Rodschenkow in beiden Rollen und begleitet ihn bei seiner Flucht in die USA.
    "Wir hoffen, dass 'Ikarus' ein Weckruf ist, ja, über Russland, aber mehr noch über die Wichtigkeit, die Wahrheit zu sagen. Jetzt erst recht."
    Russische Politiker zweifelten die Glaubwürdigkeit des Dokumentarfilms an. Die Auszeichnung für "Icarus" sei "rein politisch motiviert", sagte der Vorsitzende des Sportausschusses im Parlament, Michail Degtjarjow.
    Kritik am IOC
    Kremlsprecher Dmitri Peskow nannte den früheren Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors Rodschenkow eine "zutiefst widersprüchliche Persönlichkeit". Deshalb müsse man sehr vorsichtig mit allem Material sein, das sich auf seine Angaben stütze. Russland geht strafrechtlich gegen den Wissenschaftler vor, der in die USA geflohen ist, wo dieser nach Aussage von "Icarus"-Produzent Dan Cogan in großer Gefahr lebe:
    "Der ehemalige Leiter des russischen Olympischen Komitees sagte vor Monaten öffentlich, dass Grigori erschossen werden sollte, so wie es zu Stalins Zeit passiert wäre. Und ich habe ihn das nicht zurücknehmen hören und ich hörte niemanden aus der russischen Regierung sagen, dass man das nicht tun sollte. Also denke ich, dass wir alle die Drohungen gegen ihn sehr, sehr ernst nehmen müssen."
    Regisseur Fogel ergänzte, dass das Verhalten des IOC gezeigt habe, dass man dem olympischen Gedanken nicht vertrauen dürfe. Deshalb forderte er:
    "Thomas Bach has to resign."
    Fogel begründete die Rücktrittsforderung mit der in seinen Augen hochgradig falschen Entscheidung russischer Athleten zu den Winterspielen in Südkorea zuzulassen.
    "Und dann, sofort nachdem die Spiele vorbei waren, ohne dass dieses Land jemals die Verantwortung übernommen hat, sich für irgendeine ihrer Handlungen entschuldigt hat, heben sie das Verbot für dieses Land auf. Was für ein Betrug, was für eine korrupte Organisation und dieser Mann sollte sich für sich selbst schämen. Er muss zurücktreten."