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OSZE-Tagung in Hamburg
Lawrow relativiert Aussagen zu Aleppo

Zunächst hieß es, die syrische Armee habe ihre Militäroffensive in Aleppo gestoppt. Nach Berichten über anhaltende Bombardements in der Syrischen Metropole erklärte Russlands Außenminister Sergej Lawrow nun, es habe sich nur um eine "humanitäre Unterbrechung" der Angriffe gehandelt.

    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow auf der OSZE-Tagung in Hamburg.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow auf der OSZE-Tagung in Hamburg. (AFP / John Macdougall)
    Ziel sei gewesen, "dass Zivilisten die Stadt verlassen konnten, die dies wollten", sagte Lawrow am Rande des OSZE-Ministerrats in Hamburg. Von einer Einstellung der Kampfhandlungen sei dagegen nie die Rede gewesen. Die Angriffe würden so lange weitergehen, "wie noch Banditen in Aleppo sind".
    Am Donnerstag hatte Lawrow davon gesprochen, dass derzeit in Aleppo eine "große Operation" laufe, um Zivilisten in Sicherheit zu bringen. Es habe sich in der Stadt bereits ein mehrere Kilometer langer Konvoi gebildet. Er habe zudem mit seinem amerikanischen Kollegen Kohn Kerry für Samstag ein Treffen von Militärexperten und Diplomaten aus Russland und den USA vereinbart. Dabei soll es ebenfalls um einen Abzug von Zivilisten sowie von Rebellen aus Ost-Aleppo gehen. Anwohner und Rebellenkämpfer berichteten dagegen, dass die Bombardements auf die von der Opposition gehaltenden Gegenden weitergingen. Der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura erklärte, er sehe Chancen für eine Wiederaufnahme der Syrien-Gespräche.
    Keine Annährung im Ukraine-Konflikt
    Dominierendes Thema am ersten Tag des OSZE-Gipfels in Hamburg war allerdings der Ukraine-Konflikt. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier kritisierte, den Konfliktparteien fehle es an politischem Willen für Fortschritte im Friedensprozess. In diesen Krisenzeiten sei die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa für den Dialog zwischen Ost und West wichtiger denn je. Er warnte vor einer Rüstungsspirale. Durch Misstrauen und Angst drohe eine "gefährliche Dynamik der Aufrüstung", sagte Steinmeier bei dem Treffen von rund 50 Außenministern der OSZE.
    Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) spricht am 08.12.2016 in den Messehallen in Hamburg auf einer Pressekonferenz nach der ersten Sitzung des OSZE-Ministerrats. An der Konferenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nehmen in Hamburg am 8. und 9. Dezember rund 50 Außenminister teil.
    Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) spricht in den Messehallen in Hamburg auf einer Pressekonferenz nach der ersten Sitzung des OSZE-Ministerrats. (dpa / picture alliance / Christian Charisius)
    "Niemand kann wollen, dass sich eine neue Rüstungsspirale in Gang setzt", sagte Steinmeier weiter. Deshalb müsse es einen Neustart für die Rüstungskontrolle geben, deren Instrumente veraltet und den veränderten militärischen Realitäten nicht mehr angemessen seien. Auch beim russischen Außenminister Lawrow warb Steinmeier für einen "erneuerten Dialog, um verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen".
    Doch im Ukraine-Konflikt prallten die gegensätzlichen Positionen direkt wieder aufeinander. Steinmeier mahnte, die Friedensvereinbarungen für den Osten der Ukraine umzusetzen. Während der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin erneut Russland dafür verantwortlich machte, dass die Abkommen von Minsk nicht eingehalten werden, wies Lawrow alle Vorwürfe zurück. Den Eindruck einer russischen Bedrohung nannte er einen Mythos.
    US-Außenminister John Kerry warf Moskau erneut vor, mit der Besetzung der Krim-Halbinsel gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Von der Ukraine forderte er zugleich mehr Einsatz gegen Korruption.
    Keine gemeinsame Abschlusserklärung
    Wegen der zahlreichen Kontroversen wird es voraussichtlich keine gemeinsame Abschlusserklärung des OSZE-Rats geben, sondern nur ein Abschluss-Kommuniqué von Gastgeber Deutschland. Steinmeier sagte als amtierender Vorsitzender: "Gerade in stürmischen Zeiten wie diesen brauchen wir die OSZE als Leuchtturm, der auch Orientierung geben kann. Wir dürfen uns aber nichts vormachen: Der große Wurf zur Überwindung des Trennenden wird uns so schnell nicht gelingen. Aber wir können uns gegen die Verzagtheit auflehnen und beharrlich an realistischen Lösungsansätzen arbeiten."
    Zugleich forderte er mehr Personal, mehr Geld und einen klaren rechtlichen Rahmen für künftige OSZE-Einsätze in Konfliktgebieten. Weitere Themen der Konferenz waren der im Frühjahr wieder aufgeflammte Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um Berg-Karabach sowie der Transnistrien-Konflikt in Moldawien.
    (tzi/hba/gwi)