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Patientenrecht-Gesetz krankt an allen Ecken und Enden

Gesetze bündeln, besser aufklären, Patienten in Auseinandersetzungen mit Ärzten und Kliniken den Rücken stärken. All das soll das neue Patientenrechtegesetz leisten. Jetzt haben mehrere Verbraucher- und Patientenorganisationen den Entwurf abschließend bewertet.

Von Philip Banse |
    Mit welchem Ergebnis, Philip Banse?

    Medizinerverbände sind sehr zufrieden mit dem kürzlich vorgelegten Entwurf für ein Patientenrechtegesetz. Patientenverbände dagegen kritisieren die Gesetzesvorlage scharf. Das Justiz- und Gesundheitsministerium wollen bisher verstreute Regelungen für Patienten an einer Stelle im Bürgerlichen Gesetzbuch zusammenfassen. Dabei würden lediglich längst geltende Regeln in ein Gesetz gegossen, klagt Ilona Köster Steinebach vom Verbraucherzentrale Bundesverband:

    "Genau das ist das Problem. Durch das neue Patientenrechtegesetz werden eigentlich keine neuen Rechte für Patienten etabliert."

    Für viel Ärger sorgen heute Behandlungsfehler. Da stehen die Betroffenen heute vor großen Problemen, wenn sie entschädigt werden wollen. Die Bundesregierung will, dass sich Betroffene zunächst mal an ihre Krankenkasse wenden können. Gesundheitsminister Daniel Bahr, FDP, sagte, das geplante Gesetz werde dafür sorgen, dass die Krankenkasse verpflichtet werden, Patienten zu beraten und dabei zu unterstützen, ihre Ansprüche auch geltend zu machen. Verbraucherschützerin Ilona Köster-Steinebach interpretiert den Gesetzentwurf anders:

    "Derzeit ist es so, dass Krankenkassen Patienten im Behandlungsfehlerfall helfen können. Das ist bereits gültige Rechtslage. In Zukunft, nach den Vorgaben des Patientenrechtegesetzes, sollen sie helfen. Aber das ist natürlich deutlich von 'müssen' entfernt."

    Ganz zentrales Problem bei Behandlungsfehlern ist: Wer muss wem was beweisen? Der Gesetzentwurf hält an der bestehenden Regel fest, dass die Patienten beweisen müssen, dass der Arzt einen Fehler gemacht hat und dass ihnen ein Schaden entstanden ist. Nicht beweisen müssen die Patienten, dass der Fehler den Schaden auch verursacht hat. Ist klar, dass er einen Fehler gemacht hat und ein Schaden entstanden ist, muss der Arzt beweisen, dass es keinen Zusammenhang gibt. Diese Regelung haben höchste deutsche Gerichte bisher auf so ziemlich alle Behandlungsfehler angewendet. Das neue Gesetz gießt diese richterlichen Festsetzungen jetzt zwar in ein Gesetz – schreibt diese entlastende Beweisumkehr jedoch nur für grobe Behandlungsfehler vor. Ein Rückschritt, sagt Verbraucherschützerin Köster-Steinebach:

    "Diese Beweislasterleichterung wird zum Teil von den Gerichten auch dann schon angesetzt, wenn es nicht zu einem sogenannten groben Behandlungsfehler kommt. Jetzt wird ins Gesetz rein geschrieben, dass diese Beweislasterleichterung ausschließlich bei groben Behandlungsfehlern angewendet werden soll. Daraus können natürlich Anwälte der Ärzteseite folgern, dass es bei anderen Behandlungsfehlern diese Beweislasterleichterung nicht geben darf."

    Das wäre dann sogar eine Verschlechterung der Patientenrechte, sagt die Verbraucherschützerin. Aber Ärzte generell beweisen zu lassen, dass sie alles richtig gemacht haben, wäre falsch, sagt Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, weil das zu einer Defensivmedizin führen würde, bei der Ärzte riskante Behandlungen lieber gleich sein lassen würden. Wer sich gegen Behandlungsfehler wehren will, muss auch die Behandlungsakten kennen. Hier will der Gesetzentwurf geltende Regeln in Gesetzesform gießen: So sollen Ärzte dokumentieren müssen, sie sollen ihre Aufzeichnungen hinterher nicht mehr verändern dürfen, auch sollen Patienten Einsicht in diese Akten nehmen dürfen. Wirklich neue Rechte bekämen die Patienten jedoch nicht, sagt Verbraucherschützerin Köster-Steinebach. Wenn Ärzte und Krankenhäuser die Akten wie heute oft Alltag nicht herausrücken, sehe auch der Gesetzentwurf keine Sanktionen vor.