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Pflanzenschutzmittel
Geschädigter klagt in Frankreich gegen Monsanto

Für manche Menschen hat der Umgang mit Pflanzenschutzmitteln existenzielle Folgen - so wie für den französischen Landwirt Paul François. Er ist nach einem Unfall mit Herbizid-Dämpfen erkrankt und kämpft um Schadensersatz. Doch sein Gegner, der amerikanische Chemiekonzern Monsanto, leugnet jede Verantwortung.

Von Suzanne Krause |
    Ohne große Illusionen wird Paul François heute Nachmittag den Gerichtssaal betreten: Sein Gegner, der amerikanische Chemiekonzern Monsanto, leugnet weiterhin jede Verantwortung für den Unfall des Bauern und den gesundheitlichen Folgen. Obgleich das Gericht in Lyon im Februar 2012 befand, Monsanto sei verantwortlich. Nach der damaligen Urteilsverkündung konterte das Unternehmen auf seiner Webseite:
    "Die vertiefte Analyse des Falls durch unsere Experten ergibt, dass der Kausalzusammenhang zwischen dem Unkraut-Vernichtungsmittel Lasso und den von Herrn François geschilderten Symptomen fehlt. Wir sind nicht der Meinung, dass Lasso bei einem Unfall für den Schaden gesorgt haben könnte oder dass Monsanto dies zugelassen haben könnte."
    Telefonische und schriftliche Bitten des Deutschlandfunks an Monsanto, zum heutigen Stand Position zu beziehen, blieben unbeantwortet.
    Geschädigter setzt auf Öffentlichkeit
    Paul François hingegen setzt auf Öffentlichkeit. Auch zehneinhalb Jahre nach seinem Unfall kämpft er weiterhin mit Gedächtnisproblemen, Kopfschmerzen, Schwindelanfällen. Nur noch halbtags kann der Getreidebauer deshalb die 400 Hektar, die er mit einem Partner bestellt, bewirtschaften. Und die Klage gegen Monsanto habe ihn bislang schon ZehnTausende Euro gekostet, sagt Paul François:
    "Beim Schadensersatzverfahren üben die Anwälte von Monsanto einen unglaublichen Druck aus. Sie verlangten, neben den vom Gericht bestimmten Experten auch einen Psychiater einzubeziehen. Das Gericht lehnte dies ab, Monsanto ging dagegen vor, die Entscheidung steht noch aus. Kurzum: der Konzern hat wieder und wieder dafür gesorgt, zusätzliche juristische Verfahren einzuleiten. All das kostet Zeit, Geld und erhöht den Druck."
    Doch die Öffentlichkeitsarbeit des nach einem Pestizid-Unfall erkrankten Landwirts trägt Früchte. Im März 2011 gründete er mit Schicksalsgenossen einen Verein: Phyto-Victimes, Opfer von Pflanzenschutzmitteln. Der zählt heute 180 Mitglieder. Eine Lobbygruppe, die auch bei Politikern Gehör findet.
    Capucine Darcq gehört zur Anwaltskanzlei, die sich um den Fall von François kümmert. Auf ihrem Schreibtisch liegen Akten von mehr als 30 Bauern oder landwirtschaftlichen Arbeitern, die ihre gesundheitlichen Probleme auf den Umgang mit chemischen Pflanzenschutzmitteln zurückführen. Manch einer streitet noch um die Anerkennung seiner Gesundheitsschäden als Berufskrankheit. Doch diesbezüglich habe die Lobbyarbeit von Phyto-Victimes für eine neue Weichenstellung gesorgt, sagt Capucine Darcq.
    "Es hat in den letzten drei Jahren einige Fortschritte gegeben. Im Mai 2012 hat die staatliche Krankenkasse für landwirtschaftliche Berufe Parkinson als Berufskrankheit anerkannt. Dabei wurde die wissenschaftliche Literatur herangezogen, laut der es einen Zusammenhang zwischen der Krankheit und dem Umgang mit Pestiziden gibt. Derzeit wird daran gearbeitet, auch das sogenannte Non-Hodgkin-Lymphom, eine Art Lymphdrüsenkrebs, als Berufskrankheit anzuerkennen."
    Vor zwei Jahren veröffentlichte der Senat in Paris einen umfangreichen Bericht zum Thema "Pestizide und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit". Die Risiken würden unterschätzt, lautet dessen Credo. Die Senatoren der für den Bericht zuständigen Kommission monierten auch eine zu zögerliche Umsetzung des Eco-Phyto-Plans. Das Ende 2007 gestartete Programm sieht vor, bis 2018 den Einsatz von Pestiziden um die Hälfte zu reduzieren. Von diesem Ziel jedoch ist man noch weit entfernt. Währenddessen betreibt das staatliche Gesundheitsforschungsinstitut INSERM derzeit eine Kohortenstudie zum Thema Landwirte und Krebs.
    Bis zu seinem Unfall stand Paul François voll hinter den industriellen Anbaumethoden. Heute verzichtet er, wo es nur geht, auf den Einsatz von Pestiziden:
    "Jeder Bürger sollte daran teilhaben, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Und zu einer globalen Bewegung beitragen, die dazu führt, dass wir nicht mehr ganze Generationen, ob Landwirte oder andere, mit Chemikalien vergiften, die heutzutage allgegenwärtig sind."