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Preisvergleich in der Hosentasche

An Informationen für den Einkauf mangelt es nicht: Testberichte, Daten über Hersteller, Inhaltsstoffe oder Konkurrenzprodukte gibt es in einschlägigen Zeitschriften und im Internet - aber man braucht sie oft beim Einkaufen, also im Geschäft. Dank Mobiltelefon geht auch das.

Von Claudia van Laak | 18.02.2010
    Sabine Baum greift im Laden immer öfter zu ihrem Smartphone. Nicht, um zu telefonieren. Nein, sie scannt mithilfe der Handykamera den Barcode des Produkts, für das sie sich gerade interessiert.

    "Man kriegt Preisvergleiche raus, und wenn man gerade mal etwas sieht, was man konsumieren möchte, dann muss man nicht nach Hause rennen und das Internet anschmeißen, sondern hat den Preisvergleich praktisch in der Hosentasche."

    Das Smartphone sendet die gescannten Barcode-Informationen zur Datenbank des Berliner Internetunternehmens barcoo - im Idealfall erhält der Nutzer in weniger als einer Sekunde umfangreiche Informationen, die über den Packungsaufdruck hinausgehen. Bei tiefgefrorenem Fisch zum Beispiel Hinweise von Greenpeace oder dem Umweltverband WWF über die Nachhaltigkeit des Produkts. Seit einem Jahr ist der kostenlose Handy-Barcode-Scanner auf dem Markt, eine halbe Million Nutzer haben ihn bereits heruntergeladen, sagt Benjamin Thym, Geschäftsführer von barcoo.

    "Generell wird die mobile Nutzung dieser Dienste sehr, sehr stark ansteigen und für mehr Transparenz beim Konsum sorgen."

    Wer die GPS-Funktion in seinem Handy aktiviert, der kann erfahren, ob und wo es das gescannte Produkt billiger gibt - in der Nähe oder vielleicht in einem Online-Shop. Kostenlose Handy-Barcode-Scanner werden von mehreren Unternehmen angeboten, von Smartshopping, Geizkragen oder eben barcoo. barcoo nimmt für sich in Anspruch, die meisten Informationen zu liefern und zudem sozialen und ökologischen Kriterien Beachtung zu schenken.

    "Im nächsten Monat wird die Nachhaltigkeitsampel kommen. Das heißt, dass wir die Herstellerinformationen über die Sozialverantwortung transparent machen. Diese Informationen machen wir zugänglich über viele verschiedene Rankings und zeigen dann beim Scannen die Informationen über den Hersteller selber an."

    Doch: Hinter barcoo steht keine Stiftung, kein Verein, keine Verbraucherschutzorganisation. Das Unternehmen will mit seinem Handy-Barcode-Scanner Geld verdienen. Deshalb rät Holger Brackemann von der Stiftung Warentest, sich das Geschäftsmodell dieses und ähnlicher Anbieter genau anzusehen.

    "Letztlich kann man das auch im Internet nicht für umsonst machen. Sondern die Seiten verdienen ja Geld, zum Beispiel, indem sie Werbung veröffentlichen, zum Beispiel, in dem sie auf bestimmte Händler verlinken, und wenn der Nutzer diesen Link betätigt, bekommt der Betreiber der Seite Provision dafür."

    barcoo setzt auf ein ähnliches Modell wie Wikipedia: Alle Nutzer sind aufgerufen, die Datenbank mit ihren Prüfberichten und Informationen zu füttern. Zum Beispiel, die auf den Lebensmittelverpackungen aufgedruckten Nährwerte einzugeben - so wird nach und nach die von der Bundesregierung abgelehnte Lebensmittelampel Realität. barcoo-Geschäftsführer Benjamin Thym:

    "Also, die Industrie wehrt sich weiterhin dagegen, dass die Lebensmittelampel auf die Verpackung kommt, wo sie eigentlich auch hingehört. Im Moment sieht es so aus, als ob wir die Ampel in Deutschland nicht bekommen. Insofern kann man ja auf barcoo gehen und sich über die Hintertür die Ampel persönlich holen."

    Die Stiftung Warentest schreitet beim Web 2.0 nicht so schnell voran wie ihre kommerzielle Konkurrenz. Zwar will die Seite www.test.de im Laufe des Jahres auch mobilen Internetnutzern etwas bieten, aber der Handy-Barcode-Scanner ist - noch - kein Thema für die Stiftung Warentest. Das Herunterladen ausführlicher Testberichte soll kostenpflichtig bleiben.