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Presseschau
"Die Einschläge kommen näher"

Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen kritisieren die Hilflosigkeit des Westens angesichts der Massenflucht syrischer Kurden in die Türkei. Weiteres Thema unserer Presseschau: der Deutschland-Besuch des französischen Premierministers Manuel Valls.

22.09.2014
    Syrische Kurden überqueren die Grenze zur Türkei.
    Syrische Kurden überqueren die Grenze zur Türkei. (AFP / Ilyas Akegin)
    Dazu schreibt die STUTTGARTER ZEITUNG:
    "Bundeskanzlerin Merkel hat dem Gast Rückendeckung gegeben, Frankreichs Reformprogramm gar als 'anspruchsvoll und ambitioniert' gelobt. Eile ist geboten. Die Proteste in Frankreich nehmen zu."
    Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf stellt fest:
    "Die Bundesregierung weiß, dass ihre Einflussmöglichkeiten begrenzt sind und eine offene Konfrontation mit Paris die Euro-Krise erneut anfachen könnte. Den ehrgeizigen Valls zu stützen, damit den Reformprozess zu fördern und gleichzeitig den rechtsextremistischen Front National in Frankreich zu bremsen, ist derzeit die klügste Strategie."
    Das STRAUBINGER TAGBLATT kommt zu dieser Einschätzung:
    "Die französische Wirtschaftsschwäche ist hausgemacht und keineswegs schicksalhaft. Deutschland und einige andere Euro-Länder haben bewiesen, dass sich Schuldenabbau und Wirtschaftswachstum nicht ausschließen, sondern einander bedingen."
    DER TAGESSPIEGEL konstatiert:
    "Falls Valls darauf gehofft haben sollte, zusätzliche Investitionen lockerzumachen, so ist er enttäuscht worden".
    Die HESSISCHE NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE aus Kassel lehnt Zugeständnisse an Frankreich ab:
    "Warum sollten estnische oder slowakische Rentner den Gürtel enger schnallen, damit französische es nicht tun müssen? Warum sollten finnische Arbeiter länger und härter arbeiten als französische?"
    Die BADISCHE NEUESTEN NACHRICHTEN aus Karlsruhe resümieren:
    "Anstatt eine 'Agenda 2020' anzupacken und sich ein Vorbild an der einstigen Schröder-Regierung im Nachbarland Deutschland zu nehmen, hält Paris an den unwirksamen Rezepten der Vergangenheit fest. Immer neue Schulden sollen den Betrieb am Laufen halten, dabei wird nur an den Symptomen herumgedoktert. Längst haben es sich die Franzosen bequem gemacht. Es fehlt der Mut, Strukturreformen in Angriff zu nehmen".
    Mit der Massenflucht syrischer Kurden in die Türkei befasst sich die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG. "Die Einschläge kommen näher" heißt es:
    "Direkt an der Grenze zum Nato-Partnerland Türkei wird geschossen und gebombt. Die Terrormiliz IS ist nicht zu stoppen. Es ist eine humanitäre Katastrophe, die zweierlei deutlich macht: erstens die Hilflosigkeit des Westens angesichts der Bürgerkriegswirren in Syrien. Und zweitens die furchtsame Unbarmherzigkeit der Europäer, die schon angesichts vergleichsweise kleiner Flüchtlingszahlen in Wehklagen ausbrechen."
    Die LANDESZEITUNG aus Lüneburg geht auf die Kämpfe der Kurden ein:
    "Nun springt die PKK in die Bresche und stellt sich den brutalen sunnitischen Terroristen. Die PKK, die noch fast überall im Westen als Terrororganisation verfemt wird. Der Realitätsschock wird noch größer, wenn der Westen erst erkennt, dass er ohne die Bodentruppen des syrischen Präsidenten Assad den IS-Spuk nicht wird beenden können."
    Der MANNHEIMER MORGEN kritisiert die Haltung der Türkei:
    "Ohne Ankaras Kooperation ist ein durchschlagender Erfolg der Allianz gegen die Terroristen nicht möglich. Das menschliche Elend an seinen Grenzen wird unweigerlich auch die Türkei einholen."
    Polizisten einer Spezialeinheit haben in Berlin einen mutmaßlichen Islamisten festgenommen, der in Syrien für die Dschihadisten gekämpft haben soll. Darauf gehen die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN aus Münster ein:
    "Eines ist klar: Mit der Rückkehr von IS-Kämpfern erreicht der Terrorismus hierzulande eine ganz neue Bedrohungsstufe. Nur Kontrollen werden nicht reichen. Deutschland und Europa müssen juristische Mittel finden, diese tickenden Zeitbomben schon bei der Rückkehr zu entschärfen."