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Putin nach Trump-Drohung
"Vernunft walten lassen"

Die Twitter-Drohung von US-Präsident Trump, nach der ein Raketenangriff auf Ziele in Syrien bevorstehen könnte, schürt international die Sorge vor einer Eskalation. Russlands Präsident Putin plädierte für mehr Vernunft. Der Iran bekräftigte seine Unterstützung für den syrischen Staatschef Assad.

    Das Bild zeigt Russlands Präsident Putin im Kreml. Er schreitet durch die Gänge und hält ein zusammengerolltes Stück Papier in seinen Händen.
    Russlands Präsident Putin im Kreml (dpa-bildfunk / AP / Alexander Zemlianichenko)
    Putin bezeichnet die Weltlage als "chaotisch und besorgniserregend". Er hoffe, "dass sich letzlich die Vernunft dursetzt, der gesunde Menschenverstand die Oberhand gewinnt und die internationalen Beziehungen in eine konstruktive Richtung gehen." Sein Präsidialamt erteilte einer "Twitter-Diplomatie" eine Absage. Man bevorzuge einen "seriösen Ansatz", meldete die Nachrichtenagentur Interfax.
    Das Außenministerium im Moskau mahnte die USA zur Vorsicht. Amerikanische Geschosse sollten in Richtung Terroristen und nicht auf rechtmäßige Regierungen fliegen. Der Einsatz "intelligenter Raketen" könne auch ein Versuch sein, Beweise für einen mutmaßlichen Angriff mit Chemiewaffen in Syrien zu zerstören. In der vergangenen Nacht hatten sich Russland und die USA im UNO-Sicherheitsrat gegenseitig mit Vetos blockiert. Daher scheiterten gleich mehrere Resolutionsentwürfe, die sich mit Wegen zur Aufklärung des mutmaßlichen Giftgasangriffs in der syrischen Stadt Duma mit vielen Toten befassten.
    "Iran an der Seite Syriens"
    Syriens Außenministerium warf Washington vor, "mit Lügen einen Vorwand" zu schaffen, um das Land ins Visier zu nehmen. Die Amerikaner sorgten gedankenlos für eine Eskalation. Überraschend sei das aber nicht. Derweil bekannte sich der der Iran zu seinem Verbündeten in Damaskus. Teheran unterstütze Syrien "in seinem Kampf gegen Amerika und das zionistischen Regime", sagte Ali Akbar Welajati, führender Berater des iranischen geistlichen und politischen Oberhaupts Ajatollah Ali Chamenei bei einem Besuch in Syrien im staatlichen Fernsehen: "Wir werden an der Seite der syrischen Regierung gegen jegliche ausländische Aggression stehen."
    Berichte über erste Truppenbewegungen
    Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte räumen die syrischen Regierungstruppen bereits große Flugplätze und Stützpunkte. Sie hat ihren Sitz in London und stützt sich auf ein Netz von Informanten und Aktivisten, ihre angaben sind von unabhängiger Seite nicht überprüfbar. Vonseiten des russischen Militärs hieß es inzwischen, man habe Bewegungen der US-Marine im Persischen Golf registriert.
    Zuvor hatte Trump getwittert, Russland habe ja angekündigt, jede angreifende Rakete abzuschießen. Und diese Raketen kämen nun. "Russland mach Dich bereit", hieß es in dem Tweet wörtlich.
    Trump hatte schon zuvor eine "starke Reaktion" angekündigt. Die Verantwortlichen müssten einen "hohen Preis" für den mutmaßlichen Giftgasangriff zahlen.
    "Schöne und intelligente Raketen"
    Trump beschrieb die Raketen wörtlich als "nice, new and smart" - also "schön, neu und intelligent". Der Präsident appellierte an Russland, nicht weiter den syrischen Machthaber Assad zu unterstützen. Diesen bezeichnete er wieder als ein "Tier" oder "Vieh", das sein Volk mit Gas töte und dies genieße (im Original: "Gas Killing Animal").
    In einem weiteren Tweet nannte Trump die Beziehungen zwischen den USA und Russland "so schlecht wie nie zuvor", die Zeiten des Kalten Krieges eingeschlossen. Der US-Präsident betonte, alle Nationen müssten zusammenarbeiten und damit aufhören, sich dabei zu übertrumpfen, mit Waffen in Syrien einzugreifen.
    Aus dem US-Verteidigungsministerium verlautete lediglich, man äußere sich nicht zu möglichen Militäraktionen. Derartige Fragen sollten an das Weiße Haus gerichtet werden.
    Besorgte Reaktionen
    Der Vorsitzende der Links-Fraktion, Dietmar Bartsch, forderte auf Twitter "Finger weg vom Raketenknopf". Auch die Staats- und Regierungschefs der 5 UNO-Vetomächte hätten nicht das Recht, mit "spätpubeträrem Rüpeltum" das Schicksal der Bevölkerung eines Landes und einer ganzen Region aufs Spiel zu setzen.
    Der Publizist und frühere CDU-Politiker Todenhöfer wählte drastische Worte:
    Trumps Ankündigung sorgte nach Angaben von Aktienhändlern auch an den Börsen für Verunsicherung. Der Frankfurter Leitindex Dax sank bis zum Nachmittag um gut ein Prozent auf 12.260 Punkte ab. Der EuroStoxx50 fiel um 0,8 Prozent auf 3411 Punkte.