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Radsport
Doping im Selbstversuch

Die Doping-Causa Lance Armstrong kommt in dieser Woche ins Kino. Für die Vorbereitung auf den Film “The Program” nahm Hauptdarsteller Ben Foster selbst Dopingmittel. Er verkörpert einen Bösewicht ganz nach dem Geschmack Hollywoods.

Von Jürgen Kalwa |
    Der amerikanische Radsportler Lance Armstrong guckt kritisch
    Jetzt beschäftigt sich ein Kinofilm mit dem Fall Lance Armstrong (picture alliance / dpa / Ncy )
    Ben Foster kam vor ein paar Tagen nach Italien, um Werbung für den Kinofilm zu machen, in dem er einen weltberühmten Mann spielt. Auf der Leinwand sieht er ihm sogar ein bisschen ähnlich. Und er klingt fast wie Lance Armstrong, der jahrelang monoton das gleiche sagte, wenn er jeden Verdacht von sich zu weisen versuchte.
    So wie in dieser Szene: "I have never tested positive for performance-enhancing drugs. I have never tested for performance-enhancing drugs."
    Doch Monate nach den Dreharbeiten kann man diesen Ben Foster kaum noch wiederkennen. Er sieht nicht mehr hager und sehnig aus, sondern hat ein rundliches, leicht aufgeschwemmtes Gesicht. Weshalb Spekulationen aufkamen, dass dies etwas damit zu tun haben könnte, dass sich der Schauspieler allzu konsequent auf die Rolle vorbereitet hatte. Er hatte sich gedopt. Darunter mit Anabolika. Das Ziel des Selbstversuchs? Sich in die innere Verfassung eines Mannes hineinzufinden, von der wir auch heute noch - drei Jahre nach seinem Sturz ins Nichts – eigentlich viel zu wenig wissen.
    "Foster trifft widerliche Typen sehr gut"
    Das Ergebnis allerdings ist Oscar-reif. Und lässt sich nun im Kino betrachten. Im Film "The Program". Deutscher Untertitel: "Um jeden Preis". David Walsh, der irische Sportjournalist, auf dessen Enthüllungen der Film zum großen Teil basiert:
    "Ben Foster spielt Armstrong sehr gut. Widerliche Typen trifft der einfach sehr gut. Aber der Film hat noch andere Stärken. Es ist die wahre Geschichte, ehrlich dargestellt. Alle wichtigen Abschnitte sind enthalten."
    Das war für Walsh nicht ohne Bedeutung. Denn ohne seine langjährige investigative Arbeit, mit der er als einer der ersten am Sockel des scheinbar unantastbaren Denkmals rüttelte, der sich den Heiligenschein des Krebskämpfers aufsetzte, wäre Armstrong womöglich nie überführt worden.
    Man wird Walsh allerdings im Film nicht erkennen. Sein Landsmann Chris O'Dowd ist ein ganz anderer Typ. Aber einer mit Charisma: "Er spielt den Journalisten wirklich gut. Es gibt da eine Szene, da fragt er Kollegen: "Warum seid ihr nicht in der Lage, das zu sehen?". Das habe ich damals 20mal zu 20 Journalisten gesagt. Ich war ganz genauso."
    Die Akte Armstrong ist noch nicht geschlossen
    Die Leinwandinszenierung hat viele Elemente, die helfen, die Geschichte noch einmal gründlich nachzuvollziehen. Neben der Zuspitzung und Vereinfachung auf Böse und Gut gibt es nämlich viele wichtige Nebenstränge. Vor allem solche, die erklären, wie das Betrugsnetzwerk irgendwann doch noch zu Fall gebracht wurde: Welche Rolle dabei der überführte Doper Floyd Landis spielte, der 2010 alles zugab und vieles ins Rollen brachte. Oder auch die enorme Standfestigkeit einer Betsy Andreu, Ehefrau des ehemaligen Armstrong-Teamgefährten Frankie Andreu. Sie wusste viel und weigerte sich, für Armstrong zu lügen.
    Selbst Jahre später ist das Thema übrigens noch immer nicht abgearbeitet. So schleppt sich der Schadenersatzprozess der amerikanischen Post und des Justizminsteriums in Washington gegen den ehemaligen Radrennfahrer dahin, bei dem es um zig Millionen Dollar geht. Und noch immer weigern sich Armstrong und viele wichtige Mitwisser aus seiner Entourage, die ganze Wahrheit zuzugeben.
    Das stellt den Film vor ein schwer zu lösendes Problem. Bei ihm bleibt ein Teil des Endes notwendigerweise offen. In der Realität geht die Sache weiter.