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Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (11)

Die katholische Theologin Johanna Rahner, der Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann und die Kinderbuchautorin Maja Nielsen kommentieren Martin Luthers elfte These.

    These 11: "Jenes Unkraut von kirchlicher Bußstrafe, die in Fegfeuerstrafe umgewandelt werden muss, ist offenbar gerade ausgesät worden, als die Bischöfe schliefen."
    Johanna Rahner, katholische Theologin: "Ich mag sie, die in Ironie verpackte Kritik Luthers. Schlafende Kirchenfürsten, die nicht merken, wenn man theologisches Unkraut unter die Ernte des guten Glaubens mischt. In Sachen Fegfeuer ist dann die theologische Spekulation mächtig ins Kraut geschossen."
    Thomas Kaufmann, Kirchenhistoriker: "Die Vorstellung, die hier zugrunde liegt, ist, dass einer bestimmten Sündentat auch eine entsprechende Kompensation in Form einer entsprechenden Bußleistung zu entsprechen hat. Für Ehebruch so und so viel Monate, Wochen verschärfte asketische Bußübung etwa. Und Luther kritisiert hier, dass aus dieser innerweltlichen Bußableistung eine ins Fegefeuer, also in die postmortale Sphäre projizierte Strafabgeltung vorgesehen ist."
    Maja Nielsen, Kinderbuchautorin: "Luther greift hier die Bischöfe an, die offenbar gepennt haben, als das Unkraut falscher Lehren ausgesät wurde. Aber wie leicht Unkraut wuchert, davon kann jeder, der einen eigenen Garten hat, ein Lied singen. Wenn zum Beispiel in der Bibel steht: 'Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten, und du sollst ihn lieben wie dich selbst', dann ist die Aussage eindeutig. Die Forderung nach Obergrenzen für Kriegsflüchtlinge würde ich bereits als Unkraut ansehen."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern