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Regulierung von Facebook, Google und Co.
Zur Nachricht verpflichtet

Mit einer bestimmten Quote könnten Online-Angebote wie Facebook und Google dazu verpflichtet werden, mehr Nachrichten zu verbreiten. So soll gesichert werden, dass nicht allein Algorithmen über die Auswahl von Inhalten entscheiden. Doch im Wahljahr gibt es eine Vielzahl von Regulierungsvorschlägen.

Von Christoph Sterz | 26.06.2017
    Die Silhouette eines Mannes zeichnet sich vor einem Computerbildschirm mit den Logos von Google+ und Facebook ab.
    Die großen Online-Angebote sind im Fokus der politischen Regulierung (picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte )
    "Intermediäre" - Medien-Fachlatein für die Vermittler zwischen Medienangeboten und Mediennutzern, also Suchmaschinen wie Google oder Netzwerke wie Facebook und Twitter. Und für die gibt es eine ganze Menge an medienpolitischen Ideen.
    Einer, der so einen Regulierungs-Vorschlag hat, ist der grüne EU-Parlamentarier Jan Philipp Albrecht. Er hat für das EU-Parlament schon bei den Regeln für die Nutzung personenbezogener Daten mitverhandelt und hält es gerade beim Umgang mit Facebook für nötig, Grundlegendes zu verändern, vor allem was den Facebook-Algorithmus angeht, also die Regeln, welche Beiträge den Nutzern angezeigt werden.
    Nachrichtenquote für Facebook
    Besonders relevant sei die Frage, wie zugänglich Facebook für andere Inhalte ist und wie wettbewerbsfähig andere Inhalte überhaupt noch auf dieser Plattform sein können, sagt Albrecht. "Und da muss das Wettbewerbsrecht und da müssen vielleicht auch neue Regeln her. Wie zum Beispiel die Frage: Müssen nicht bestimmte Inhalte, zum Beispiel Nachrichteninhalte, auch unabhängig und neutral über diese sozialen Netzwerke mitverbreitet werden, ohne dass sie Teil des Werbe-Algorithmus werden."
    Eine Art Nachrichtenquote für Facebook könnte das sein, im Fachjargon eine "Must be found"-Regel. Die hat aber nicht nur Befürworter: Harald Petzold, der medienpolitische Sprecher der "Linken" im Bundestag, findet die Idee nicht überzeugend. Wer glaube, so etwas bringe Verschwörungstheoretiker oder ausländerfeindliche Hetzer zur Vernunft, zeige "ein naives Verständnis gegenüber solchen abstrusen und gefährlichen Weltbildern".
    Im Leitantrag des SPD-Parteivorstandes für den Bundesparteitag Ende Juni findet sich die Quoten-Idee trotzdem. Sie könnte es damit also auch ins Wahlprogramm der Partei schaffen.
    Eine klar geregelte Selbstkontrolle
    An erster Stelle sollten aber Lösungen auf freiwilliger Basis stehen, meint der medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Martin Dörmann: "Das heißt, dass es für mehrere Anbieter gilt. Das setzt voraus, dass sich die relevanten Anbieter mal zusammensetzen und selber vielleicht auch mal den Anspruch formulieren: Ja, wir haben eine gesellschaftliche Verantwortung. Wir wissen, dass auf unseren Ausspielwegen Dinge stattfinden, die von einer großen Meinungsrelevanz sind. Wir wissen auch, dass da Dinge passieren, die wir eigentlich nicht wollen und wir wollen Standards gemeinsam verabreden, an die wir uns halten."
    Die klar geregelte Selbstkontrolle halten auch andere Medienpolitiker für einen guten Weg. Diese Kontrolle könnten unabhängige Gremien übernehmen, wie heute schon beim Jugendmedienschutz, heißt es etwa vom medienpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marco Wanderwitz.
    Für den Jugendmedienschutz im privaten Rundfunk ist in Deutschland eine Kommission zuständig, die den Landesmedienanstalten zugeordnet ist. Diese könnten nach Vorstellung verschiedener Parteien also in Zukunft auch im Umgang mit den Intermediären eine wichtige Rolle spielen.
    Wichtige Fragen an Facebook und Google
    "Wie funktioniert der Algorithmus? Nach welchen Kriterien funktioniert er? Welche Kriterien werden von Menschen eingegeben, damit der Algorithmus dieses oder jenes Ergebnis findet? Diese und weitere Fragen würde beispielsweise Anja Zimmer von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg gerne an Facebook und Google richten. Es seien Fragen, "mit denen sich Medienanstalten auch in der klassischen Regulierung schon sehr lange beschäftigen. Und ich meine, dass man uns hier ermächtigen sollte, dass wir uns das genauer anschauen."
    Noch aber ist vieles ungeregelt. Denn auch wenn die meisten von uns schon seit Jahren in den sozialen Netzwerken unterwegs sind und googlen, was das Zeug hält – die gültigen Regeln erinnern an vor-digitale Zeiten und müssten dringend geändert werden, wie Anja Zimmer meint: "Ich glaube, dass wir jetzt jemand brauchen – und das könnte Deutschland sein – der mal überlegt, wie kann Regulierung aussehen? Das müssen wir dann natürlich nach Europa tragen. Aber wir brauchen erstmal konkrete Vorschläge. Wir müssen was tun, um auch den Prozess zu starten. Sonst schauen wir einfach zu, wie große Unternehmen Meinungsvielfalt beeinflussen, ohne dass auch nur irgendjemand draufschauen kann. Im Prinzip sind wir dann in einer Situation, dass Google und Facebook am Ende die Aufgabe der staatlichen Regulierung übernehmen."