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Renexpo 2014 in Augsburg
Wie Privaterzeuger gemeinsam Energie vermarkten können

Die fetten Jahre für kleine Stromerzeuger sind vorbei. Wer auf dem Dach des eigenen Hauses eine Photovoltaikanlage installieren lassen will, bekommt künftig weniger Geld für Strom, der ins öffentliche Netz fließt. Die Suche nach Alternativen ist ein Thema der Energie-Fachmesse Renexpo in Augsburg.

Von Thomas Wagner | 10.10.2014
    Franziska Materna, Energieberaterin aus Straubing, zeigt auf der "Renexpo" in Augsburg auf ein Ding, das fast ein wenig größer ist als sie selbst:
    "Hier sehen Sie ein Windrad das die Energiewende voranbringt."
    Eine Halle und etliche Stände weiter steht Martin Stegmaier aus Nederschönenfeld und zeigt auf ein Schild, das wiederum größer ist als er selbst:
    "Das steht drauf: Stromautobahn Stopp. Wir wollen diese Südost-Trasse nicht bei uns, nicht in Bayern, nicht in unserer schönen, tollen Heimat."
    Die Gegensätze bei der Energiewende
    Hier die Energieberaterin mit dem Windrad, da der Bürgeraktivist, der die Hochspannungstrasse verhindern will: Anschaulicher könnten die Gegensätze, die derzeit die Diskussion über die Energiewende prägen, nicht zum Tragen kommen. Dabei ist Stromtrassen-Gegner Martin Stegmaier gar nicht einmal gegen Ökostrom an sich, sieht aber...
    "...ganz andere Möglichkeiten, die Energiewende regional, dezentral zu machen."
    "Dezentral" heißt: Strom erzeugen über die Photovoltaikanlage auf dem eigenen Dach oder mit dem Kleinwindrad im eigenen Vorgarten. Das allerdings wird zunehmend unrentabler: Das reformierte Erneuerbare-Energien-Gesetz sieht eine stufenweise Absenkung der garantierten Einspeisevergütungen vor. Deshalb informieren auf der Renexpo in Augsburg einige Aussteller über neue Technologien, bei denen die sinkenden Einspeisevergütungen keine Rolle mehr spielen.
    Speichertechnik soll helfen
    "Das Zauberwort ist Eigenverbrauch. Und wenn ich das noch optimieren möchte, dann nehme ich einen Speicher und kann bis zu 80 Prozent autark werden."
    Eigenverbrauch heißt: Der Strom aus dem Photovoltaik-Dach oder aus dem Windrad fließt zu möglichsten hohen Anteilen wieder in den Haushalt zurück: Diese Idee von Thomas Ochs, Berater des Hausenergieunternehmen Actensys, klingt gut, ist aber schwierig umzusetzen. Denn: Meistens braucht der Hausbesitzer dann, wenn die Sonne aufs Solardach brennt, nicht so viel Strom. Und wenn er welchen braucht, ist es dunkel oder bewölkt; die Photovoltaikanlage gibt kaum etwas her - ein Dilemma, das sich durch neue Speichertechnologien lösen lässt: Ein System von Lithium-Ionen-Batterien im Keller, so groß wie ein Kleiderschrank, sei 15 bis 20 Jahre haltbar - und stellten den selbst produzierten Strom dann zur Verfügung, wenn ihn der Verbraucher auch wirklich braucht – und zwar günstiger als aus dem Stromnetz.
    Das klingt nach Durchbruch, hat aber einen Haken: So ein Stromspeicher im Keller ist in der Regel genauso teuer wie das Mini-Solarkraftwerk auf dem Dach, rechnet Thomas Ochs vor:
    "Gehen wir mal davon auf, ich mach eine 5-Kilowatt-Anlage auf mein Dach drauf. Dann brauche ich mal für die Anlage so um die 8000. Der Speicher, das ist dann aber ein sehr guter Speicher, nochmals 8.000."
    Bis sich allerdings diese Investition amortisiert hat, dauert es ein Weilchen:
    "Ich sag mal, zwischen zehn und 16 Jahren."
    Was dicht an die Lebensdauer des Speichers herangeht. Allerdings gibt Energieexperte Thomas Ochs eines zu bedenken:
    "Man muss es langfristig sehen, dann rechnet sich das auch. Weil: Der Strompreis wird steigen."
    Und dann rechnet sich auch der Stromspeicher im Keller, meint Thomas Ochs.
    Virtuelle Kraftwerke
    Eine weitere Idee, bei sinkenden Einspeisevergütungen rentabel Öko-Strom zu erzeugen, findet sich nur wenige Messestände weiter. Ralf Stappen von der Jura Smard Grid GmbH zeigt auf einen großen Landkartenausschnitt. Mehrere Orte sind mit dicken, roten Linien miteinander verbunden:
    "Hier sehen Sie die Jura-Region. Und es sind 19 Windanlagen in Bayern, im Jura, die miteinander als ein virtuelles Kraftwerk miteinander verbunden sind."
    Dieses "Jura Smart Grid" tritt nach außen hin als ein einziges virtuelles Kraftwerk auf. Den Strom aus Windenergie vertreibt "Jura Smard Grid" entweder direkt an Interessenten aus der Region oder international; das Unternehmen hat direkten Zugang zur europäischen Strombörse "European Energy Exchange". Für den einzelnen Betreiber einer Windkraftanlage, die beim Verbund eines "virtuellen Kraftwerkes" mit dabei ist, bedeutet dies bessere Erlöse, erklärt Markus Holtermann von Jura Smard Grid:
    "Die Sicherheit ist eben, dass mindestens der Wert der EEG-Umlage zu erzielen ist, plus üblicherweise noch was oben drauf."
    Allerdings lohnt sich eine Einbindung in ein "virtuelles Kraftwerk" nur für Stromerzeuger mit einer Leistung ab etwa 20 Kilowatt. Im Beispiel bayerisches "Jura" haben sich aber jeweils mehrere Bürger zu lokalen Energiegenossenschaften zusammengeschlossen. Jede Genossenschaft betreibt jeweils ein größeres Windrad, das wie ein Puzzleteilchen Bestandteil des virtuellen Kraftwerkes ist - ein Modell, das "Jura Smard Grid" nun auch anderswo in Deutschland aufbauen will.