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Richtlautsprecher für Fernseher und PC

Technik. – Würde es Sie nicht auch nerven, wenn sich der Bürokollege neben Ihnen plötzlich laut über seinen Computer die Wildecker Herzbuben zu Gemüte führt? In solchen Fällen könnte künftig eine Erfindung helfen, die ein Forschergeiste aus Südkorea nun vorgestellt hat: Mit relativ einfachen Mitteln haben die Ingenieure ein Lautsprechersystem entwickelt, das nur nach vorne abstrahlt, also nur denjenigen beschallt, der direkt vor dem Lautsprecher sitzt. Die Umwelt zur Rechten und zur Linken hingegen bleibt akustisch gesehen verschont.

Von Frank Grotelüschen | 27.12.2007
    "Wenn im Wohnzimmer der Fernseher läuft, heißt das nicht, dass jedes Familienmitglied auch fernsehen möchte. Der Vater etwa möchte gucken, doch die Tochter will lieber lesen – und wird dann womöglich sehr wütend."

    Die zornige Tochter im Haus bringt bekanntlich Kummer und Graus, dachte sich Chan-Hui Lee, Ingenieur am KAIST, dem Koreanischen Institut für Wissenschaft und Technologie. Und auch Kollege Jiho Chang machte sich so seine Gedanken.

    "”In Korea gibt es jede Menge Spielhallen, die sind dort sehr populär. Aber: In diesen Spielhallen ist es sehr, sehr laut, weil jeder Spielautomat eine Menge Lärm macht.""

    Da wäre es doch praktisch, hätte man einen Lautsprecher, der ausschließlich nach vorne abstrahlt statt wie gewöhnlich in alle Richtungen. Dann könnte man in Ruhe lauschen, ohne die Umwelt akustisch zu nerven. Vergleichbar wäre das mit dem Lichtkegel einer Taschenlampe. Der leuchtet ja auch nicht den ganzen Raum aus, sondern nur die Ecke, in die man die Lampe gerade hält. Nur: Wie soll das bei Schall funktionieren? Lee und seine Leute setzen auf das Phänomen der Interferenz. Lee:

    "”Interferenz von Schallwellen bedeutet: Man kann Schallwellen so überlagern, dass sie sich entweder gegenseitig verstärken – oder aber gegenseitig auslöschen.""

    Um zu sehen, ob das Prinzip tatsächlich funktioniert, konstruierten Lee und seine Kollegen ein Testgerät von der Größe eines Computermonitors. Doch während ein gewöhnlicher Monitor zwei Lautsprecher eingebaut hat, benutzten die Forscher neun Lautsprecher, angeordnet in einer Reihe wie die Soldaten beim Appell. Der Trick: Die neun Lautsprecher strahlen das Signal nicht gleichzeitig aus. Nein – ein Prozessor steuert sie so an, dass einige Lautsprecher das Signal ein wenig eher abstrahlen, andere dagegen ein wenig später. Dadurch, so die Idee, wird der Schall nach vorne gebündelt und zu den Seiten abgeschwächt. Soweit die Theorie. Und die Praxis? Nun: Steht man vor einer normalen Box, hört sich das zum Beispiel so an:

    Steht man ein wenig schräg zu dieser Box, in einem Winkel von sagen wir 45 Grad, hört man die Musik fast genauso laut. Anders bei dem neuen Richtlautsprecher aus Korea. Direkt vor ihm ist das Signal ebenfalls klar und deutlich zu vernehmen. Doch geht man zwei Schritte zur Seite, hört man fast nichts mehr! Nun gibt es auf dem Markt zwar schon Richtlautsprecher zu kaufen. Doch sie funktionieren mit Ultraschall: Zwei an sich unhörbare Ultraschallstrahlen werden so überlagert, dass sie einen hörbaren Klang ergeben. Lee:

    "”Unser System ist viel günstiger als die Ultraschall-Methode. Die braucht eine teure Ausrüstung und außerdem viel Leistung. Uns reichen einfache, billige Lautsprecher für 30 Cent das Stück.""

    Nur: Völlig ausgreift ist der Richtlautsprecher aus Korea noch nicht. So funktioniert er bislang nur in Mono, erklärt Jiho Chang. Und:
    "”Man muss zugeben, dass die Klanqualität in Räumen mit viel Hall nicht besonders gut ist. Das ist eine Sache, an der wir noch arbeiten müssen.""

    Dennoch: Für die Zukunft haben sich die koreanischen Tüftler um Jin-Young Park noch einiges vorgenommen. Park:

    "”Als nächstes wollen wir das System kleiner bauen, um es auch für mobile Geräte interessant zu machen, etwa für Taschencomputer und Handys. Außerdem denken wir darüber nach, ob die Sache nicht auch in Stereo funktionieren könnte und nicht nur in Mono.""