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Russland
Serbiens Präsident in Moskau

Serbien ist auf dem Weg in die EU. Zugleich unterhält es gute Beziehungen zu Russland. Und Russland steht fest an der Seite der serbischen Führung, unter anderem in der Kosovo-Frage. Bei seinem Besuch in Russland will Serbiens Präsident Tomislav Nikolić morgen auch Staatspräsident Wladimir Putin treffen.

Von Gesine Dornblüth | 09.03.2016
    Russlands Präsident Wladimir Putin (m.) mit dem serbischen Präsidenten Tomislav Nikolic (r.) in Belgrad.
    Im Herbst 2014 hatte Russlands Präsident Wladimir Putin (m.) den serbischen Präsidenten Tomislav Nikolic (r.) in Belgrad besucht. (picture-alliance / dpa/Srdjan Suki)
    Wie innig das Verhältnis zwischen den Präsidenten Russlands und Serbiens ist, wurde im Herbst 2014 deutlich. Da besuchte Russlands Staatsoberhaupt Wladimir Putin Serbiens Hauptstadt Belgrad. Anlass war der 70. Jahrestag der Befreiung Belgrads von der deutschen Besatzung. Gastgeber Tomislav Nikolić verlieh dem Gast den höchsten Orden Serbiens und versicherte ihm auf Russisch:
    "Lieber Bruder Wladimir, das serbische Volk ist stolz, dass du den höchsten serbischen Orden trägst."
    Daraufhin der Geehrte:
    "Ich verstehe diesen Orden als ein Zeichen der Achtung und Liebe Serbiens zu Russland und dem russischen Volk. Ich versichere Ihnen, dass Russland, wie in früheren Zeiten, Serbien immer als seinen allernächsten Verbündeten, als seinen allernächsten Verwandten betrachten wird."
    Vor allem wirtschaftliche Themen stehen auf der Agenda
    Die Führungen beider Länder verweisen stets auf die engen kulturellen, sprachlichen und religiösen Verbindungen zwischen Serben und Russen. Folgerichtig erhält Serbiens Präsident heute in Moskau einen hohen Kirchenorden: für seine, wie es heißt, "herausragende Tätigkeit für die Einheit der orthodoxen Kirche und die Verbreitung christlicher Werte". Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill, wird die Auszeichnung überreichen.
    Abgesehen davon wird Nikolić in Moskau vor allem über wirtschaftliche Themen reden. Die Regierungen beider Länder sind deshalb in intensivem Kontakt. Russlands Außenminister Sergej Lawrow stellte bei einem Besuch in Serbien Ende letzten Jahres fest:
    "Unsere Beziehungen sind frei von politisch motivierten Überlegungen und von Versuchen, irgendwelche Barrieren einzuführen. Das erlaubt es uns, die Handels- und Wirtschaftszusammenarbeit intensiv voranzutreiben."
    Eine Anspielung auf die antirussischen Sanktionen der EU. Serbien hat sich ihnen nicht angeschlossen und ist dementsprechend auch nicht von Russlands Gegensanktionen, dem Importverbot für Lebensmittel, betroffen. Serbien exportiert weiterhin Obst und Gemüse nach Russland und will die Ausfuhr steigern, auch, weil serbische Agrarerzeugnisse auf dem EU-Markt keine Chance haben.
    Serbien hofft auf ein Freihandelsabkommen mit Russland
    Russland seinerseits investiert in Serbien vor allem in die Energiewirtschaft, und es ist der größte Gaslieferant. Außerdem hat Serbien Interesse an russischen Rüstungsgütern. Und noch ein Thema dürfte auf Nikolićs Agenda stehen: Serbien hofft auf ein Freihandelsabkommen mit Russland beziehungsweise mit der Eurasischen Wirtschaftsunion für bestimmte Handelsgüter wie Zucker, Zigaretten, Alkohol und Geflügel.
    Das birgt Konfliktpotenzial mit der Europäischen Kommission. Serbien will EU-Mitglied werden und führt seit zwei Jahren Beitrittsverhandlungen mit der EU. Die russische Führung akzeptiert diesen Wunsch. Die Zeitung Rossijskaja Gazeta, das Mitteilungsblatt der russischen Regierung, schrieb im Herbst, Russland habe "Verständnis" für den EU-Beitritt des Balkanlandes.
    Die Annäherung Serbiens an die NATO hingegen verfolgt Russland mit Argusaugen. Serbien ist Mitglied in dem NATO-Programm "Partnerschaft für den Frieden". Als Serbiens Parlament vor etwa einem Monat einen individuellen Partnerschafts-Aktionsplan mit dem westlichen Militärbündnis unterzeichnete, löste das in Moskau wütende Reaktionen aus. Maria Zacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums:
    "Unsere Haltung zu dem Bestreben der Allianz, ihre Verbindungen zu Partnerstaaten zu erweitern, ist gut bekannt. Dieses Bestreben ist äußerst aufdringlich. Und wir sehen darin den Versuch der NATO, mit allen Mitteln so viele Länder wie möglich in den Orbit ihres geopolitischen Einflusses zu ziehen."
    Serbien strebt militärische und politische Neutralität an
    In einem Zeitungsinterview nannte sie das Vorgehen der NATO gar "erniedrigend". Serbien leide offenbar unter dem Stockholm-Syndrom, so Zacharowa, es sei ein Opfer, das sich nach den NATO-Bombardements 1999 offenbar in seinen Peiniger verliebt habe. Ein Beitritt Serbiens zur NATO ist allerdings gar nicht aktuell. Das Land strebt militärische und politische Neutralität an. Serbiens Präsident Nikolić sagte der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS denn auch vor seiner Reise nach Moskau, er wolle mit Wladimir Putin darüber reden, was Serbien noch tun könne, um Russland davon zu überzeugen, dass Serbien niemals NATO-Mitglied werde.