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Saar-SPD will klagen

Der saarländische Landtag hat die Wahl 2009 mit den Stimmen der Jamaika-Koalition und den Linken für gültig erklärt und damit die Klage von mehreren Bürgern zurückgewiesen. Die SPD stimmte dagegen und will Klage beim Landesverfassungsgericht einreichen.

Von Tonia Koch | 17.02.2011
    Nach Monaten der Untätigkeit hat der Landtag heute nun endlich entschieden. In trauter Eintracht hoben die Jamaika-Koalitionäre - allen voran die Vertreter der CDU- gemeinsam mit Oskar Lafontaines Linken die Hände, um festzustellen, dass sie zu Recht auf ihren Landtagsstühlen Platz genommen haben. Lediglich die SPD ist nicht damit einverstanden, dass der Wahlprüfungsausschuss die Klagen verschiedener Bürger abgewiesen und damit die Gültigkeit der Landtagswahl 2009 bestätigt hat. Die Sozialdemokraten werden deshalb eine Klage vor dem Verfassungsgerichtshof des Saarlandes anstrengen. Anke Rehlinger

    "Darüber hinaus glaube ich, dass es im Interesse alle ist, Klarheit darüber zu haben, ob der saarländische Landtag legitimerweise so zusammengesetzt ist, wie er jetzt berät und Gesetze auf den Weg bringt. Denn es geht auch um die Akzeptanz der Politik insgesamt."

    In den vergangenen Monaten hatte diese Akzeptanz mächtig gelitten. Denn statt sich mit den Einsprüchen der Bürger wegen unlauterer Wahlwerbung der CDU sowie fehlerhafter Nominierung linker Kandidaten, zügig zu beschäftigen, ließ sich der unter Federführung der CDU agierende Wahlprüfungsausschuss unbotmäßig viel Zeit. Er hörte Experten, die zu den in Rede stehenden Verstößen nichts Substanzielles beizutragen hatten. Und wollte über 30 Zeugen, überwiegend aus dem linken Spektrum laden, um im Zusammenhang mit der Kandidatenaufstellung der Linken der Wahrheit irgendwann einmal doch noch auf die Spur zu kommen. Einer der betroffenen Bürger aber wehrte sich gegen diese Verschleppungstaktik und bekam recht. Vor zwei Wochen urteilte der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes.

    "Der Beschwerdeführer ist dadurch in seinem Grundrecht auf effektiven rechtsschutzverletzt, dass der Landtag seine Wahlanfechtung nicht mit hinreichender Zügigkeit bearbeitet und bis heute nicht beschieden hat. Die Grundrechtsbeeinträchtigung ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt."

    Diese Ohrfeige saß. Darüber hinaus stellten die Verfassungsrichter in ihrer Begründung klar, dass es dem Wohle der Demokratie nicht dienlich sei, wenn sich die Mitglieder des Ausschusses in theatralischen Inszenierungen ergehen. Roland Rixecker, Präsident des Verfassungsgerichtshofes.

    "Die Aufklärung tatsächlichen Geschehens ist darauf zu beschränken, ob sie wahlrechtserheblich ist."

    Mit diesem Hinweis gemeint war der augenscheinlich verfolgte Plan, die Plattform des Ausschusses dafür zu nutzen, Chaos bei den Linken unter Beweis zu stellen. Dafür sollten die besagten 30 Zeugen gehört werden, die zum großen Teil mit ihrer Partei im Clinch liegen. Doch gewarnt durch die Verfassungsrichter hat der Ausschuss auf die Zeugenvernehmung verzichtet, sich stattdessen auf die Untersuchungsergebnisse der Staatsanwaltschaft gestützt. Mit Ausnahme der SPD seien dann die im Gremium vertretenen Parteien zu folgender Einschätzung gelangt. Roland Theis, rechtspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion.

    "Diejenigen Wahlverfehlungen, die diskutiert, beziehungsweise festgestellt worden sind, haben keine Relevanz für die Zusammensetzung des saarländischen Landtages gehabt. Das ist aber die Voraussetzung für eine ungültige Landtagswahl, die ist nicht gegeben. Deshalb ist die Landtagswahl unseres Erachtens gültig."

    Diese Entscheidung dürfte die Gruppe der unzufriedenen Linken , die sich größtenteils übergangen fühlen, verärgern. Die Gruppe lässt ihre Interessen von Hans-Georg Warken, einem landesweit bekannten CDU-Anwalt vertreten. Dieser hat bereits vor ein paar Tagen im Regionalfernsehen angekündigt, dass seine Mandanten - sollte der Landtag die Wahl 2009 für gültig erklären, wohl dagegen klagen wollen.

    "Wir sehen Einflussnahmen, die unzulässig sind und die dazu führen müssen, dass die Abgeordneten, die über diese Liste gewählt worden sind, eigentlich dem Landtag nicht angehören dürften. Das könnte zur Folge haben, dass diese Abgeordneten ihr Mandat verlieren. Das könnte aber auch zur Folge haben, dass der Landtag insgesamt neu gewählt werden müsste."

    Die SPD stützt ihre Klage hingegen auf die illegale Wahlwerbung der CDU. Dass die CDU im Landtagswahlkampf zu unlauteren Werbemitteln gegriffen hatte, war bereits in einem anderen Verfahren im vergangenen Jahr höchstrichterlich festgestellt worden. Ob diese Werbung das Wahlergebnis allerdings beeinflusst hat, wurde seinerzeit nicht geprüft, das wird erst jetzt Aufgabe der Verfassungsrichter werden. 17 Monate nach der Landtagswahl geht im Saarland ein Gespenst um, es heißt Neuwahlen. Den Koalitionären aus Christdemokraten, Liberalen und Grünen, die aktuellen Umfragen zufolge über keine Mehrheit mehr verfügen im Land, wäre damit am wenigsten gedient. Beunruhigt sei man trotzdem nicht, sagt CDU Generalsekretär Theis.

    "Ich sehe die Hürden nicht gewonnen durch dieses Verfahren, deshalb fürchten wir keine Neuwahlen. Selbst wenn sie kämen, würden wir sie nicht fürchten."

    Auch die Linke könnte im Fall der Fälle wohl kaum an ihren Erfolg – über 20 Prozent der Wählerstimmen – anknüpfen. Trotzdem, kein Problem sagt Fraktionschef Oskar Lafontaine.

    "Wir sind erprobte Wahlkämpfer."