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Sachsen-Anhalt in den Medien
Gute Nachrichten aus Köthen

In die überregionalen Medien schafft es Sachsen-Anhalt meist nur mit Negativschlagzeilen – auch weil nur wenige Korrespondenten im Land leben. Doch die Lebenswirklichkeit in Köthen oder Zeitz lässt sich aus Redaktionsbüros in Hamburg, Köln oder München kaum beurteilen.

Von Christoph Richter | 27.12.2017
    Gäste und Mitglieder der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina stehen am 18.09.2015 vor Beginn der Jahresversammlung in Halle/Saale (Sachsen-Anhalt) vor dem Hauptgebäude. Die Veranstaltung steht in diesem Jahr unter dem Titel "Symmetrie und Asymmetrie in Wissenschaft und Kunst". Foto: Hendrik Schmidt/dpa | Verwendung weltweit
    Die nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat ihren Sitz in Halle in Sachsen-Anhalt. (dpa/ Hendrik Schmidt)
    Die Hochschule Anhalt in Köthen hat den diesjährigen Integrationspreis des Auswärtigen Amts erhalten. Flüchtlinge sanieren – zusammen mit dem Deutschen Fachwerkzentrum in Quedlinburg – Baudenkmäler. Ein kleines Unternehmen in Elsteraue bei Zeitz hat dieses Jahr den Europäischen Erfinderpreis für eine bahnbrechende Erfindung zur Bekämpfung von Ölverschmutzungen überreicht bekommen.
    Schon mal davon gehört? Nein?! Kein Wunder, denn wenn von Sachsen-Anhalt die Rede ist, dann wird von der AfD, von der Arbeitslosenquote, von abgehängten Regionen berichtet. Ostdeutsche generell tauchen nur als Verlierer auf, die kalt gegenüber Fremden sind. Lange hat man fast überheblich gegrinst – über das Land der Frühaufsteher.
    Aber Sachsen-Anhalt ist mehr, es gibt Menschen, die sich engagieren, die Ideen haben, etwas auf die Beine stellen. Jan Pinseler, Medienforscher an der Hochschule Magdeburg-Stendal kritisiert, dass der sachsen-anhaltische Alltag in den überregionalen Medien einfach nicht authentisch abgebildet werde.
    "In der Verkürzung auf Skandalgeschichten über die AfD bleibt außen vor, was die tatsächliche Lebenserfahrung der Menschen ist, die hier leben. Die geprägt ist von Wende-Erfahrung. Aber gleichzeitig sind es auch Menschen, die hier ganz normal angekommen sind. Das alles kommt nicht vor."
    "Alles westgeprägt"
    Und Geschichten aus Sachsen-Anhalt werden aus der Sicht von Chefredakteuren erzählt, die meistens aus dem Westen Deutschlands kommen und die Deutungshoheit haben, so Pinseler weiter. Ähnlich sieht es Sachsen-Anhalts CDU-Staats- und Kulturminister Rainer Robra. Erst kürzlich sagte er uns in einem Interview:
    "Das ist alles westgeprägt. Und das muss sich ändern!"
    Gemeint ist die ARD. Wir erfahren zu wenig voneinander, sagt Robra noch, der auch im ZDF-Fernsehrat sitzt.
    "Ostdeutsche Themen kommen kaum vor, das lässt sich auch statistisch belegen."
    Stattdessen würden nur Negativ-Schlagzeilen die Titelseiten, insbesondere der überregionalen Medien beherrschen, ergänzt der Magdeburger Medienforscher Pinseler. Wesentlich sei es daher, um die DNA eines Landes zu begreifen, Journalisten vor Ort zu haben. Nicht nur einen Tag oder eine Woche, sondern permanent.
    Skurrile Begegnungen mit Journalisten
    "Weil, da erlebt man diesen Alltag, der eben widersprüchlich ist. Man muss sich plötzlich auseinandersetzen, mit Leuten die man ganz vernünftig findet, und die einem plötzlich erzählen, sie hätten AfD gewählt. Und ich glaube, in dem Moment versteht man viel mehr, woher das auch kommt, als wenn man, von Agenturmeldungen ausgehend, vielleicht mal einfliegt."
    Was es bedeutet, Ostdeutscher zu sein, Stephan Gebhardt weiß davon zu berichten. Er ist der parlamentarische Geschäftsführer und medienpolitische Sprecher der Linkspartei im Magdeburger Landtag, beim Mitteldeutschen Rundfunk sitzt er im Rundfunkrat. Die Begegnung mit Journalisten sei mitunter skurril, erzählt er.
    "Ich stell mich dann immer vor und sage ich komme aus Hettstedt. – Oh wo liegt das denn? – Ich sag dann immer: das liegt bei Eisleben. – Eisleben, Eisleben? – Ich sage dann: Luther. – Ach Luther, das habe ich schon mal gehört….."
    Das sei natürlich überspitzt. Aber wer wisse schon, sagt Gebhardt noch, dass es im Landkreis Mansfeld-Südharz – immer mit dem Zusatz Armenhaus Deutschlands versehen – ein kostenloses Schülerticket gebe. Etwas, wovon die Schüler in München oder Berlin nur träumen könnten, so Gebhardt weiter.