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Schaulaufen der Wissenschaft

Physik. – In Berlin findet zurzeit die größte Physikertagung Europas statt. 6000 Fachwissenschaftler sind zur 69. Jahrestagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft an die Spree gekommen und diskutieren dort sechs Tage lang passend zum Einstein-Jahr über "Physik seit Einstein".

    Eine Arbeitstagung und kein Showevent soll die Jahrestagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) sein, doch ein bißchen Schau wollten sich die Organisatoren der Mammutkonferenz doch nicht nehmen lassen. Auf der Auftaktpressekonferenz schlug DPG-Präsident Professor Knut Urban vom Forschungszentrum Jülich der Politik die zahlreichen Innovationsversprechen und –offensiven um die Ohren, die in den vergangenen Jahren aus allen politischen Lagern verkündet worden waren. Urban kritisierte, daß auf die Worte kaum Taten gefolgt seien. Zwar bewegt sich die Forschungsförderung mehr oder weniger auf gleichem Niveau. Um aber das erklärte Ziel etwa der Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn zu erreichen und im Jahr 2010 drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Wissenschaft auszugeben, fehle noch sehr viel. Am Sonntag wird Bundeskanzler Gerhard Schröder erwartet. Ob er auf die Vorhaltungen antworten wird, bleibt abzuwarten.

    Auch ohne demonstrative politische Gesten will die DPG-Tagung Zeichen setzen. Immerhin sind zum ersten Mal seit Jahrzehnten alle Fachgesellschaften der Gesellschaft zusammengekommen, um sich vor einander und auch vor der Öffentlichkeit zu präsentieren. Professor Markus Schwörer von der Universität Bayreuth: "Das Besondere ist, daß alle Fachverbände zusammenkommen, um sich und der Öffentlichkeit zu zeigen, daß die Physik eine einheitliche Wissenschaft ist, ein Gebäude, das auf wenigen Grundlagen beruht."

    Daß Physik keineswegs eine Wissenschaft im Elfenbeinturm ist, zeigten viele Vorträge. Zum Beispiel der des Nanoforschers Leo Kouwenhoven von der Universität Delft, der sich mit Qubits beschäftigt. Qubits sollen analog zu den derzeit üblichen auf Elektronen beruhenden Bits die Grundeinheit der Zukunftscomputer bilden, nur eben auf Quanten beruhend, und daher kleiner und vielseitiger. Das Problem bei ihnen ist, daß es zwar schon Software gibt, die mit ihnen rechnen kann, daß allerdings die Hardware noch nicht zur Verfügung steht. Die Wissenschaft kann zurzeit maximal sieben Quanten verschalten, was für eine Revolution der Computertechnologie etwas wenig ist. Daher forschen die Physiker an Verfahren, die sich die Technologie der derzeitigen Halbleitertechnik zunutze machen können und so Qubits erzeugen. Mit geballtem Einsatz der Wissenschaft wird es eines Tages gelingen und dann eine Revolution der Computertechnik auslösen.

    [Quelle: Ralf Krauter]