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Schmieren für den Umsatz

Mitte November 2006 findet eine Großrazzia bei Siemens statt. Über 200 Polizisten, Steuerfahnder und Staatsanwälte durchsuchen unter anderem die Konzern-Zentrale in München. Die Schmiergeldaffäre bei dem Technologieriesen wird publik. Was zunächst wie das kriminelle Werk einzelner Siemensianer aussieht, entpuppt sich als weitverzeigtes System schwarzer Kassen. Heute muss Siemens verdächtige Zahlungen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro einräumen.

Von Barbara Roth und Michael Braun | 04.05.2008
    Ein anonymer Brief macht die Staatsanwälte hellhörig.

    Sehr geehrter Herr Oberstaatsanwalt, wir möchten Sie über schlimme Handlungsweisen im Siemens Bereich Com informieren.
    Bis heute ist nicht bekannt, wer der oder die Absender des Schreibens sind, das am 15. September 2005 bei der Münchner Staatsanwaltschaft eingeht.

    Über Jahre hinweg war der leitende Angestellte Reinhard S. hauptsächlich tätig in Sachen Schmiergelderverteilen. Prüfen Sie doch mal alle Italien-, Südafrika- und China-Projekte, für die der Herr verantwortlich war bis 2004.
    Die Anschuldigungen gegen das Management der Siemens-
    Telekommunikationssparte Com wiegen schwer. Zeitgleich entdecken ausländische Behörden schwarze Kassen in Österreich, Liechtenstein und der Schweiz. Beim bayerischen Landeskriminalamt nimmt eine Sonderkommission die Arbeit auf. In dem anonymen Brief heißt es weiter:

    Bei uns werden Arbeitsplätze gestrichen und Kollegen mit Versetzungen ins Ausland bedroht, wenn sie nicht spuren. Und diese Herren stecken Millionen ein, nur weil sie wahrscheinlich bereit sind, illegale Geschäfte zu machen. Bitte bereiten Sie diesen Überweisungssummen ein Ende!
    Am 15. November 2006 schlagen die Ermittler zu: Großrazzia bei Siemens. Über 200 Polizisten, Steuerfahnder und Staatsanwälte durchsuchen unter anderem die Konzern-Zentrale am Wittelsbacher-Platz in München. Die Schmiergeldaffäre bei dem Technologieriesen wird publik. Oberstaatsanwalt Anton Winkler.

    "Die Staatsanwaltschaft München I führt ein Ermittlungsverfahren gegen einzelne Mitarbeiter der Firma Siemens. Diese Mitarbeiter stehen im Verdacht, Gelder des Unternehmens veruntreut zu haben. Derzeit wollen wir aus ermittlungstaktischen Gründen noch nicht mehr dazu sagen, als dass eben Gelder wohl ins Ausland geleitet worden sind. Es gibt Spekulationen, wonach diese Gelder dort für Bestechungsgelder oder als Schmiergelder verwendet worden sind."
    Was zunächst wie das kriminelle Werk einzelner Siemensianer aussieht, entpuppt sich als weitverzeigtes System schwarzer Kassen. Heute muss Siemens verdächtige Zahlungen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro einräumen. Der Skandal kratzt schwer am Image des Traditionsunternehmens mit 161-jähriger Geschichte, dessen weltweit rund 475.000 Mitarbeiter in 190 Ländern tätig sind. Seit 1999 steht in Deutschland auch Bestechung im Ausland unter Strafe.
    Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt in sechs der einst zwölf Siemens-Sparten: Im Telekommunikationsbereich, in der Kraftwerks-, Medizin- und Verkehrstechnik, der Energieübertragung und den Industriedienstleistungen wurden potentielle Auftraggeber bis hinauf in Regierungskreise hemmungslos geschmiert, um Umsatz zu machen.

    Korruption gehörte bei Siemens zum System. Bislang gelten 270 Personen als Beschuldigte. Auch in Norwegen, Österreich, Italien, Russland, Türkei, Israel, Japan, um nur einige Länder zu nennen, hat die Justiz das einstige deutsche Vorzeigeunternehmen im Visier. Vorstandschef Peter Löscher, erst seit zehn Monaten im Amt, zeigt sich ob der Dimension der Schmiergeldaffäre schockiert.

    "Ganz klar hatte ich dieses Ausmaß und die Breite überhaupt nicht vor Augen, als ich meine Verantwortung übernahm. Das hat auch mich persönlich überrascht."

    So Löscher vergangenen Mittwoch. Tags zuvor hatte der Aufsichtsrat getagt. Die New Yorker Anwaltskanzlei Debevoice & Plimpton ist mit der Aufklärung des Falles beauftragt und erstattet Bericht. Ihr Urteil fällt vernichtend aus: Siemens sei ein durch und durch korruptes Unternehmen. Seit fast eineinhalb Jahren wühlen sich die Profis in Sachen Wirtschaftskriminalität durch zahllose Aktenordner, studieren Unmengen von E-Mails, reisen durch die ganze Welt, befragen Hunderte Mitarbeiter und werden fündig: In nahezu allen Geschäftsbereichen rund um den Globus habe man Belege für korruptes und gesetzwidriges Verhalten entdeckt, heißt es in ihrem Zwischenbericht.
    Die amerikanischen Anwälte stellen auch der ehemaligen Konzernführung um Heinrich von Pierer kein gutes Zeugnis aus: Bis hinein in den früheren Vorstand habe es Aktivitäten gegeben, bei denen möglicherweise Gesetze oder interne Regeln verletzt worden seien, urteilen die Ermittler. Fast alle
    fragwürdigen Zahlungen fallen in Pierers Ära als Vorstandsvorsitzenden. In dem Bericht heißt es wörtlich: Es hat

    unterschiedliche Arten und Grade von Wissen, verantwortungsbewusstem Verhalten und konkreten Handlungen oder Unterlassungen von einzelnen früheren Vorständen
    gegeben. Pierer habe mehrmals Hinweise auf Schmiergeldpraktiken bekommen und nicht so reagiert, wie er es als Vorstandschef hätte tun sollen, soll Debevoice dem Aufsichtsrat berichtet haben. So will es die "Süddeutsche Zeitung" von Sitzungsteilnehmern erfahren haben. Chefjustiziar Peter Solmssen, im Vorstand verantwortlich für Compliance, also die Einhaltung von Regeln und geltenden Gesetzen, weigert sich noch, Ross und Reiter zu nennen.

    "Wir haben darüber berichtet, dass es Hinweise auf das Mitwirken früherer Vorstände gibt. Wir haben dabei jedoch keine Namen veröffentlicht. Bei unserer grundsätzlichen Linie werden wir auch bleiben. Wenn es Hinweise auf Mitwirkung gibt, dann gehen wir den Dingen mit aller Konsequenz nach. Wir klären die individuelle Verantwortung ohne Ansehen der Person und handeln auf Basis von Fakten. Wir haben immer betont, und dabei bleibt es: Wer Schaden zu Lasten des Unternehmens verursacht hat, der muss mit Konsequenzen rechnen. Dazu gehört auch, dass wir gegebenenfalls Schadenersatzansprüche geltend machen."
    Die neue Spitze meint es ernst: Der alte Vorstand soll für die Korruptionsaffäre haften. Die Aufklärung des Skandals kommt Siemens teuer zu stehen. Schon heute summieren sich die Kosten auf gut 1,8 Milliarden Euro. Neben den Honoraren der externen Ermittler und Berater sind hohe Kartellstrafen, Bußgelder sowie Steuernachzahlungen fällig. Zumindest einen Teil des Geldes will sich Löscher vom früheren Management zurückholen. Der 20köpfige Aufsichtsrat zögert noch, entscheidet aber, Regressansprüche gegen die alte Führungsriege zu prüfen. Eine auf solche Fälle spezialisierte Düsseldorfer Anwaltskanzlei soll bereits eingeschaltet sein.
    Rein rechtlich ist der Konzern sogar verpflicht, frühere Führungskräfte, die sich schuldig gemacht haben, in Regress zu nehmen - sonst drohen Aktionärsklagen. Es stehen Prozesse bevor, die noch spektakulärer sein werden als die Verfahren um die Millionenabfindungen bei Mannesmann. Siemens hat seine Top-Manager zwar mit einer speziellen Haftpflicht abgesichert,
    doch bei kriminellem Verhalten oder grober Fahrlässigkeit zahlt die Versicherung nicht. Für manchen Ex-Vorstand könnte eine Schadenersatzklage, die in die Millionen geht, den Ruin bedeuten. Trotzdem fordert Manuel René Theisen, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität München, ein hartes Durchgreifen.

    "Wenn es ein System gegeben hat, wenn diese Systemverantwortung beim Vorstand lag und der Vorstand nicht aktiv dagegen gehandelt hat, dann liegt hier grobes Versagen vor. Das ist durch keine Versicherung gedeckt. Für den alten Vorstand und seine Mitglieder heißt es nun, endgültig die Verantwortung übernehmen. Entweder weil sie doch Bescheid wussten, aktiv sozusagen oder weil sie seit heute spätestens wissen, dass sie als Organmitglieder für dieses System haften."

    Transparency International, die Nicht-Regierungsorganisiation, die der Korruption den Kampf angesagt hat, definiert Korruption wie folgt: als

    Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil.

    Bestechung und Bestechlichkeit fallen darunter, im öffentlichen Dienst genau wie zwischen Unternehmen, auch die Geldwäsche. Die aktuellen Beispiele dieser Tage:

    Der ehemalige Chef der landeseigenen Düsseldorfer Immobiliengesellschaft LEG beschäftigt die Gerichte. Verdacht der Untreue lautet der Vorwurf. Er soll Anteile an einer Briefkastenfirma gehalten haben. An die wiederum habe ein Maklerunternehmen fingierte Vermittlungshonorare überwiesen.
    Der Makler soll der LEG, also der Arbeitgeberin des mutmaßlichen Betrügers, im Gegenzug überhöhte Rechnungen ausgestellt haben.
    Bei Audi soll ein Mitarbeiter zwischen 2002 und 2007 rund 850.000 Euro kassiert haben: Zulieferer sollen das Geld gezahlt haben, um von Audi Aufträge zu bekommen.
    Und der CDU-Bundestagsabgeordnete Ulrich Adam aus Greifswald soll Sachspenden im Wert von bis zu 110.000 Euro angenommen haben, angeblich ohne Gegenleistung. Geber war Wilhelm Schelsky, jener inhaftierte Berater und Unternehmer, der von Siemens zweistellige Millionenbeträge erhalten haben soll, um als Konkurrenz zur IG Metall die Gewerkschaft AUB aufzubauen, die Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsräte.
    Es scheint kein Zufall, auch hier wieder auf Siemens zu treffen. Die Branche, in der Siemens tätig ist, gelte als die korruptionsanfälligste, hat Peter von Blomberg beobachtet, der stellvertretende Vorsitzende von "Transparency International Deutschland":

    "Richtig ist, dass der Klassiker, wenn ich das mal so zynisch nennen darf, die Bauwirtschaft, eine relativ herausragende Stellung hat. Das hat etwas zu tun mit der Charakteristik der Bauleistung in der man halt eine ganze Menge verstecken kann. Es gibt aber viele andere Branchen, international, natürlich die Verteilung auf die Waffenbranche. Es gibt die großen Anlagenbauer, Siemens ist ein Anlagenbauer, der bedeutende Infrastrukturleistungen erbringt, für die Bahn, für die Medizin, für die technische Infrastruktur der Länder. Alles dieses sind Bereiche, wo es um ungeheure Volumina geht und wo leider immer wieder auch Nichtberechtigte mitverdienen wollen."
    Das Bundeskriminalamt beziffert im "Bundeslagebericht" den Schaden durch Wirtschaftskriminalität im Jahre 2006 auf 4,3 Milliarden Euro. Davon entfällt allerdings nicht alles auf die Straftat Korruption. Dafür ist die Dunkelziffer bei diesem Delikt hoch. Schätzungen liegen bei 95 Prozent, wobei die Basis unklar ist. Denn Korruption ist oft sehr schwer feststellbar. Oft weiß das Opfer - anders als bei einem Raub - gar nicht, dass es geschädigt worden ist.
    Korruption galt auch lange als unvermeidlich, wurde sogar vom politischen Führungspersonal in Deutschland akzeptiert. Bestechungsgelder im Ausland konnten von der Steuer abgesetzt werden, und noch 1998 habe ein Staatssekretär Korruption als

    unverzichtbaren Motor des Exports

    bezeichnet, erzählte einmal Deutschlands lange Zeit bekanntester Korruptionsbekämpfer, der frühere Frankfurter Staatsanwalt Wolfgang Schaupensteiner.
    Der Staatssekretär irrt. Transparency International hat die 30 größten Industrieländer darauf hin untersucht, wie empfänglich ihre führenden Unternehmen für Korruption sind: Platz 1 war das Land mit dem größten Widerstand gegen Korruption, Rang 30 war der schlechteste Platz. Deutschland kam auf den recht guten Rang sieben. Peter von Blomberg:

    "Das heißt also der Exportweltmeister Deutschland muss nicht gleichzeitig der Bestechungsweltmeister sein um seine gute Position im Welthandel zu erreichen."
    Der ehemalige Staatsanwalt Schaupensteiner hat den Staatsdienst inzwischen quittiert. Er sorgt nun bei der Deutschen Bahn AG für saubere Standards im Geschäftsgebaren. Schaupensteiner sieht den Kampf gegen die Korruption als Sache der politischen Führung an, weil die Chefetagen in die Delikte, zumindest die schweren, führend verwoben seien. Die Aussage, man habe nichts gewusst, lässt er nicht gelten:

    "Das ist eine Frage, die ich zumindest für die Fälle mit einem klaren Nein beantworten muss, wo es sich nicht nur um lässliche Einzelfälle der Korruption handelt, wenn also zum Beispiel Mitarbeiter wenige hundert Euro oder auch mal 1000 Euro bezahlen, um einen Auftrag an Land zu ziehen, also aus dem Unternehmen heraus bestechen, um einen Auftrag zu bekommen. Das sind so Beträge, die kann man aus der vielzitierten Portokasse bezahlen, da brauch ich auch nicht die Zustimmung meines Vorgesetzten oder gar des Vorstandes oder der Geschäftsführung. Aber wenn es um Fälle geht, in denen wir viele Jahre hinweg, zum Teil auch über Jahrzehnte hinweg, in vielen Geschäftsbereichen unter Beteiligung von vielen, vielen Mitarbeitern, bei denen Millionen bezahlt werden und diese Millionen in zweiten Buchhaltungskreisläufen angelegt sind, in schwarzen Kassen angelegt sind, übers Ausland gehen, über Stiftungen laufen, dann ist es sehr schwer vorstellbar, um es mal so diplomatisch zu formulieren, dass die Geschäftsführung, also die Obere Heeresleitung, hiervon keine Kenntnis haben so."
    Um Korruption zu betreiben, muss man Einfluss haben, entscheiden können, an Schaltstellen sitzen. Solcherart Delikte nehmen einen immer größeren Umfang an. Schaupensteiner hat zusammen mit der Gießener Kriminologin Britta Bannenberg ein Buch über "Korruption in Deutschland" geschrieben. Es liegt seit vorigem Jahr in dritter Auflage vor. Und im Untertitel steht immer noch: "Porträt einer Wachstumsbranche". Doch Professor Bannenberg beobachtet einen Bewusstseinswandel, und der habe einen Ausgangspunkt:

    "Ganz eindeutig Siemens. Ohne den Fall Siemens hätten die meisten Unternehmen dieses Bewusstsein heute nicht.
    Nicht jeder ist ernsthaft bei der Sache. In der Wissenschaft merke ich es durch viele Anfragen, die von Unternehmen kommen, wo ich nicht den Eindruck habe, man wolle sich mal zum Wein treffen, es ist nicht nur populistische Themensuche. Sondern ich habe durchaus den Eindruck, dass viele Unternehmen merken, wenn Vorstände wechseln, wenn Generationen sich ablösen, dass doch in der vorherigen Zeit vieles getan worden ist, was man heute nicht mehr möchte. Und dann ist natürlich eine große Unsicherheit da: Was ist zu tun, wie muss man gegen Korruption vorgehen, wie viel kann man intern durch organisatorische Maßnahmen aufdecken? Das sind schon Fragen, die die Unternehmen bewegen."
    Der Druck dazu kam auch vom deutschen Gesetzgeber, vom Antikorruptionsgesetz. Aber solche scharfen Instrumente wie amerikanische Gesetze sie etwa der Börsenaufsicht SEC gegeben haben, kennt das deutsche Recht nicht. Hier können Unternehmen nur mit einer vergleichsweise milden Buße, mit einer Ordnungswidrigkeit belegt werden. Ein Unternehmensstrafrecht, das den Täter mit Strafen in Milliardenhöhe belegen, ihn von öffentlichen Aufträgen ausschließen könnte, das fehle in Deutschland, sagt die Gießener Kriminologin Britta Bannenberg:

    "Es gibt bei der Gesetzgebung Nachholbedarf beim Unternehmensstrafrecht. Man ist ja dabei, ob man den § 299 StGB, also Angestelltenbestechung, nochmals verschärft. Was ich da vermisse, ist die wissenschaftliche Debatte oder auch die Debatte des Gesetzgebers mit Experten."
    Auf dem alten Siemens Management lastet der Verdacht schwer, die Schmiergeldpraktiken zumindest gekannt und geduldet, vielleicht sogar bewusst weggeschaut zu haben. Ex-Finanzvorstand Hans-Joachim Neubürger und Ex-Vorstand Uriel Sharef, einst für die Kraftwerkssparte zuständig, werden von der Münchner Staatsanwaltschaft als Beschuldigte geführt. Das frühere Vorstandsmitglied Thomas Ganswindt, das die Com-Sparte verantwortete, hat vorübergehend in Untersuchungshaft gesessen. Heinrich von Pierer zählt bisher nicht zum Kreis der Beschuldigten.
    In der kommenden Woche entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob sie gegen "Mr. Siemens" strafrechtliche Ermittlungen einleiten wird. Pierer soll in den 90er Jahren Angestellte zu Schmiergeldzahlungen aufgefordert haben. Ein Milliarden-Auftrag mit der argentinischen Regierung drohte sonst wohl zu platzen. Ein hochrangiger Siemens-Manager soll übereinstimmenden Medienberichten nach ausgesagt haben: er und ein Kollege hätten den ehemaligen Vorstandschef auf fragwürdige Provisionszahlungen angesprochen. Pierer habe ihnen gesagt, sie sollten sich wie

    Soldaten von Siemens
    verhalten, die einen Auftrag ausführten. Über seinen Anwalt weist der 67-Jährige diese Aussage als unwahr zurück. Auch in einem Gespräch mit der Staatsanwaltschaft bestreitet er sie. Es steht Aussage gegen Aussage. Laut "Süddeutsche Zeitung" sollen inzwischen zwei weitere Zeugen Pierer schwer
    belasten.
    Sein persönliches Büro in der Konzernzentrale muss er räumen. Betretenes Schweigen bei Peter Löscher, als Journalisten vergangenen Mittwoch nach der Verantwortung von Heinrich von Pierer fragten.
    Solidarität mit der alten Führungsriege kann sich die neue nicht mehr leisten. Ihr sitzt die mächtige US-Börsenaufsicht SEC im Nacken. Seit 2001 ist Siemens an der New Yorker Börse notiert. Nirgendwo sind die Aufseher schärfer, die Anti-Korruptions-Regeln strenger. Weitere Strafzahlungen in Milliardenhöhe schweben wie ein Damokles-Schwert über dem Unternehmen. Und das Justizministerium in Washington droht damit, Siemens von öffentlichen Aufträgen in den USA auszuschließen. Andere Staaten würden dem wohl folgen.
    Die Siemens-Spitze muss der Börsenaufsicht SEC beweisen, dass unbedingter Aufklärungswille vorhanden ist. Denn nur ein hartes Durchgreifen kann die strenge US-Behörde milde stimmen.